„Geldbatzen“ nicht nur besungen: Hanauer Ex-Rapper muss für riesige Drogenmenge ins Gefängnis

Ein ehemaliger Gangsta-Rapper muss für fast sechs Jahre ins Gefängnis. Seine Texte über den Verkauf von kiloweise Marihuana waren nicht ausgedacht, stellte das Landgericht Hanau fest.
Hanau – Das Landgericht Hanau hat am Dienstag einen ehemaligen Rapper wegen schwunghaften Rauschgifthandels zu fünf Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der 32-Jährige vom Main-Kinzig-Kreis aus mit mindestens 150 Kilogramm Marihuana illegalen Handel getrieben hatte. Die Drogen haben nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hanau einen Schwarzmarktwert von schätzungsweise 640 000 Euro.
Die Kulisse: eine alte Gasse entlang der ehemaligen Hanauer Stadtmauer. Der Hauptdarsteller: ein junger Rapper, der vor der Kamera hin und her hüpft. „Geldbatzen in den Taschen, Geldbatzen im Schrank“, lautet der Text des Gangsta-Rappers, der in den Sozialen Medien den starken Mann gibt. Das war an Weihnachten 2018.
Knapp vier Jahre später dürften sich die Drogenfahnder der Hanauer Kriminalpolizei die Haare raufen, dass sie Tag und Nacht so viele Stunden in Observierungen und Auswertungen von abgehörten Telefonaten investiert haben, um den wohl spektakulärsten Drogenfund in Bruchköbel zu machen.
Rapper singt, es klingt wie ein Geständnis: „Bin am Kilos verteilen, 24/7 lang.“
Denn als die Ermittler im Februar vergangenen Jahres zu einem „Überraschungsbesuch“ in die Kirlesiedlung kommen, staunen sie nicht schlecht: Der Rapper hat nicht nur davon gesungen, er hat mit seinen Geschäften tatsächlich richtig viel verdient. Exakt 85 465 Euro stellt die Polizei in seiner Wohnung sicher. Die „Geldbatzen“ liegen in einem versteckten Wandtresor oder einem Karton – im Schrank.
Fiktion oder Wirklichkeit? Der inzwischen 32-jährige Bruchköbeler hat dieses Geld nicht mit seinen Texten oder You-Tube-Videos verdient. Sondern mit knallharten Drogengeschäften. Von der Kreuzung vor dem Waldspielplatz aus soll er seine Kuriere instruiert und die deren Autos beladen haben. Mit „großen Taschen mit Marihuana“, über die er ebenfalls in den Videos besingt. Und Fotos von genau solchen Taschen gibt es auch in seiner Strafakte, über die vor der 1. Großen Strafkammer am Hanauer Landgericht verhandelt wird.
Die Juristen schauen sich sogar eines der Gangsta-Rap-Videos an. Die Texte hören sich wie ein Geständnis an. Gangsta-Rap der zur schwerkriminellen Wirklichkeit wird: Es geht um „Mengen auf Waage“, und „ich hab soviel Hasch da, brauch’ ein’ Gabelstapler! Rambazamba!“ oder „bin am Kilos verteilen, 24/7 lang“.
Hanauer Ex-Rapper schickte Kuriere durch Deutschland
Was er zum Umfang seiner Drogengeschäfte singt, steht auch in der Anklageschrift. Der Bruchköbeler soll innerhalb von wenigen Monaten mit mehr als 150 Kilogramm Marihuana illegalen Handel betrieben haben. Von der Kirlesiedlung schickte er seine Kuriere durch ganz Deutschland. Einen Hauptabnehmer hatte er in Weiden in der Oberpfalz. Dieser ist ebenfalls von der Polizei hochgenommen worden.
Für die Strafkammer unter dem Vorsitz von Dr. Mirko Schulte ist es am Ende ein einfacher Fall, denn der 32-Jährige Bruchköbeler folgt dem guten Rat seines Anwalts und macht reinen Tisch. Einen großen Teil seiner Rauschgiftgeschäfte gibt er zu, nennt sogar Details.
Hanauer Landgericht kassiert Schmuck im Wert von 84 000 Euro ein
Das Geständnis ist auch für Staatsanwalt Thorben Angene ein Grund, in seinem Plädoyer eine leicht abgemilderte Freiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten zu fordern. Als besonders strafschärfend bezeichnet er den Umfang der illegalen Geschäfte. „Es ist eine sehr große kriminelle Energie. Der Angeklagte hat Summen erwirtschaftet, die er mit ehrlicher Arbeit nie hätte verdienen können“, so Angene, der für den Staat nicht nur die in Bruchköbel gefundenen „Geldbatzen“ einziehen lässt, denn bei der Durchsuchung sind auch Schmuck und Luxusuhren im Wert von rund 84 000 Euro sichergestellt worden. Das Geschmeide sowie mehrere Zeitmesser der Marke Rolex sollen nun vom Staat verwertet werden. Zudem fordert der Staatsanwalt 643 000 Euro als Wertersatz einzuziehen. Allein mit Blick auf diese Summen lässt sich erahnen: Was die Polizei herausgefunden hat, dürfte nur die Spitze des Eisbergs gewesen sein.
Für seinen Schlussvortrag erntet Staatsanwalt Angene sogar ein Lob, das sehr selten in Gerichtssälen ausgesprochen wird. Es kommt von der Gegenseite: „Ein hervorragendes Plädoyer“, meint Rechtsanwalt Oliver Wallasch, der keine Einwände gegen die Tatsahenfeststellungen hat. Der Strafverteidiger gibt nur zu bedenken, dass es sich bei Marihuana um ein Betäubungsmittel handele, das eine „gewisse gesellschaftliche Relevanz“ habe, und sein Mandant seit über eineinhalb Jahren keinerlei krummen Geschäften mehr nachgehe. Daher seien fünf Jahre und acht Monate Gefängnis angemessen.
Die fünf Richter kommen schließlich zum Urteil, dass es fünf Jahre und zehn Monate hinter Gittern werden sollen. Als Wertersatz aus den kriminellen Geschäften sollen 203 000 Euro eingezogen werden. Doch das dürfte illusorisch sein. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (Von Thorsten Becker)