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Letztes Hanauer Bürgerfest für Organisator Bernd Michel

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Von: Yvonne Backhaus-Arnold

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So kennt man Bernd Michel. Als Chef des Veranstaltungsbüros der Stadt Hanau war er für 17 Bürgerfeste verantwortlich.
Am Wochenende war das letzte Bürgerfest für Bern Michel. © moritz göbel/Scheiber

Das Bürgerfest ist ein Highlight für viele Menschen aus und um Hanau. Für Organisator Bernd Michel war es nun das letzte Fest, er geht in den „Ruhestand“.

Hanau - Eigentlich hatte er ein Planungsverbot für Überraschungen ausgegeben. Daran gehalten hat sich niemand. Geht auch nicht, wenn „Mister Bürgerfest“ geht. Und so bekam Bernd Michel am Sonntagabend – bevor das Feuerwerk gezündet wurde – eine Urkunde von Hanaus OB und ein Spezial-Bändchen für lebenslangen Eintritt auf dem Fest an den Mainwiesen. Und nach der Lasershow ließ Michels Team vom Veranstaltungsbüro noch eine ganz besondere Nachricht an den Himmel schreiben: „Danke Bernd für 17 geile Bürgerfeste“. „Und ich habe kein Foto davon gemacht“, erzählt Michel im Gespräch mit unserer Zeitung und lacht.

Es ist Dienstagmittag. Am Main wird gehämmert, Zeltstangen werden verladen. Gabelstapler fahren hin und her. Am Wochenende waren hier mehr als 60 000 Menschen; haben gelacht, getanzt, gegessen und darüber gestaunt, wie bunt die Vereinswelt der Brüder-Grimm-Stadt ist. „Kein anderes Fest“, sagt Bernd Michel und dreht seine Zigarette, „kann die Leute emotional so an die Stadt binden.“

Letztes Bürgerfest für Organisator Bernd Michel: Das Fest wurde sein Baby

Michel ist Hanauer durch und durch. Vor 41 Jahren hat er seine Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt bei der Stadt begonnen, danach in der Rentenstelle Großauheim gearbeitet, beim Amt für Statistik und Wahlen die Volkszählung 1987 organisiert, danach im Personalamt die Aus- und Fortbildung übernommen. Michel kann mit Menschen. Er trifft den richtigen Ton, wird geschätzt. Vielleicht binden ihn der spätere OB Claus Kaminsky und Martin Bieberle 1996 deshalb bei der Verwaltungsreform ein. Teambuilding in der Verwaltung – nicht immer vergnügungssteuerpflichtig. 2001 koordiniert er die Eröffnung des neuen Stadtladens im Rathaus. Ein großer Erfolg, der Michel die Tür zum Kulturamt öffnet. Kurze Zeit später wird er Nachfolger von Dieter Jäger. Und das Bürgerfest sein Baby.

Bernd Michel schließt sich 2003 für ein halbes Jahr im Medienzentrum ein, wälzt den Hanauer Anzeiger von 1958, 1959, 1960. „Ich wollte den Geist vom Anfang mit dem Zeitgeist von 2004 zusammenbringen“, erzählt er.

Letztes Bürgerfest für Organisator Bernd Michel: Veranstaltung mit Botschaft

Michel schreibt alle 1000 Vereine an, lädt zu einem Treffen in die Rathaus-Kantine ein. Nur sechs Vereine kommen. „Da war mein Ehrgeiz geweckt“, erinnert er sich. Jahreshauptversammlung für Jahreshauptversammlung klappert der Hanauer ab, stellt sein Konzept vor. Er holt die Rollkunstläufer zurück, die Bogenschützen, die Turngemeinde, die 15 Jahre nicht mehr mitgemacht hatte beim Bürgerfest. Die Idee, ein Drachenbootrennen durchzuführen – kommt von ihm. Genauso wie die zum KEKS, dem Kinder-Kultur-Erlebnis-Spektakel, das seit 2004 in der Orangerie stattfindet. „Mir war wichtig, dass es Theater und Hüpfburg gibt, aber auch etwas zum Gestalten und Mitnehmen.“

