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Hanauer Tüftler will mit seinem selbst entwickelten Lastenfahrrad durchstarten

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Von: David Scheck

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Kompakt und wendig: In seinem Flexbike hat Peter Köhler die Eigenschaften eines klassischen Lastenrades mit denen eines kurzen Fahrrads kombiniert.
Kompakt und wendig: In seinem Flexbike hat Peter Köhler die Eigenschaften eines klassischen Lastenrades mit denen eines kurzen Fahrrads kombiniert. © David Scheck

Blechlawinen nicht nur zur Rushhour, knapper werdende Parkraumkapazitäten, steigende Kraftstoffpreise an den Tankstellen: Die Zeichen der Zeit zeigen eigentlich ganz deutlich, dass das Auto nicht die Zukunft des innerstädtischen Verkehrs sein kann. Aber es gibt ja Alternativen. Zum Beispiel Lastenfahrräder. Die werden meist von großen Herstellern produziert – aber auch von kleinen „Ein-Mann-Betrieben“ wie jenem an der Kleibömerstraße:

Hanau - Dort hat Peter Köhler in seiner Werkstatt nun sein „Flexbike 22“ zur Marktreife gebracht. Jahrelang hat Köhler – bis 2013 in Erlensee, seitdem in seiner Werkstatt in Hanau – als Selbstständiger in erster Linie für die Automobilindustrie gearbeitet, baute Montageeinrichtungen, Maschinen bis hin zu ganzen Fertigungsinseln für die Herstellung von Teilen und Zubehör. Doch Dieselskandal, Klimawandel-Diskussion, einhergehend mit einem Umdenken vieler Verbraucher haben den Verbrennungsmotor in Verruf gebracht und die damit verbundenen Zuliefererbranchen in eine Krise gestürzt. Obendrauf kamen dann noch die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen.

Köhler ist gelernter Maschinenbaumeister, aber man könnte ihn auch als Tüftler bezeichnen. Für den Transport des damaligen Familienhundes, der nicht mehr gut laufen konnte, hatte er vor über zehn Jahren ein Lastenfahrrad gebaut. Der Vierbeiner ließ sich für die Fahrt im Lastenkorb zwar nicht begeistern. Doch der Beginn der Corona-Krise vor gut zwei Jahren motivierte Köhler, das Projekt Lastenfahrrad weiterzuverfolgen. Heute ist er längst selbst überzeugter Pedaleur: „Ich mache alle meine Einkäufe mit dem Rad“, sagt er, und seine Ehefrau nickt zustimmend. Simone Köhler-Friebe macht in der kleinen Firma die Buchhaltung.

Pandemie-Not macht erfinderisch

Von seiner Idee ist Köhler überzeugt, und er liegt mit ihr voll im Trend: Der Verkauf von Lastenrädern in Deutschland, in der Branche auch Cargobikes genannt, hat sich nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbandes seit 2016 etwa versechsfacht und knackte 2020 erstmals die Marke von 100 000. Dreiviertel davon, rund 78 000, mit Elektro-Antrieb. Auch Köhlers Räder haben alle einen eingebauten Motor.

Die Pandemie-Not machte den Hanauer erfinderisch, gleichzeitig war die beginnende Corona-Krise der denkbar ungünstigste Zeitpunkt: Lieferengpässe stellten das kleine Start-up vor riesige Herausforderungen. „Anfangs hatten wir noch die Idee, dass wir die Teile für die Fahrräder aus der Region beziehungsweise aus Deutschland beziehen“, erzählt Köhler-Friebe.

Echtes Handwerk made in Hanau

Doch es gab schlichtweg nichts. Ähnlich wie in anderen Wirtschaftszweigen ist in der Fahrradindustrie die Produktion schon vor Jahren vor allem nach Asien ausgelagert worden. Und heimische Zulieferer nahmen Köhler nicht ernst, angesichts seiner überschaubaren Stückzahlen, die er fertigen will. Einen Fuß in die Tür der Großen zu bekommen, sei im Grunde unmöglich, resümiert das Ehepaar.

Für die Hanauer Manufaktur war es ein Kraftakt, Teilelieferanten zu finden, und auch die Finanzierung über KfW-Kredite sei ein „bisschen Kampf“ gewesen, deutet Köhler-Friebe an.

Das 15. Modell wurde umgesetzt

Nur die Teile, wie etwa Motoren, werden zugeliefert, die Rahmen baut Köhler selbst und setzt die Fahrräder auch selbst zusammen. Hinter dem Begriff Manufaktur steht also echtes Handwerk – made in Hanau.

14 Versionen hatte Köhler zuvor entwickelt, erst mit dem 15. Modell, das nun auf den Markt geht, war er zufrieden. Die Rahmen fertigt der Anfang 60-Jährige aus Stahl, der gebe die nötige Stabilität im Gegensatz zum spröden Aluminium. Vorne hat das Gefährt zwei Räder, zwischen denen eine Lastenbox aus Holz montiert ist. Der Clou: Klassische Lastenräder sind in der Regel sehr lang und schwer zu handhaben, Köhlers Flexbike jedoch hat die Ausmaße eines Klapprades und ist damit kompakt und wendig. Die Steuerung in Kurven wird erleichtert durch die per Hebel am Lenker einschaltbare Neigetechnik.

Doch gibt es in Hanau überhaupt einen größeren Markt für Lastenräder? Das hoffen Köhler und seine Frau natürlich – und rühren kräftig die Werbetrommel. Die IHK ist auf die Manufaktur aufmerksam geworden, hat das Flexbike in der Märzausgabe ihrer Mitgliederzeitschrift zum „Produkt des Monats“ gekürt. Als Absatzmarkt haben der Tüftler und seine Frau nicht nur Einzelkunden im Blick, mit Infomappen, die sie an Firmen in Hanau und im gesamten Main-Kinzig-Kreis geschickt haben, wollen sie die Chefetagen von der umweltfreundlichen Fortbewegung der Mitarbeiter beziehungsweise dem Transport von Waren überzeugen.

Infos im Internet

flexbike-manufaktur.de

Von David Scheck

Handarbeit: Peter Köhler baut die Lastenräder in seiner Werkstatt selbst.
Handarbeit: Peter Köhler baut die Lastenräder in seiner Werkstatt selbst. © -

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