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Das erste Mal seit Corona wieder große Kultur in Hanau

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Bilder, die man kaum noch gewohnt ist: Dicht an dicht saßen die Zuschauer in der August-Schärttner-Halle.
Bilder, die man kaum noch gewohnt ist: Dicht an dicht saßen die Zuschauer in der August-Schärttner-Halle. © -

Sehr glücklich und mindestens genauso aufgeregt sei er, erklärte Deutschlands bekanntester Träger der „Kopfsocke“, Comedian Torsten Sträter, als er in Hanau vor rund 2400 Besuchern ins Rampenlicht trat. „Macht doch mal das Saallicht an, damit ich alle sehen kann. Ich freue mich so, endlich wieder vor Menschen – und noch dazu vor so vielen Fans – live auf der Bühne zu stehen“ begrüßte der 55-jährige Dortmunder seine Gäste in der August-Schärttner-Halle.

Hanau - In Sachen Corona lautete die Devise 2G+ in Hanaus größter Veranstaltungshalle, wohin die Veranstaltung aus dem ursprünglich geplanten CPH verlegt worden war, um allen Fans die Möglichkeiten zu geben dabei zu sein, nachdem der Auftritt Sträters in den letzten zwei Jahren aufgrund der Pandemie zweimal abgesagt werden musste.

„Ich weiß nicht, was Sie heute erwarten? Politkabarett vom Feinsten? Am A… die Räuber!“, ergänzte der Komiker fluchend und grinsend, nicht nur mit Blick auf sein aktuelles Programm „Schnee, der auf Ceran fällt“, sondern wohl auch, um sich nicht allzu sehr in Sentimentalität zu verlieren. Als er das Programm, das er eigentlich thematisch und inhaltlich seinem Vater und seinem Sohn gewidmet hatte, in 2019 geschrieben habe, sei an eine Pandemie, geschweige denn an ein Kriegsszenario in Europa nicht zu denken gewesen.

Meister der unterhaltsamen Abschweifung

Inzwischen habe er den Vater weitgehend „rausgeschrieben“ und den Sohn, der inzwischen 18 Jahre geworden sei, auf dessen Wunsch auch. Und als guter Vater hielt er sich natürlich so gut daran, wie es ihm eben möglich war – also so gut wie gar nicht: „Er hat ja nie bei mir gewohnt, seine Mutter und ich hatten so ein Auslieferungsabkommen.“ Tatsächlich drehten sich viele seiner Geschichten um das Verhältnis von Vater und Sohn, sei es nun das zwischen Torsten Sträter und seinem Sohn oder aber jenes zu seinem eigenen Vater.

Dazwischen gab es immer wieder, sogar mitten in angefangenen Sätzen, Ausflüge in andere Themen, die Sträter scheinbar gerade in den Sinn kamen. „Weiter. Ich lasse mich zu schnell ablenken“, ermahnte er sich dann selber zur Freude seiner Zuhörer, die hocherfreut und mit vielen Lachern auf jede seiner assoziativen Anwandlungen reagierten. Auch wenn die Gäste in den ersten Reihen während seines knapp dreistündigen Erzähl-Marathons nie sicher vor Sträters Frontalansprachen waren. So erwies sich der Kabarettist, Autor und einstige Poetry-Slammer auch bei diesem Gastspiel in Hanau wieder als Meister der unterhaltsamen Abschweifung und gnadenloser Geschichtenerzähler mit seiner angenehm tief temperierten Stimme und einem wunderbaren Sprachrhythmus.

Masken aus dem „Fledermausland“

Neben seinem Bekenntnis zum Tempo 120 auf Autobahnen („Weniger CO2-Ausstoß, keine Staus und vor allem verbraucht mein Mustang V8 dann nur 16 Liter auf zehn Kilometer“), dem diskreten Charme von Autobahnraststätten („Bockwürste in einer fahlen Brühe aus dem Jahr 1982?“), ging es auch um den „Elefanten im Raum“ – nein, nicht der Angriffskrieg auf die Ukraine. Hierzu habe er eine Meinung, die er aber nicht in diesem Rahmen kundtun wolle, so Torsten Sträter. Es ging natürlich um den Umgang mit Covid-19.

„Also erst hat in China jemand eine Fledermaus verschluckt, dann haben wir mit Hochdruck einen Impfstoff entwickelt, und zwischendurch habe ich im Autokino gespielt. Aber die waren ja mit 38 Autos schon ausverkauft. Da in einigen Autokinos nicht gehupt werden durfte, gab es Beifall mit dem Scheibenwischer. Ein kreativer Höhepunkt meiner Karriere“, so der gelernte Herrenschneider zynisch. „Danach gab es in jeder Stadt liebe Omis, die aus allem Masken genäht haben, aus Bettwäsche, aus Polsterstoff, gestrickt, genäht gehäkelt, Sie erinnern sich? Ja und dann kam Jens Spahn auf die Idee, FFP2-Masken einzuführen. Ja genau, die kommen dann wieder aus Fledermausland“, erinnerte sich der Comedian.

Was hat es eigentlich mit dem Titel auf sich?

Aber er frage sich, wie weit vorne die Chinesen ihre Ohren am Kopf tragen, seine Ohren litten sehr unter dem ständigen Nach-Vorne-Biegen, beschwerte sich Sträter, bei dem auch Corona-Leugner und Impfgegner ihr Fett wegbekamen.

Am Ende des Abends fragte sich wahrscheinlich niemand mehr, warum der Titel des Programms eigentlich „Schnee, der auf Ceran fällt“ lautet. Aber alle Comedy-Fans, die um drei Ecken denken können, absonderliche und ad absurdum geführte Geschichten aus dem Alltag lieben und gerne herzhaft über Albernheiten lachen können, sind bei dem Mann mit der Mütze immer in der richtigen Veranstaltung, wie der gelungene Abend in der August-Schärttner-Halle wieder einmal unter Beweis stellte.

Von Andrea Pauly

Bei Torsten Sträter bekam jeder sein Fett weg.
Bei Torsten Sträter bekam jeder sein Fett weg. © ANDREA PAULY

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