Michel initiiert für das erste Bürgerfest unter seiner Verantwortung zudem eine Ausstellung zum Wiederaufbau der Stadt. „Die Leute sollten schließlich wissen, warum sie sich betrinken“, sagt er und lacht. Und er erinnert sich an etwas, das er im Australien-Urlaub gesehen hatte: eine Wasserwand in Sydney, auf die Bilder projiziert wurden. Er sucht eine Firma in Deutschland, die seine Idee auf dem Main umsetzen kann und wird in Würzburg fündig. Unzählige Sonntage bringt er in der Bildstelle zu, sichtet alte Fotos und bekommt heute noch Gänsehaut, wenn er von den Filmsequenzen erzählt, die die Bomben zeigen, die im März 1945 über Hanau abgeworfen werden. Zum Supertramp-Klassiker „Fool’s Overture“ werden sie beim Bürgerfest 2004 zum ersten Mal gezeigt – auf der Wasserwand. „Meine Mutter hat damals noch gelebt. Sie stand neben mir und hat geweint, weil sie auf einem der alten Fotos ihr Elternhaus entdeckt hat.“

Letztes Bürgerfest für Organisator Bernd Michel: Noch elf Monate Chef des Veranstaltungsbüros

Alle vier, fünf Jahre werden die Bilder gezeigt. In diesem Jahr haben sie wieder welche ausgetauscht, neue hinzugefügt. Auch das ist Bernd Michel. Platz machen. Neues zulassen, Altes bewahren. „Man muss mal durchkehren. Nach 19 Jahren ist das auch mal notwendig, weil ich die dreckigen Ecken nicht mehr sehe.“

Elf Monate ist Bernd Michel noch Chef des Veranstaltungsbüros. Weihnachtsmarkt. Lamboyfest. Kultursommer. Sommernacht. Bei der Vorbereitung des nächsten Bürgerfests will er sich raushalten, soweit es geht. „Aber ich komme dazu, wenn das gewünscht ist.“ Veranstaltungsbüro und Hanau Marketing seien zusammengewachsen. „Wir brauchen keine Eventfirma aus Frankfurt, die uns erklärt, wie man ein Fest macht. Wir kriegen das auch so hin“, sagt Michel und schmunzelt.

Letztes Bürgerfest für Organisator Bernd Michel: Die eine oder andere Träne vergossen

Dass er „Mister Bürgerfest“ sein durfte, sei ein Privileg gewesen. „Bei keinem anderen Job wirst du so unmittelbar belohnt wie hier.“ Und so hat er am Montag beim Anschauen der Videos vom Wochenende doch die eine oder andere Träne vergossen, sich über lachende Gesichter gefreut und die vielen Kilometer vergessen, die er hin und her gelaufen ist, und den Ärger am Freitagabend, als der traditionelle Bierkrug fehlte und er mit seinem Roller losmusste. Den Krug hat er in ein Handtuch gewickelt, in den Koffer des Rollers gelegt und bei der rasanten Rückfahrt gebetet, dass er heil bleibt. Blieb er. Und das Fest begann mit ein bisschen Verspätung.

Dass das Bürgerfest ist, was es heute ist, liegt auch an Bernd Michels Einstellung zu Hanau. Hier lebt er mit seiner Frau Sandra. Innenstadt. Gärtnerstraße. Fünf Kinder gehören zur Familie, ein Enkelsohn. „Ich liebe diese Stadt“, sagt Michel, „die Feste, das Bunte.“

Der schönste Bürgerfest-Moment? Bernd Michel überlegt. In diesem Jahr sei das der Moment gewesen, als die 5000, 6000 Menschen gejubelt haben zwischen Feuerwerk und Lasershow. „Da wusste ich: Jetzt haben wir sie alle am Herz gepackt, jetzt lieben sie ihre Stadt.“ (Yvonne Backhaus-Arnold)

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