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Furioser Auftakt mit Orchestral Manoeuvres in the Dark

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Von: Thorsten Becker

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Große Gesten, große Musik: Andy McCluskey und Paul Humphreys (rechts), die Gründer von Orchestral Manoeuvres in the Dark, begeistern die Fans in Hanau mit ihrer Kreativität aus über 40 Jahren Bandgeschichte.
Große Gesten, große Musik: Andy McCluskey und Paul Humphreys (rechts), die Gründer von Orchestral Manoeuvres in the Dark, begeistern die Fans in Hanau mit ihrer Kreativität aus über 40 Jahren Bandgeschichte. © Patrick Scheiber

Seit über 40 Jahren stehen Orchestral Manoeuvres in the Dark auf den Bühnen. Diesmal in Hanau, wo die Macher von „Maid of Orleans“ und anderer Ohrwürmer den Konzertsommer im Amphitheater eröffnet haben.

Hanau – Die Nachricht aus dem „Kramladen“ von HR3-Legende Volker Rebell entzückt. Nach der letzten Unterrichtsstunde geht es sofort mit dem Rad über den Johanneskirchplatz zu „music arts“ an der Hospitalstraße. Die Scheibe ist aus Vinyl und wird mit vielen D-Mark bezahlt. Doch das neueste Album von Orchestral Manoeuvres in the Dark (OMD) in den Händen zu halten, das fühlt sich – Mitte der 80er Jahre – großartig an. Vinyl ist heute Nostalgie, gezahlt wird in Euro und den als Taschengeldgrab bekannten Hanauer Plattenladen gibt es schon lange nicht mehr.

Hanauer Amphitheater: OMD braucht keine Aufwärmphase

Aber die beiden, die als 16- und 17-Jährige ihre ersten Töne und Texte von sich geben, die sind quicklebendig: Andy McCluskey (63) und der ein Jahr jüngere Paul Humphreys. OMD spielt zum Auftakt des Konzertsommers im Amphitheater.

Eine Aufwärmphase ist völlig unnötig, denn McCluskey hüpft in seinem ihm eigenen Stil wie ein 25-Jähriger über die Bühne. Die Stimmung in dem sehr gut gefüllten Halbrund könnte besser nicht sein. Die Avantgardisten des Synth Pop und New Wave ziehen mit ihren sphärischen Klängen, einer perfekten Lichtershow und oft sehr prägnanten Texten das 40-plus-Publikum in ihren Bann. Jeder kennt die Texte, vor allem die harsche Kritik am Atombomben-Wettrüsten („Enola Gay“). Dazu kommen Hits wie „Souvenir“ und das bombastische Werk „Maid of Orleans/The Waltz Joan of Arc“, das immer noch Fragen offenlässt. Warum huldigt ausgerechnet eine englische Band der französischen Nationalheldin Jeanne d’Arc? Vielleicht aus einem kollektiven schlechten Gewissen, denn die Frau wurde auf Geheiß der Engländer 1431 in Rouen auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.

Das Repertoire von OMD ist so groß, dass es im Amphitheater verschiedene Präferenzen gibt. Die Begleiterin seufzt bei den ersten Klängen des nächsten Songs versonnen: „Das ist mein Lieblingslied.“ Und schon öffnet McCluskey „Pandora’s Box“, eine grandiose Hommage an die Stummfilmzeit und ein Stück über den Niedergang eines der ersten Film-Sternchen der Welt, die an ihrem Ruhm zerbrochen ist.

OMD setzt in Hanau zwei fulminante Schlusspunkte

Die Männer mit den Ohrwürmern aus den 80ern gönnen sich und ihrem Publikum keine Pause. „Seid ihr müde?“, fordert der Frontmann seine Fans heraus. Es ist lange noch nicht Schluss. Und als über dem Mainufer der letzte rote Streifen am Himmel verschwindet, die ersten Sterne leuchten, da setzt OMD passend dazu die Schlusspunkte.

Jetzt seufzt der Chronist selbst, denn früher am Abend hätte der vor allem in Deutschland populär gewordene Hit „Walking on the Milky Way“ nicht beginnen dürfen. McCluskey zelebriert gestenreich den hintergründigen Text über das Älterwerden, in dem es heißt: „Ich glaube nicht an Wunder, ich glaube nicht an die Wahrheit, ich glaube nicht, dass irgendetwas deine Jugend wiederherstellen kann.“

Doch die letzte Strophe ändert der Leadsänger an diesem Abend ab: „Ich glaube schon, dass heute in Hanau die Jugend wiederkommt.“ Stimmt. Es ist die Macht der Erinnerungen. Doch OMD wäre nicht die Band geworden, die aus Synthesizer-Experimenten Welthits geschaffen hat, wenn sie keine Abwechslung bieten würde. So ist „Electricity“, der rasanteste Song, das Finale des Abends. Die Erinnerung daran, dass OMD die deutsche Kultband „Kraftwerk“ als ihr Vorbild ansieht. Und inhaltlich? Das 1980 veröffentlichte Lied prangert die Stromverschwendung an und weist auf die Solarenergie hin. 42 Jahre später ist das aktueller denn je. (Von Thorsten Becker)

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