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Handwerker schlagen Alarm: „Die Lage ist fatal“ - Existenzen bedroht

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Von: Christian Dauber

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Die Aufträge sind da, doch das Material fehlt oft: Timo Fichtl, der stellvertretender Obermeister der Kreishandwerkerschaft, bei der Installation einer Wärmepumpe.
Die Aufträge sind da, doch das Material fehlt oft: Timo Fichtl, der stellvertretender Obermeister der Kreishandwerkerschaft, bei der Installation einer Wärmepumpe. © PM

Die Lage ist angespannt: Handwerker in Hanau haben nicht genug Material, um ihre vielen Aufträge abzuarbeiten. Das kann gravierende Folgen haben.

Hanau - Über mangelnde Aufträge kann sich das Heizungs- und Sanitärgewerbe derzeit nicht beklagen. Im Gegenteil: Die Fachbetriebe werden angesichts der stetig steigenden Energiepreise sowie der unsicheren Versorgungslage bei Gas und Öl der Auftragsflut kaum Herr. Das Problem ist jedoch: Es fehlt das Material, um die Aufträge abzuarbeiten, und eine Besserung der Lage ist kaum absehbar.

Darüber informiert die Kreishandwerkerschaft Hanau in einer Mitteilung. „Wer heute eine Wärmepumpe bestellt, der muss mindestens bis April warten, bis diese lieferbar ist“, berichtete ein Vertreter des Herstellers Daikin bei einem Informationsaustausch zwischen Händlern, Herstellern sowie Vertretern des Handwerks im Casino der Kreishandwerkerschaft in Hanau. Zu dem Treffen hatte jetzt die Innung für Sanitär und Heizungstechnik Hanau eingeladen, etwa 50 Vertreter der Branche waren dieser gefolgt.

Handwerker in Hanau: Noch nicht einmal Ersatzteilversorgung ist gesichert

Die Lage sei fatal, fand Timo Fichtl, der stellvertretende Obermeister, gleich drastische Worte. Diese Entwicklung sei nicht nur für die Heizungs- und Sanitärbranche gefährlich, sondern gefährde die gesamte Baubranche. Fichtl: Bevor die Heizungsanlage nicht fertig sei, könnten auch andere Gewerke nicht anfangen.

„Wir sind zwar nur ein Baustein, aber ein sehr wichtiger in der Kette“, sagte er. Für die Betriebe drohten Leerlauf und auch Probleme, was den Cashflow betreffe. „Für manch einen in der Branche kann die Krise existenzgefährdende Ausmaße einnehmen“, befürchtet er laut Mitteilung. Dramatisch sei zudem, dass die Industrie für den kommenden Winter noch nicht einmal die Ersatzteilversorgung sichern könne, so der stellvertretende Obermeister.

Schwere Lage für Handwerker in Hanau: Existenzgefährdende Ausmaße

Weder Hersteller noch Händler konnten den Handwerkern Hoffnung machen, dass sich die Lage schnell entspannt. „Wir leben seit dem 24. Februar, dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine, in einer anderen Welt“, meinte Dirk Engelhardt, Verkaufsleiter Technik, bei Geberit, nach eigenen Angaben Marktführer für Sanitärprodukte in Deutschland. Ausschlaggebend für den Mangel seien eine Fülle von Faktoren: die Pandemie, der Krieg, die hohe Nachfrage durch die Energiewende. „Wir versuchen alles, um den Materialfluss am Laufen zu halten.“ Aber: Eine Prognose, wie sich der Markt in einem Vierteljahr gestalte, sei unseriös, so Engelhardt. Dies unterstrichen auch die Vertreter der anderen Industrie- und Handelsunternehmen. Selbst erfahrene Händler der Branche machten deutlich, dass sie eine ähnliche Situation noch nie erlebt hätten.

Die Preisbindung ist bei den Zulieferern so gut wie aufgehoben, weil derzeit niemand seriös kalkulieren könne, wie sich die Preise entwickelten – mit direkten Folgen für das Handwerk. Mark Gassmann, Chef des gleichnamigen Hanauer Unternehmens, schreibt gerade zuhauf Angebote für den Einbau von Hybridanlagen, die mehrere Energiequellen nutzt: in der Regel Öl oder Gas zusammen mit erneuerbaren Energien. Nur: „Einen Endpreis führe ich nicht auf. Der ist schlichtweg nicht kalkulierbar“, sagt der Unternehmer.

Handwerker-Sorgen in Hanau: Endpreis nicht mehr kalkulierbar

Ein großes Problem stellt für die Handwerker laut Mitteilung der Kreishandwerkerschaft auch das Informationsdefizit dar, das bei vielen Kunden falsche Erwartungen wecke. Nicht überall könne die Wärmepumpe eine Lösung sein. Jede Heizung müsse zum Gebäude passen: Größe und Beschaffenheit des Hauses, die Anzahl der Bewohner, Dachausrichtung, Heizkörper oder Fußbodenheizung und viele andere Faktoren spielen bei der Frage, welches Heizsystem das Beste ist, eine Rolle. Eine Wärmepumpe sei nicht in jedem Bestandsbau einsetzbar, auch wenn die Hersteller vermehrt auch Modelle für höhere Vorlauftemperaturen entwickelt haben. Je nach Zustand des Hauses muss aber die Dämmung von Dach, Fassade, Fenster oder Kellerdecke verbessert werden oder es müssen Flächenheizungen eingesetzt werden.

„Manchmal ist auch die Elektrik in Bestandsgebäuden nicht auf der Höhe der Zeit, um Wärmepumpen einzubauen. Manchmal fehlt auch ganzen Straßenzügen die erforderliche Elektroanbindung des Stromversorgers“, weiß Timo Fichtl aus Erfahrung zu berichten. In vielen Ortslagen seien die von der Politik vorgegebenen Ziele deshalb auch eine Wunschvorstellung und in der Realität kaum umsetzbar, beklagt der Fachmann. Bei den Kunden erzeuge dies großen Frust. Den Ärger müssten dann nicht selten die Handwerker ausbaden, so Fichtl laut Mitteilung. (Christian Dauber)

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