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Forscher arbeiten an Mülltrennung

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Von: Sebastian Schilling

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Die Sortieranlage in Alzenau kann in Sekundenbruchteilen erfassen, was auf dem Laufband transportiert wird und die gewünschten Materialien aussortieren. Für die Probeläufe nehmen die Wissenschaftler Legosteine.   J Fotos: Fraunhofer IWKS
Die Sortieranlage in Alzenau kann in Sekundenbruchteilen erfassen, was auf dem Laufband transportiert wird und die gewünschten Materialien aussortieren. Für die Probeläufe nehmen die Wissenschaftler Legosteine. © Fraunhofer IWKS

Hanau/Alzenau - Wertvolle Rohstoffe, die man zum Beispiel zur Herstellung von Handys braucht, werden knapper. Von Sebastian Schilling

Zwei Projektgruppen des Frauenhofer Instituts in Hanau und Alzenau befassen sich mit der Frage, wie man Müll effektiver trennen und so wertvolle Metalle zurückgewinnen kann. Der blaue Metallcontainer erbebt und beginnt auf und ab zu ruckeln. Viel schneller als man es einem so schwer aussehenden Metallkasten zutrauen würde. Erstaunlich, dass der Rest der Sortieranlage ruhig bleibt, trotz der starken Kräfte, die hier wirken. Bei dem Container handelt es sich um eine Mehrdeck-Siebmaschine. Ihre Aufgabe ist es, Müll, der über ein Förderband kommt, zu sieben und gleichmäßig auf einem Laufband zu verteilen.

Ein Wissenschaftler am Schaltschrank der Sortieranlage. Auch die Programmierung der Software ist komplex.
Ein Wissenschaftler am Schaltschrank der Sortieranlage. Auch die Programmierung der Software ist komplex. © Fraunhofer IWKS

Heute werden Legosteine gesiebt. Wladislaw Brenner hat sie zuvor in den Müllbunker geschüttet von wo sie mit einem Förderband ein Stockwerk höher transportiert werden und dort in die Siebmaschine fallen. Joachim Knierim hat die Anlage so programmiert, dass sie dunkelgrüne Legosteine in einen Behälter sortiert, rote, gelbe, blaue und hellgrüne in einen anderen. Sensoren erfassen, was auf dem Laufband liegt. In einem Bogen fliegen die Steine vom Laufband in den Auffangcontainer. Die dunkelgrünen werden mit Luftstößen in den anderen Behälter geschossen. Es geht so schnell, dass man mit bloßem Auge kaum folgen kann. „Hier sind 360 Luftdüsen installiert“, erklärt Knierim, Elektroingenieur in der Fraunhofer-Projektgruppe für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS.

Mit der Müllsortiermaschine versuchen die Forscher im Auftrag von Recyclingfirmen die Mülltrennprozesse zu verbessern. „Wir haben hier im Forschungsbetrieb die Möglichkeit, ausgiebig zu testen,“ sagt Carsten Gellermann, Leiter des Geschäftsbereichs Sekundärwertstoffe. Im laufenden Betrieb einer Recyclinganlage sei das nicht möglich.

Für Hightech-Firmen wie Evonik und Heraeus wird es immer wichtiger, Rohstoffe wie Metalle und seltene Erden durch Recycling wiederzugewinnen. Besonders, da viele in der Hochtechnologie benötigte Rohstoffe aus Ländern kommen, in denen die politische Lage unsicher und die Arbeitsbedingungen in den Minen schlecht sind. „Rohstoffe sind endlich“, sagt Wladislaw Brenner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IWKS. Auch deswegen sei es wichtig, sie durch Recycling wiederzugewinnen.

Zum Beispiel aus alten Handys. Die bestehen aus viel Plastik, beinhalten jedoch auch Kupfer, Stahl oder Aluminium, aber auch Gold, Silber und seltene Erden wie Neodym. Mit der Elektrohydraulischen Zerkleinerung lassen sich die Bestandteile voneinander lösen. Dazu gibt man das Handy in ein mit Wasser gefülltes, verschließbares Gefäß. Über eine elektrische Entladung werden dann Schockwellen erzeugt, die das Handy in seine Einzelteile sprengen. Und die können wiederum durch das mit den Legosteinen vorgeführte Sortierverfahren getrennt gesammelt werden.

Seit 2011 hat das IWKS Standorte in Hanau und Alzenau, an denen insgesamt 90 Mitarbeiter tätig sind. „Wir sind hierher gekommen, weil Evonik und Heraeus danach gefragt haben“, sagt Jennifer Oborny, Pressesprecherin der Projektgruppe. Angeschlossen sind die beiden Standorte an das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg. 30 Prozent des Etats kommen von den Ländern Hessen und Bayern. Die restlichen 70 Prozent muss das IWKS selbst aufbringen. Geld verdienen die Forscher mit solchen Dienstleistungen wie der Optimierung der Müllsortierung und -verwertung. Das breite Spektrum an mechanischen und chemischen Aufbereitungstechnologien wird dabei nach den Anforderungen der Kunden angepasst oder weiterentwickelt.

Dazu betreibt das IWKS auch ein Labor, in dem im Kundenauftrag Materialien analysiert werden. Zusätzlich verfügt das IWKS über zwei Elektronenmikroskope. Neben all den chemischen und mechanischen Verfahren spielt aber auch das Digitale eine wichtige Rolle. „An der Software ändert sich mehr als an der Mechanik“, sagt Knierim. Deswegen hat die Optimierung von Sortiervorgängen auch viel mit der richtigen Programmierung der Anlagen zu tun.

Doch ausgefeilte Trenn- und Sortiermethoden sind nur das letzte Glied in der Recyclingkette, die bei der richtigen Mülltrennung anfängt. Je besser der Müll getrennt wurde, um so effektiver können auch moderne Anlagen wie die in Alzenau arbeiten. „Jeder Teilschritt ist wichtig“, sagt Knierim. „Nur wenn alles zusammenkommt, kommt am Ende etwas Gutes raus.“

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