Hanau: Darum ist kneippen gesund und tut gut

Karl-Heinz Stenger ist der Vorsitzende des Kneipp-Vereins Steinheim. Warum er vom Wassertreten überzeugt ist, hat er uns beim Besuch vor Ort erzählt.
Hanau - Ein paar Tage später folge ich also der Einladung und stehe morgens um 10 Uhr am Steinheimer Kneippweg – in Sandalen und kurzem Kleid, denn dieses (oder eine kurze Hose) ist fürs Wassertreten enorm praktisch. Sonst gibt’s nasse Kleidung, immerhin steht das Wasser rund 37 Zentimeter hoch.
Verlockend liegt das Becken vor mir, es plätschert und blubbert und wirkt einladend. „Wir gehen eine Runde, dabei achten wir darauf, dass wir waten, also den Fuß aus dem Wasser heben und anschließend wieder eintauchen“, beschreibt der Vorsitzende das, was nun zu tun ist. Ich tauche also meinen rechten Fuß ins Wasser, und das erste Gefühl ist nicht gerade angenehm – das Wasser ist ziemlich kalt, und mir entfährt ein etwas lauteres „Ahhh“. „13 Grad“, lacht Stenger, „aber gehen Sie nur rein, sie gewöhnen sich daran.“ Der Kneipp-Experte soll Recht behalten. Zwar ist die erste Runde durchs Becken noch mit Überwindung verbunden, die weitere, die ich zusammen mit anderen Kneippenden im Storchengang drehe, macht aber schon richtig Spaß.
„Und jetzt kommen Sie mal raus und beschreiben das, was Sie fühlen“, fordert mich Karl-Heinz Stenger auf. Ich habe ein zufriedenes Grinsen im Gesicht. Fühle mich erfrischt und wach. Und in meinen Beinen kribbelt es auf angenehme Weise. „Das ist ihr Blut, das durch die Venen gepumpt wird“, informiert der Kneipp-Experte.

Das kurze Wassertreten im Storchengang erzeugt einen Reiz, der durchs Nichtabtrocknen der Beine erhöht wird. Die Kneipp-Anwendung stabilisiert das Immunsystem und regt besonders die Venenpumpe an. „Das venöse Blut soll ja nicht im Gewebe versacken, sondern schneller zum Herzen zurück, um dort erneuert zu werden“, weiß Stenger.
An einem Handlauf entlang geht es für mich ein weiteres Mal links herum durchs Becken, das ursprünglich 1974 gebaut und 2007 saniert wurde und mit frischem Quellwasser aus einer benachbarten Quelle gespeist wird. „Ein Umlaufsystem. Das Brauchwasser wird dem Hellenbach zugeführt“, so Stenger der betont, dass es weder in Hanau noch in den umliegenden Ortschaften eine Kneippanlage gibt.
Jetzt ist es an der Zeit für die dritte und für mich als Anfänger letzte Kneipp-Runde. Vor mir im Becken läuft Edeltraud Sattler, die Schwester des Vorsitzenden. Sie geht, ebenso wie ihre Vereinskollegen Theresia und Karl-Wilhelm Pfeiffer, seit vielen Jahren durchs kühle Nass. „Unser Vater war schon hier im Kneippverein, den es seit 91 Jahren gibt. Für mich ist Kneippen ein Hobby“, sagt sie und erzählt, dass sie, wenn es die Zeit zulässt, mehrmals die Woche herkommt. Auch ihre Mitstreiter – insgesamt hat der Verein 50 – loben das Kneippen, das sie als „sehr wohltuend“ bezeichnen. Nicht nur der Körper profitiere vom Wassertreten. „Auch die Seele“, sagt Theresia Pfeiffer. „Es ist doch immer sehr kommunikativ hier, die soziale Komponente ist nicht zu unterschätzen.“
In der Tat ist einiges los am und im Wasserbecken und auf der idyllisch gelegenen, sehr gepflegten Anlage, auf der zudem ein Barfußpfad angelegt ist. „Unser Becken ist wirklich gut frequentiert, zwischen 30 und 40 Wassertreter kommen hier täglich her“, sagt Stenger. Auch ich nehme mir vor, wieder herzukommen, um das wohltuende Kribbeln in den Beinen wieder zu spüren.
Weitere Infos: Das Kneipp-Becken liegt am Kneippweg in Steinheim und ist vom 1. Mai bis 1. Oktober mit Wasser gefüllt. Es wird von der Stadt Hanau betrieben und gepflegt. Der Kneipp-Verein Steinheim trifft sich jeden Montag um 9.30 Uhr am Becken. Interessierte sind herzlich willkommen. Immer donnerstags wird das Becken am Vormittag vom städtischen Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service (HIS) gesäubert, das Wasser wird dafür abgelassen. In der Regel ist es ab 13 Uhr wieder gefüllt. Die Anlage ist heuer nach längerer Pause wieder in Betrieb. Sie war wegen der Pandemie und ungenügender Wasserqualität geschlossen.
Von Kerstin Biehl