1. Startseite
  2. Region
  3. Hanau

Ukrainische Familie Omar hat mit vier Kindern in Hanauer Hotel Zuflucht gefunden

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Yvonne Backhaus-Arnold

Kommentare

Hauptsache gesund und zusammen: Kateryna und Ghaleb Omar sind mit ihren vier Kindern aus der Ukraine geflüchtet und am Samstag im Hotel Villa Stokkum in Hanau angekommen.
Hauptsache gesund und zusammen: Kateryna und Ghaleb Omar sind mit ihren vier Kindern aus der Ukraine geflüchtet und am Samstag im Hotel Villa Stokkum in Hanau angekommen. © Patrick Scheiber

Kateryna und Ghaleb Omar sind mit ihren vier Kindern aus der Ukraine geflüchtet und im Hotel Villa Stokkum in Hanau angekommen.

Steinheim – Was er sich wünscht? „Peace“, sagt Ghaleb Omar. Frieden. Dann schüttelt er den Kopf, dreht die blauen Pässe seiner Heimat Ukraine in der Hand, kämpft gegen die Tränen. Samstag ist Ghaleb Omar im Hotel Villa Stokkum in Steinheim angekommen, mit seiner Frau, dem neun Jahre alten David, der vierjährigen Myroslava und den sieben Monate alten Zwillingen.

Einen großen Koffer haben sie dabei und ein paar Rucksäcke. Wir treffen die Familie im Bar-Bereich des Hotels. Mit dabei sind Hoteldirektor Achim Hunzinger, die stellvertretende Empfangsleiterin Olga Bechmann, die selbst aus der Ukraine kommt und seit elf Jahren in Deutschland lebt, und Sven Holzschuh. Der Hanauer koordiniert gemeinsam mit Uwe Niemeyer und Alessandra Zeidler die Ukraine-Hilfe der Stadt – „in sehr enger Abstimmung mit dem Main-Kinzig-Kreis“, wie er erklärt.

Spielen auf Papas Handy und dazu ein Lolli: der neunjährige David und seine Schwester Myroslava (4).
Spielen auf Papas Handy und dazu ein Lolli: der neunjährige David und seine Schwester Myroslava (4). © -

Als Sportsfield, wo in der kommunalen Sammelunterkunft für auch Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht sind, „voll“ meldete, griff das Angebot der Villa Stokkum. Hier hatte man sich bereit erklärt, zum Selbstkostenpreis Zimmer für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Leistungsträger ist die Ausländerbehörde des Kreises, die die Kosten an Land oder Bund weitergeben wird. Seit Samstag sind mehr als 50 Menschen aus der Ukraine in das Hotel eingezogen.

Geflüchtete Familie aus der Ukraine: Mittagessen vom Hotelbüfett

In hessischen Beherbergungsbetrieben stehen bislang Zimmer für über 3000 Geflüchtete zur Verfügung, teilte der Hotel- und Gastronomieverband Dehoga gestern mit. Hoteldirektor Achim Hunzinger macht alles möglich, was in seiner Macht steht. Ein Spielezimmer haben sie eingerichtet, Lego und Bücher zusammengesammelt. Er hat ehemalige Mitarbeiter als Ehrenamtler gewinnen können. „Der Hotelbetrieb läuft weiter, das ist schon eine Herausforderung“, sagt Hunzinger. Während wir sprechen, gibt es Mittagessen für die Tagungsgäste zweier großer Hanauer Firmen. Eine Stunde später essen die Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder. „Natürlich vom Büfett“, so der Hoteldirektor. Er wolle hier keine Zwei-Klassen-Gesellschaft.

