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Kaum Umsatz wegen 2G-Plus: Gastronom findet klare Worte - „Ihr spinnt doch“

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Von: Kerstin Biehl

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Die Stühle stehen kopfüber auf den Tischen, die Barhocker auf dem Tresen – das Café Central hat geschlossen. Betreiber Stefan Gebauer sagt, er könne unter 2G-Plus-Bedingungen nicht wirtschaftlich arbeiten.
Die Stühle stehen kopfüber auf den Tischen, die Barhocker auf dem Tresen – das Café Central hat geschlossen. Betreiber Stefan Gebauer sagt, er könne unter 2G-Plus-Bedingungen nicht wirtschaftlich arbeiten. © Kerstin Biehl

„Danke Volker, danke Karl, für nichts“ steht auf dem Aushang an der Eingangstür zum Café Central am Marktplatz in Hanau. Das Lokal ist seit 24. Januar geschlossen.

Hanau – „Wir können unter 2G-Plus-Bedingungen nicht wirtschaftlich arbeiten“, begründet Gastronom und Central-Betreiber Stefan Gebauer im Gespräch mit unserer Zeitung den Schritt. Die Situation sei schon seit zwei Jahren „sehr herausfordernd“. Dennoch hätten er und sein Team sich mit den geltenden Corona-Regeln immer wieder arrangiert – seit Herbst mit 2G. „Doch was wir jetzt haben, ist einfach nur irre.“

Gebauer hat zum Gespräch einen Ausdruck mitgebracht. Auf einem DIN-A4 Blatt sind dort die geltenden 2G-Plus-Regeln aufgelistet. Die Liste ist lang. Elf verschiedene Möglichkeiten sind aufgeführt, mit denen man 2G-Plus erfüllt und demnach Zutritt in Cafés oder Restaurants etwa in Hanau erhält. „Darüber muss ich mein Personal schulen. Es ist wirklich komplex und führt häufig zu Diskussionen und Konflikten mit Gästen“, sagt der Gastronom. Dabei sei der Dezember gut gelaufen, auch dank des Weihnachtsmarkts. Der Jahreswechsel ebenfalls, sogar mit steigender Tendenz.

Corona in Hanau: Das Corona-Regelwerk schrecke viele Gastro-Kunden ab

Doch dann kam die Ankündigung zu 2G-Plus. „Unsere Umsätze, die ja ohnehin schon unter dem normalen Niveau waren, haben sich noch einmal halbiert. Unsere Gäste waren teils orientierungslos, haben bei uns angerufen, weil sie die Regel nicht verstanden haben. Und was mache ich, wenn ich unsicher bin? Ich bleibe zu Hause. Weil mich dieses ganze Regelwerk abschreckt.“

Mit dem geringen Umsatz seien die Personalkosten nicht mehr zu decken gewesen. „Es war keine wirtschaftliche Perspektive mehr da. Mit jedem Öffnungstag haben wir Verluste produziert.“ Also zog Gebauer am 24. Januar die Reißleine. Seitdem hat das Central geschlossen. „Auch meine Mitarbeiter sind frustriert. Sie sind wieder in Kurzarbeit. Ihnen fehlt das Trinkgeld, was ja für einen Gastrojob nicht unerheblich ist. Das Ganze hat für sie wirklich existenzielle Auswirkungen. Und Schüler oder Studenten werden im Rahmen der Kurzarbeit ja gar nicht bedacht. Die können wir nicht mehr einsetzen.“

2G-Plus-Kontrollen in der Gastronomie in Hanau: „Ich werde zum Handlanger der Politik gemacht“

Den Aushang an der Eingangstür, erklärt Gebauer, habe er so formuliert, weil er erklären wolle, welche Auswirkungen die 2G-Plus-Regel auf seinen Betrieb habe. „Hier wird eine komplette Branche mit über zwei Millionen Arbeitsplätzen in Geiselhaft genommen, um politisch gewünschte Impf- und Boosterquoten zu erreichen“, meint Gebauer – auch auf dem Aushang. Dafür wolle er nicht benutzt werden. „Ihr spinnt doch“, steht außerdem darauf. „Ich bin in die Gastrobranche gegangen, weil ich Gastgeber sein möchte. Ich möchte Menschen schöne Momente bescheren. In angenehmer Atmosphäre mit gutem Essen, gutem Trinken. Jetzt werde ich zum Handlanger der Politik gemacht. Das ist kein schönes Gefühl.“ Für den Gastronom ist die 2G-Plus-Regel etwas „Kompliziertes, das seinen Zweck, nämlich die Infektionszahlen zu verringern, nicht erfüllt. In Bayern gibt es diese Regel nicht, und da sehen die Infektionszahlen auch nicht anders aus. Es gibt keine Nachweise, dass sich Menschen in der Gastronomie angesteckt haben.“

Der erste Lockdown sei absolut nachvollziehbar gewesen. Im zweiten habe er viele Mitarbeiter verloren. „Da hatten wir sieben Monate zu. Aber wir haben Kurzarbeitergeld bekommen. Jetzt ist unsere wirtschaftliche Situation viel schlimmer. Denn wir bekommen vom Staat keine Unterstützung. Wir sollen die staatlichen Maßnahmen umsetzen, werden aber im Stich gelassen.“

Corona in Hanau: Gebauer verdient Geld mit Testzentren

Gebauer betreibt in Hanau auch das Bar-Restaurant Klara, ebenfalls am Marktplatz. „Dort haben wir das gleiche Problem wie hier. Spontane Gäste fehlen, wir haben weniger Tagesgeschäft.“ Deshalb ist das Klara nur noch freitags, samstags und sonntags geöffnet. Anders sieht es in Gebauers Steakrestaurant Frau Trude aus. „Dort bedienen wir eine andere Zielgruppe. Hier geht es nicht um den schnellen Kaffee zwischendurch oder den zeitlich begrenzten Mittagslunch. Die Gäste dort bringen Zeit mit – notfalls auch für einen Test.“ Umsatzeinbußen habe die Trude freilich auch. Um 20 Prozent sei hier das Geschäft zurückgegangen.

Perspektivisch, sagt Gebauer, müsse sich schnellstmöglich etwas ändern. Denn: Derzeit könne er zwar noch von Reserven zehren. Doch die seien irgendwann aufgebraucht. Sein Wunsch: ein schnelles Ende von 2G-Plus in der Gastro. „Wir brauchen einen Kurswechsel, ohne dabei alle Maßnahmen fallen zu lassen.“ Die Impfung, das betont Gebauer, halte er durchaus für wichtig und richtig. Aber: „Dieses Regelwirrwarr muss aufgelöst werden. In der Politik muss Vernunft einkehren. Man muss auch mal den gesamtwirtschaftlichen Schaden ansehen, den das alles anrichtet“, sagt er.

Zugute kommt Gebauer sein zweites Standbein, das er sich im ersten Lockdown aufgebaut hat. Damals hat er im Central ein Testzentrum eingerichtet, das bis heute besteht. „Das sorgt dafür, dass ich die Miete und die Mitarbeiter bezahlen kann.“ Gebauer betreibt fünf weitere Testzentren, unter anderem in Gelnhausen, Gründau und Neuberg. Doch der Gastronom möchte zurück in sein Kerngeschäft, zurück in die Gastronomie. Und stellt klar: „Das Central macht auf jeden Fall wieder auf.“ (Kerstin Biehl)

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