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Scharfe Kritik an Film über Terror-Nacht in Hanau – Regisseur verteidigt sich

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Von: Teresa Toth, Theresa Ricke, Erik Scharf

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Bei einer Demonstration zum Gedenken an die Opfer des rechtsextremistischen Anschlags am 19.2.2020 in Hanau hält eine Frau ein Transparent.
Erst ein Jahr ist es her, als mehrere junge Menschen bei dem rassistisch motivierten Attentat in Hanau getötet werden. © Christophe Gateau/dpa

Regisseur Uwe Boll hat den rassistischen Anschlag in Hanau verfilmt. Die Stadt sowie die Angehörigen der Opfer drohen mit einer Anzeige.

Update vom Samstag, 13.03.2021, 19.55 Uhr: Ein Filmprojekt von Regisseur Uwe Boll über das rassistische Attentat in Hanau sorgt für Bestürzung und Entsetzen bei den Familien der Opfer. Obwohl die Stadt Hanau und die Opferfamilien den Regisseur in einem offenen Brief aufforderten*, die Vorbereitungen sofort einzustellen und mit einer Anzeige drohten, veröffentlichte Boll auf Facebook Namen für die Besetzung des Films – darunter auch den Name eines OB-Kandidaten für Hanau.

Neben Radost Bokel, die unter anderem für ihre Rolle als „Momo“ bekannt ist, soll demnach auch Sven Zinserling, Schauspieler und kandidierender Oberbürgermeister, bei dem Film mitwirken. In weiteren Beiträgen auf Facebook weist Boll die Vorwürfe der Opfer-Familien und der Stadt zurück: „Die Behauptung der Stadt Hanau, dass ich vor meinen Dreharbeiten keinen Kontakt zu den Angehörigen der Opfer aufgenommen hatte, ist falsch.“, so Boll.

Er habe mit der Bildungsinitiative Ferhat Unvar Kontakt aufgenommen, von dort aber signalisiert bekommen, dass man von dem Projekt Abstand nehme. Daraufhin habe er aus „Pietätsgründen nicht weiterbohren oder [sich] aufdrängen“ wollen. In dem offenen Brief an Uwe Boll schreiben die Opfer-Familien aber, erst aus der Presse von dem umstrittenen Filmprojekt erfahren zu haben.

Regisseur dreht Film über Terror-Nacht in Hanau – Stadt droht mit Anzeige

+++ 18.48 Uhr: Die Stadt Hanau hat mit einem offenen Brief auf die Ankündigung reagiert, das der umstrittene Regisseur Uwe Boll einen Film über den rassistischen Anschlag in Hanau gedreht hat. In dem Brief wenden sich die Familien der Opfer, der Magistrat der Stadt Hanau sowie die Stadtverordnetenvorsteherin und die Fraktionen an Boll und fordern, dass er die Arbeit an dem Film einstellen soll und auf eine Veröffentlichung verzichtet.

Die Verfasser des offenen Briefes erklären ihre Forderung damit, dass Uwe Boll sich nur einen „persönlichen Nutzen“ aus der Aufmerksamkeit verschaffen wolle, „die das schreckliche Attentat in unserer Stadt nach wie vor erhält“. Weiter heißt es: „Unter dem Deckmäntelchen der Aufklärung und Kunst nutzen Sie das unbeschreibliche Leid der Opfer und ihrer Angehörigen, um Ihren Wunsch nach Publicity und die blutrünstige Sensationsgier Ihres Publikums zu befriedigen.“

Außerdem wird kritisiert, dass Uwe Boll keinen Kontakt zu den Familien der Opfer aufgenommen hätte. Sollte der Film erscheinen und Boll dabei die „Persönlichkeitsrechte der Angehörigen, deren Pietätsempfinden und die fortwirkende Menschenwürde der Verstorbenen“ nicht beachten, kündigen die Stadt Hanau sowie die Familien der Opfer an, Strafanzeige zu erstatten und eine Unterlassungsklage zu erwirken. „Wir werden gemeinsam alle Hebel in Bewegung setzen, um dieser Verzerrung der schrecklichen Ereignisse vom 19. Februar 2020 entgegenzutreten“, heißt es abschließend in dem offenen Brief.

