Für Ritter Sport wird’s ab sofort ruhiger

Hanau – Am 30. September sagt Thomas Ritter „Tschüss“. Ritter Sport – so wird er augenzwinkernd genannt – geht in den Ruhestand. 17 Jahre war er Leiter der Fachstelle Sport. 49 Jahre insgesamt bei der Stadt Hanau. Er ist damit der dienstälteste Beschäftigte. In wenigen Tagen feiert Ritter seinen 65. Geburtstag.
Als waschechter Hanauer der überwiegend in der Innenstadt wohnte, hat er die Kaufmännische Schule besucht und die Ausbildung bei der Stadt begonnen. 1972 war das. Seitdem hat er bei und in der Stadt viel bewegt.
Ritter schlug die Beamtenlaufbahn ein. „Ich hatte immer spannende, abwechslungsreiche Aufgaben. Da hatte ich ein Riesenglück“, blickt er zurück. Im Ordnungsamt führte ihn seine Laufbahn nach neun Jahren im Allgemeinen Ordnungsrecht/Gewerbewesen zum Sachgebiet Umwelt- und Naturschutz, das er mit aufgebaut und 13 Jahre geleitet hat. Aus dieser Zeit stammt auch die Idee zur Wassertreppe im Lamboy. „Ich wusste, dass es dort ein Pumpwasserwerk der Amerikaner gab. Dieses Wissen habe ich entsprechend platziert. Heute freue ich mich jedes Mal, wenn ich dort vorbei gehe.“
„Sport hat auch eine ganz große soziale Komponente“
Es folgten viereinhalb Jahre im Bereich Wahlen und Statistik bevor Ritter 2005 die Fachstelle Sport übernahm. Sein wohl wichtigstes Projekt in dieser Zeit: der erste Sportentwicklungsplan und jetzt seine Fortschreibung. „Eine Errungenschaft von allen, mit Einbindung von Schulen, Vereinen, Sportwissenschaftlern, politischen Entscheidungsträgern. Und so vielseitig gedacht und von vielen umgesetzt.“
Sport, sagt Ritter, das sei nicht nur Leistung und Punkte. „Sport hat auch eine ganz große soziale Komponente. Für Senioren ist er ein Teil der sozialen Hygiene, Kindern hilft er bei der Persönlichkeitsentwicklung. Und allen gibt er ein Gemeinschaftsgefühl und stärkt den Zusammenhalt.“
Ritter hat auch den Bewegungsparcours im Schlossgarten initiiert – mittlerweile dient dieser deutschlandweit als Modellprojekt. Ritter ist zudem der 60 Kilometer lange Grüne Ring rund um die Brüder-Grimm-Stadt mit zu verdanken, ein Projekt, das die Fachstelle Sport gemeinsam mit dem Umweltzentrum realisiert hat. Generell hat Ritter stets auf eine gute Vernetzung mit den anderen Fachbereichen geachtet.
Als besonders freudiges Ereignis ist ihm die Mini-WM auf dem Marktplatz in Erinnerung, die er 2006, parallel zur Fußballweltmeisterschaft in Deutschland, stattfinden ließ. „Aus dem Fußballkreis Hanau schlüpften E- und F-Jugendspieler in die Trikots der Nationalteams und kickten den Spielplan der Großen auf einem Streetsoccerfeld mitten in der Innenstadt nach. Ein Riesenspektakel.“
Zu Ritters Aufgabengebieten gehörte auch die Belegung und Ausstattung von Hanaus Sportstätten, die Sportförderung, der Kontakt zu den Vereinen, Hilfestellung und sportfachliche Unterstützung bei Projekten und Planungen und er war für den Betrieb der August-Schärttner-Halle verantwortlich. „Ich habe hier Deutsche- und Europameisterschaften erlebt, Länderspiele, Konzerte, Flüchtlingsunterbringung und jetzt ein Impfzentrum.“
„Hoffentlich wird es nicht zu ruhig“
Ritter ist ein Mann der Tat, der freilich auch in seiner Freizeit sportlich aktiv ist. Mit seiner Tochter teilt er eine große Leidenschaft: das Badmintonspielen. „Früher war ich Handballer“, erzählt er. In Klein-Auheim ist er als Kind und Jugendlicher mit dem kleinen Lederball auf Torejagd gegangen. Vor 25 Jahren dann, die Handballschuhe hatte er damals schon an den Nagel gehängt, zog es ihn zum Badminton. „Es ist wie eine Droge“, schwärmt Ritter. „Tempo, Rhythmus, Variabilität, Gefühl und Strategie. Das gefällt mir.“ Ritter hat immer noch die Trainerlizenz, war früher im Leistungssport tätig, als die erste Mannschaft der Turngemeinde Hanau noch Bundesliga gespielt hat. „Ich bin ein Spieler. Ich habe keine Freude daran mit Gewalt und möglichst schnell einen Punkt zu machen, sondern möchte das Spiel aufbauen.“ Ab Oktober hat Ritter viel Zeit dafür.
Von 100 auf Null. Wird das schwer? „Ich denke, es wird ruhiger werden. Hoffentlich nicht zu ruhig“, sagt er. Erst einmal will er sich von der hektischen Zeit der vergangenen Monate erholen. „Das war schon heftig. Und das genaue Gegenteil eines entspannten Berufsendes.“ Sortieren wolle er sich, vielleicht schon beim Urlaub in Südtirol, mit dem er gemeinsam mit der Familie in den Ruhestand startet.
Doch auf die faule Haut will sich Ritter ohnehin nicht legen. „Es gibt Angebote und davon ein, zwei Sachen, die ich angehen möchte.“ Eines, bei dem er sich ehrenamtlich engagieren möchte, ist das Projekt Demokratie Leben. Er müsse auf jeden Fall etwas tun, das sei einfach seine Mentalität. Sicher ist er sich, dass er den vielfältigen Kontakt mit Menschen vermissen wird. Mit Vereinsvertretern, Mitarbeitern und Kollegen. „Aber es eröffnen sich auch neue Wege und Kontakte.“
Über seinen Nachfolger, Andreas Jäger, sagt Ritter: „Er passt vom Typ genau für diese Aufgabe. Ich wünsche ihm die gleiche Freude an der Arbeit, wie ich sie hatte.“ Und, dass die Leute mit Jäger genauso umgehen, wie mit ihm. „Dazu eine glückliche Hand bei der Initiierung von Projekten und der Umsetzung des Sportentwicklungsplans.“ (Von Kerstin Biehl)