Forstamt Hanau-Wolfgang schafft Tümpel für Amphibien und Reptilien

Im klaren Wasser bewegen sich kleinste Holzstücke behände hin und her. Sie scheinen aneinandergeklebt. Beim genaueren Betrachten werden Miniatur-Fühler und Beinchen sichtbar. Wohnt etwa ein Insekt im Holz? „Das ist die Larve der Köcherfliege“, informiert Förster Günter Hunold. Er ist beim Forstamt Hanau-Wolfgang unter anderem für den Naturschutz zuständig. Und für diesen hat er in den vergangenen Jahrzehnten viel getan.
Hanau – Der Waldhüter hat sich verschiedensten Wiedervernässungsmaßnahmen gewidmet. Warum diese so wichtig sind, erklärt er – gemeinsam mit seinem Kollegen Volker Ahrend – in dessen Revier, dem Hanauer Neuwirtshaus. „Wir stehen hier an einem künstlich angelegten Waldtümpel. Ein ehemaliger Kollege hat ihn vor weit über 20 Jahren an einer vorhandenen feuchten Stelle angelegt“, so Hunold. Der Waldtümpel hat sich über die Jahre weiter entwickelt, ist Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren Nahrungsquelle oder Zuhause. „In normalen Sommern steht in diesem Tümpel immer Wasser, er ist Rückzugsraum in Trockenphasen. Nur in den Sommern 2019 und 2020 war er, aufgrund der extremen Trockenheit, komplett leer“, sagt Förster Ahrend.
In und an den Waldtümpeln, von denen es im Gebiet des Forstamts Hanau/Wolfgang rund 100 Stück gibt, leben Kröten, Frösche und Unken, Molche und Salamander. Vögel trinken aus dem klaren Wasser, baden oder reinigen ihr Gefieder und manchmal schwimmen auch Enten darauf. Säugetiere nutzen das Gewässer als Trinkmöglichkeit. Und Wildschweine suhlen sich im Uferbereich.
Die für Reptilien und Amphibien so wichtigen Feuchtstellen gingen verloren
Hunold: „Früher gab es derartige Feuchtstellen zu abertausenden, auch außerhalb der Wälder. Dann kam die Industrie, die Intensivlandschaft, die Ausweitung der Wohngebiete. Die vor allem für Reptilien und Amphibien so wichtigen Feuchtstellen gingen verloren. Sie wurden zugeschüttet, weil sie dem Nutzungsgedanken nicht entsprachen oder gestört haben.“ Von den Feuchtgebieten seien aber, so der Förster, die dort lebenden Tiere und auch Pflanzengruppen abhängig. Sie benötigen die Feuchtgebiete für Nahrungserwerb und Fortpflanzung.

Auch Insekten wie die Köcherfliegenlarve, die Förster Hunold vorsichtig auf seiner Handfläche balanciert, benötigen Feuchtflächen, um sich entwickeln zu können. Die Larve hat aus Holz und Rinde, Samen und kleinsten Pflanzenteilen einen Kokon um sich herum gebildet, der sie optisch und mechanisch vor Fressfeinden und Umwelteinflüssen schützt.
Forstamt Hanau-Wolfgang: Mehrere Hundert Tümpel wurden in den vergangenen Jahren saniert
„Der Wald ist der letzte Lebensraum bei uns, der noch relativ natürlich ist. In der Tat ist es das natürlichste Umfeld, das wir überhaupt haben. Deshalb haben wir in unseren Wäldern jede Möglichkeit ausgeschöpft und haben Weiher, Tümpel und Nassstellen, wie kleinere Gräben an den Wegerändern, renaturiert“, so Hunold. Über die Jahre nämlich neigen diese Wasserflächen zu verschlammen, Laub fällt in sie hinein und verschlechtert die Wasserqualität. „Fische wären in diesen Gewässern übrigens absolut kontraproduktiv. Sie sind die Fressfeinde von Insekten und Amphibien“, erklärt Förster Ahrend.
Die Hauptaufgabe der vergangenen Jahre sei es gewesen, die verschlammten Wasserflächen auszubaggern und freizulegen. Mehrere Hundert Tümpel sind auf diese Weise im Bereich des Forstamts Hanau/Wolfgang in den vergangenen Jahren saniert worden. „Und wir müssen dies immer wieder wiederholen. Denn die Wasserflächen sind nicht nur Lebensraum, sie dienen zudem dazu, das Wasser so lang wie möglich im Wald zu halten.“

Zudem fungieren sie, wie der gesamte Wald, als Hochwasserschutz. Die Bulau spielt dafür beispielsweise für Hanau eine enorm wichtige Rolle. „Denn dort breitet sich das Wasser bei Hochwasser erst einmal aus, bevor es in der Kinzig durch Hanau fließt. Die Strömung ist dann nicht so schnell und das Hochwasser nicht so hoch. In ganz vielen Teilen Deutschlands hat man diesen natürlichen Schutz aufgrund von Bebauung oder intensiver landwirtschaftlicher Nutzung nicht mehr“, erläutert Ahrend. Die Wasserflächen im Wald dienten also nicht nur dem Artenschutz, sondern auch dem Menschenschutz.
Das war/das kommt: In den weiteren Teilen der Waldserie 2022, die den Fokus auf die heimische Tierwelt legt, werden wir, gemeinsam mit den Förstern des Forstamts Hanau/Wolfgang, im Mai das Thema „Klimaerwärmung - wie verändert sich der Wald und die Tierwelt um uns herum?“ aufgreifen. Im Juni soll der Biber als großer Landschaftsgestalter thematisiert werden. Im Monat drauf, dem Juli, steht die Wildkatze im Vordergrund, als heimlicher Bewohner des Waldes. Den letzten Teil der diesjährigen Waldserie widmen wir den freien Flächen im Wald und stellen die Frage „Wald weg? Was lebt dann noch auf den Kahlflächen?“.
Von Kerstin Biehl