Ein Film des umstrittenen Regisseurs Uwe Boll arbeitet die Terror-Nacht von Hanau auf. (Symbolfoto)
Ein Film des umstrittenen Regisseurs Uwe Boll arbeitet die Terror-Nacht von Hanau auf. (Symbolfoto) © Federico Gambarini/dpa

Ein Jahr nach dem Anschlag: Umstrittener Regisseur dreht Film über Terror-Nacht in Hanau

Erstmeldung vom Freitag, 12.03.2021: Hanau - Uwe Boll ist bislang nicht für feinfühlige Werke bekannt. Der Regisseur inszeniert seine Filme gerne „mit Druck“, wie er sagt. Umso überraschender, dass er nun die Terror-Nacht von Hanau verfilmt hat. Zwölf Monate nach der Tat des Tobias R., der in der Innenstadt neun Menschen mit Migrationshintergrund erschoss, sind viele dringende Fragen noch immer unbeantwortet. Darauf will Boll aufmerksam machen.

Warum mussten Ferhat Unvar, Hamza Kurtovic, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Paun und Fatih Saraçogluam am 19. Februar 2020 sterben? Warum ließ die Polizei den Täter lange Zeit gewähren, obwohl die Radikalisierung und psychischen Probleme des 43-Jährigen bekannt waren? Warum blieben die vielen Notrufe in der Tatnacht von der Polizei in Hanau unbeantwortet? Warum war der Notausgang in der „Arena Bar“ verschlossen?

Film über Anschlag in Hanau : Radost Bokel spielt Rolle der Mercedes K.

Die Angehörigen der Opfer fordern weiterhin eine lückenlose Aufklärung der Politik. Mit diesen Fragen beschäftigte sich zuletzt auch Regisseur Uwe Boll. Seine Recherche-Ergebnisse zeigt er nun in einem Film unter dem Titel „HANAU“, wie die „Bild“-Zeitung berichtete. Unter anderem spielt Momo-Star Radost Bokel die Rolle von Mercedes K., Steffen Mennekes übernimmt die Rolle des Attentäters, der nach den Morden in der Innenstadt von Hanau seine Mutter und sich selbst erschoss. „Was passiert ist, hätte auch mich treffen können. Ich habe Roma-Wurzeln, wie Mercedes. Mein Vater kommt aus Bulgarien, ich habe ihn nie getroffen. Der Film macht, dass das Attentat nie vergessen wird“, sagte Bokel der „Bild“. Gedreht wurde der Film in Mainz.

Für Boll, der von führenden Kritikern einst als „schlechtester Regisseur aller Zeiten“ bezeichnet wurde, kommt die Verfilmung der Tatnacht in Hanau nicht zu früh: „Durch Stillschweigen verzögert man Reformen. Im Zeigen was tatsächlich ablief, wird das Behördenversagen deutlich.“ Ähnlich deutlich ist allerdings auch seine Warnung: „Die Angehörigen werden sich den Film nicht anschauen können. Das ist schwerer Tobak. Das verstehe ich auch. Ich mache den Film für die Welt, das geht nur mit Druck“, sagte er der „Bild“.

Film über Anschlag in Hanau soll bei Streamingdiensten laufen

Die Verfilmung des terroristischen Anschlags von Hanau ist Teil der Trilogie „Deutschland im Winter“, für die Uwe Boll seinen ursprünglich angekündigten Rückzug aus dem Filmgeschäft rückgängig machte. Dabei soll es um die „politische Entwicklung in Deutschland“ gehen, wie Boll im Podcast von „OMR“ verriet. Sein 90-minütiges Werk wolle er nun Streaminganbietern verkaufen. (Erik Scharf) *op-online.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Viel Lob erhielt zuletzt der Podcast „190221“ der Journalistinnen Sham Jaff, Alena Jabarine und Viloa Funk, in der Menschen über ihre Erlebnisse in der Tatnacht sprechen.

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