Ghaleb Omar musste nicht in den Krieg. Wer mehr als drei Kinder hat, darf bei seiner Familie bleiben. Omar ist in Syrien geboren, zum Studieren Ende der 1990er in die Ukraine gezogen. Bis 2014 haben er und seine Frau Kateryna in Donezk gelebt. Omar hat im pharmazeutischen Bereich gearbeitet, seine Frau war daheim beim ersten Kind. Dann kam der Krieg. Bomben fielen in ihrer Straße. Sie flüchteten, lebten sogar ein Jahr in Russland, dann im ukrainischen Cherkasy, 150 Kilometer entfernt von Kiew, zuletzt in Lemberg. Geflüchtet seien sie aus Angst, das Land in ein paar Wochen nicht mehr verlassen zu können“, sagt die 35-jährige Kateryna, das Baby auf dem Arm. „Wir haben nur an die Kinder gedacht.“

Geflüchtete Familie aus der Ukraine: Hab und Gut zurückgelassen

Von Lemberg aus sind sie geflüchtet. Haben ihre Mietwohnung mit allem Hab und Gut zurückgelassen. Freunde haben sie zur Grenze gebracht, dann ging es weiter zu Fuß und mit dem Bus in ein Flüchtlingscamp und weiter nach Dresden. Von dort fuhren sie mit dem Zug nach Hanau. Omars Bruder lebt mit seiner Familie hier, hat Hilfe über die Stadt organisiert. „Zu ihm können wir nicht. Die Wohnung ist zu klein“, sagt der Familienvater.

86 Wohnungsangebote von Privatpersonen sind laut Holzschuh mittlerweile bei der Stadt eingegangen. Jede Wohnung wird besichtigt und mit Möbeln ausgestattet. Auch Familie Omar soll so schnell wie möglich raus aus dem Hotel in privaten Wohnraum. „Aber es braucht alles seine Zeit“, weiß Holzschuh.

Versuchen zu helfen, wo es geht: Olga Bechmann und Achim Munzinger von der Villa Stokkum.
Versuchen zu helfen, wo es geht: Olga Bechmann und Achim Munzinger von der Villa Stokkum. © -

Geflüchtete Familie aus der Ukraine: „Wir sind glücklich“

Abseits der Öffentlichkeit weist das Land Hessen der Stadt Woche um Woche Flüchtlinge auch aus Syrien zu. Auf Sportsfield sei mittlerweile alles belegt. Die Ukraine-Hilfe fordert reichlich Koordination von Kreis und Stadt. Holzschuh und seine Kollegen bearbeiten die Telefon-Hotline. Manche Anrufe kommen spät am Abend. Meist von der polnischen Grenze. Die Menschen haben Verwandtschaft in der Nähe, fragen nach Schlafplätzen.

Kateryna und Ghaleb Omar sind dankbar für die Hilfe. Die Familie lebt in zwei nebeneinander liegenden Doppelzimmern. Sie sind viel draußen. Spazieren. Oder auf dem Spielplatz. „Wir sind glücklich“, sagt die 35-Jährige, auch wenn David die Schule und Myroslava ihre Freunde vermisst.

Geflüchtete Familie aus der Ukraine: Hotel bietet weiterhin Hilfe an

Die Hilfsbereitschaft ist groß. Nachbarn der Villa Stokkum haben Hilfe angeboten. Hoteldirektor Hunzinger hat eine E-Mail-Adresse eingerichtet. Wer die Familien zum Beispiel bei der Busfahrt zur DRK-Kleiderausgabe begleiten möchte, meldet sich unter ukraine@villastokkum.bestwestern.de.

Hotel-Mitarbeiterin Olga Bechmann hat Vater und Bruder in der Ukraine. Sie sorgt sich, geht aber in der Hilfe vor Ort auf. Zwei Freundinnen aus Kiew sind mit ihren Kindern von Polen aus auf dem Weg nach Steinheim. „Der Krieg“, sagt Ghaleb Omar, „wird nicht aufhören“. Dann steckt er die blauen Pässe in die schwarze Tasche und schaut seine Frau an. (Von Yvonne Backhaus-Arnold)

In Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis sind bereits zahlreiche Hilfsprogramme von Stadt, Kreis und Privatpersonen für Geflüchtete aus der Ukraine im Gange.

Auch interessant

Kommentare