Eingebrannt ins Gedächtnis

Hanau ‐ Der 19. März 1945 ist ein Datum, das sich für ewig in das Gedächtnis der Hanauer eingebrannt hat. Die schreckliche Bombennacht, die Zerstörung der Stadt, bei der über 2000 Menschen starben, ist unvergessen. Besonders bei denen, die jene 20 Minuten, als Hanau in Schutt und Asche fiel, selbst erlebt haben. Von Matthias Grünewald
Sieben Frauen, die die Kriegswirren mitmachen mussten, hatte das städtische Frauenbüro gemeinsam mit dem Hanauer Geschichtsverein am Sonntag zu einem Zeitzeugengespräch ins Neustädter Rathaus eingeladen. In bewegenden Worten erzählten die Frauen im voll besetzten Stadtverordnetensitzungssaal von der Zeit der Zerstörung und dem Wiederaufbau nach Kriegsende. Es waren erschütternde Erlebnisse, die die Momente von Tod und Zerstörung gegenwärtig machten.
Dazu ein Projekt des Geschichtsvereins:
Die 93-jährige Tilla Keller berichtet vom Tod ihres Mannes. Wie sie suchend durch die Straßen läuft in der Hoffung, den Geliebten wieder zu finden. Vergeblich. Alles was blieb, ist ein Portmonnaie voller Staub und Dreck, das ihr ein Finder überreichte. Sie hat es aufbewahrt, in einer Plastiktüte - bis heute.
Was muss es für ein Gefühl sein, als zehnjähriges Mädchen in den Lauf einer Pistole zu blicken? Käthe Klösters hat erlebt, wie SA und Polizei den Vater, einen aktiven Kommunisten, verhaften und ins Konzentrationslager bringen. Das Andenken an den Vater hielt sie wach, indem sie ihm nachfolgte. Als Mitglied der KPD kämpfte sie für „Nie wieder Krieg - nie wieder Faschismus“.
Es sind Geschichten voller Angst und Leid, die die Frauen vor rund 120 Zuhörern erzählten. Vom brennenden Hanau, von einem Himmel, der wie ein Christbaum leuchtete und von einer Erde, die vom Einschlag der Bomben erzitterte. Vom Leben auf einem Matrazenlager im Keller und vom brennenden Asphalt. „Ich hätte nie geglaubt, dass man eine Stadt in 20 Minuten so zerstören kann“, sagt Gerlind-Helga Kießling.
„So etwas darf nie wieder passieren“, „Frieden fällt uns nicht in den Schoss“ und „Krieg bringt überhaupt nichts“, sind die Erkenntnisse, die bei der Veranstaltung geäußert wurden. Erschütternd und nachdenklich stimmend sind diese Mahnungen für die nachfolgenden Generationen.
Die Gespräche, die von der Journalistin Jutta Degen-Peters einfühlsam moderiert wurden, bleiben der Nachwelt erhalten. Aufgezeichnet auf Video sollen die Erlebnisse dieser und anderer Hanauer Zeitzeugen dokumentiert werden (siehe nebenstehender Artikel).
Parallel zum Zeitzeugengespräch ging die Ausstellung im Foyer des Neustädter Rathauses zu Ende, die die Zerstörung Hanaus dokumentiert. Sie ist nun noch bis 30. März in den Räumen des Medienzentrums im Technischen Rathaus am Hessen-Homburg-Platz zu sehen.