Andy Ost hat in Hanau für jeden etwas im Gepäck

Andy Ost. Ein Mann kommt nach Hause. Endlich darf der gebürtige Hanauer in seiner Heimatstadt auftreten. Dem Publikum im fast ausverkauften Amphitheater dankt er in seiner herzlich-ehrlichen Art, dass es die Karten behalten hat. Um drei Jahre haben die Corona-Einschränkungen sein Programm verschoben, und wo immer er in dieser Zeit die Feder angesetzt hat, es ist ein sehr vielseitiger Abend mit Überraschungspotenzial geworden.
Hanau - Ost hat sich stets und steil weiterentwickelt. Saß er am anderen Ufer des Mains noch alleine am Klavier, um der Rosa-Wölkchen-Fastnachtssitzung frischen Witz zu verleihen, steht er nun mit einer Band auf der Bühne.
Und er bewegt sich mit seinen Texten mit Tiefgang in höheren Sphären als zu seiner Zeit als Berufspilot! Klar, singend ist es nicht immer so einfach, wohlfein verpackte Botschaften rüberzubringen. Aber Ost liegt die Musik nun mal im Blut.
Auf den Treppen zwischen den Zuhörern
Und er ist ein teamfähiger Künstler: Fünf Musiker und eine Sängerin begleiten den begnadeten Singer-Songwriter mit den schönen Pointen in den Geschichten aus dem Leben. Diesmal beginnt er mit „Bock auf Leben“, das er in jedem Moment reichlich versprüht. Dazu sucht er immer wieder die Nähe zu seinen Fans, interpretiert seinen Sommer-Song auf den Treppen zwischen den Zuhörern, die ihm mit Handy-Lichtern eine traumhafte Kulisse bieten.
Wie sehr ihn seine Familie prägt, dokumentiert seine Tochter, die ihm während des Auftritts in die Arme springt: Wie angenehm, wenn das Schwärmen in den Liedern authentisch ist!
Andy Ost ist trotzdem witzig. Wenn er seine eigene Generation auf die Schippe nimmt: Beim 18. Geburtstag waren noch alle zufrieden mit einem Kasten Bier – für jeden, versteht sich. Heute muss es für den Gast, der tags drauf einen Halbmarathon läuft, schon Dinkel vom Fass sein, fermentiert mit Limettengras von den Osterinseln, vegan, glutenfrei... „Du musst manchmal loslassen, kannst nicht alle retten!“, lehren ihn solche Partys. Weintrinker sind freilich noch mal „eine ganz andere Liga“, und mit der notwendigen Auswahl an Speisen könnte Kabarettist Ost wohl ein eigenes Programm füllen.
Sascha Korf mit dabei
Trotzdem lädt er sich selbst gerne Gäste ein. Den Kölner Korf zum Beispiel, Sascha Korf. Der 54-Jährige bemerkt, dass während der Pandemie „Körperteile wandern“ – und die Waage Handynummern anzeigt!
Total spontan konstruiert er eine Geschichte, die er sich aus der Unterhaltung mit Zuschauern erdacht hat. Ein Helfer aus der zweiten Reihe dient als „Fernbedienung“, steuert Korf, stoppt dessen Phantasie und nennt ein Genre, in dem das Talent seine Schilderung fortsetzen soll, als Krimi, Komödie oder Horrorversion.
Insgesamt ein Für-jeden-etwas-dabei-Abend auf hohem Niveau von einem grundehrlichen Sprachakrobaten, dessen Beiträge sich fürs Repertoire eignen, aus dem in gepflegter Small-Talk-Atmosphäre zitiert wird.
Von Michael Prochnow