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Hanauer Einzelhändler und Kunden ziehen Bilanz des Weihnachtsgeschäfts

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Von: Vincent Büssow

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Sie hätten in diesem Weihnachtsgeschäft „nichts anders gemacht als sonst“, berichtet diese Mutter, die gestern mit ihren Kindern Weihnachtsgutscheine eingelöst hat.
Sie hätten in diesem Weihnachtsgeschäft „nichts anders gemacht als sonst“, berichtet diese Mutter, die gestern mit ihren Kindern Weihnachtsgutscheine eingelöst hat. © Vincent Büssow

Die Schwierigkeiten für den Einzelhandel scheinen nicht abzuebben. Nach zwei Jahren pandemiebedingter Einschränkungen stehen jetzt Inflation und Energiekrise auf dem Programm. Entsprechend groß war die Sorge um das teils essenzielle Weihnachtsgeschäft auch bei vielen Ladenbetreibern in Hanau. Nun, da auch die letzten Geschenke besorgt und verteilt sind, ist Zeit für ein erstes Resümee. Haben die Menschen in diesem Jahr mehr aufs Geld geachtet? Wir haben bei Händlern und Kunden nachgefragt. Die zeichnen ein überraschend eindeutiges Bild.

Hanau – „Wir waren sehr gespannt“, erinnert sich Leonie Berens. Die Floristmeisterin hat den Blumenladen „Blühreif“ zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin Florina Kern-Plachta im August gegründet. Für die beiden war es die erste Weihnachtssaison. Die Bilanz ist durchaus positiv. „Man hat gemerkt, dass sich die Leute etwas Gutes tun wollten“, berichtet Kern-Plachta. Insbesondere in der Adventszeit gingen viele Blumen über den Tresen.

Auch im Hanauer Traditionsunternehmen „Clemens“ sind keine Klagen zu hören. Das Geschäft für Wohnaccessoires hat seit seiner Gründung schon über 50-mal Weihnachten mitgefeiert. Geschäftsführerin Kerstin Keil freut sich in diesem Jahr besonders über ihre beständige Kundschaft. „Die Hanauer bleiben den Fachgeschäften treu. In guten wie in schlechten Zeiten.“

Ashoke Paul vom Feinkostladen „Vom Fass“ berichtet von einem guten Weihnachtsgeschäft.
Ashoke Paul vom Feinkostladen „Vom Fass“ berichtet von einem guten Weihnachtsgeschäft. © Vincent Büssow

Dass die Menschen selbst in Krisenzeiten gerne regional einkaufen, hat auch Ashoke Paul festgestellt. Er leitet den Feinkostladen „Vom Fass“, der auch Eigenproduktionen anbietet. Zwischen Alkohol, Öl und Sirup gingen vor allem „die kleinen Sachen gut weg“. Paul vermutet, dass sich die Leute eher bei den großen Anschaffungen zurückgehalten haben.

Die Erfahrungen, was sich in diesem Jahr besonders gut verkauft hat, unterscheiden sich von Betrieb zu Betrieb. Einigkeit herrschte bei den meisten Händlern am Donnerstag nach Weihnachten allerdings in einer Sache: Fast überall ist von einer positiven Überraschung die Rede – und das nicht nur bei den lokal verwurzelten Unternehmen. Bei der Tchibo-Filiale berichten die Verkäufer von einem „sehr guten“ Geschäft. Alireza Eftekhari, Filialleiter von Galeria, meldet sogar, das Geschäft vom Vorjahr getoppt zu haben.

Einzelhändler in Hanau: „Die Menschen wollen wieder Geld ausgeben“

Trotz der positiven Bilanz gab es indes auch Eigenheiten, die das Weihnachtsgeschäft 2022 in Hanau mit sich brachte. „Bis kurz vor Weihnachten lief es super gut, dann ist es abgebrochen“, berichtet etwa Sonja Muno, Filialleiterin im Frauenmodegeschäft „Ulla Popken“. „Wir verstehen das auch nicht.“ Durch die guten Verkäufe in der Adventszeit komme der Betrieb allerdings trotzdem fast auf dieselben Ergebnisse wie im Dezember 2019, als Corona lediglich eine Biersorte und die Inflationsrate 8,5 Prozent niedriger war. Der Umsatz war damals nur um ein Fünftel höher, erklärt Muno und analysiert: „Die Menschen wollen wieder Geld ausgeben.“

Die unsichere Wirtschaftslage sei letztendlich nur einer von vielen Faktoren, die sich auf das Weihnachtsgeschäft auswirken, erklärt Kerstin Keil von „Clemens“. Vor allem das Wetter mache sich bei den Verkäufen deutlich bemerkbar, sagt die erfahrene Geschäftsleiterin. „Manchmal liegt Weihnachten gut, manchmal schlecht.“

Alireza Efthekari von Galeria am Marktplatz hebt zudem den Hanauer Weihnachtsmarkt als wichtigen Faktor hervor, der die Geschäfte mit weihnachtlicher Kundschaft gefüllt habe.

Die Hanauer selbst wissen mit der Frage, ob zu Weihnachten in diesem Jahr gespart wurde, teilweise gar nichts anzufangen. Diejenigen, die nach den Feiertagen in der Innenstadt unterwegs sind, haben „nichts anders gemacht als sonst“. Das berichtet etwa eine Mutter, die mit ihren Kindern in einem Spielzeugladen stöbert: „Weihnachtsgutscheine einlösen.“ Teurer sei zwar schon alles geworden, stellt der Vater einer jungen Familie fest. „Wir haben aber keine Einschränkungen getroffen.“ Nur ein junger Mann sagt, er habe sein Verhalten wegen der hohen Preise in diesem Jahr geändert. „Ich bin weniger auf den Weihnachtsmarkt gegangen.“ Geschenke kaufe er ohnehin keine, da es ihm bei Weihnachten zu viel um Konsum gehe.

Damit ist er in Hanau offenbar in der Minderheit. So wird sich in den Läden schon auf das nächste Saisongeschäft vorbereitet. Der „Vom Fass“-Geschäftsführer Paul etwa hat den Sekt für Silvester schon bereitgestellt.

Von Vincent Büssow

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