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Haus des Jugendrechts Hanau erhält Schwerpunkt Rechtsextremismus

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Von: David Scheck

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Auf der Zielgeraden: Das Haus des Jugendrechts in der Hanauer Altstadt soll – nach aktuellem Stand – im kommenden Sommer eröffnet werden.
Auf der Zielgeraden: Das Haus des Jugendrechts in der Hanauer Altstadt soll – nach aktuellem Stand – im kommenden Sommer eröffnet werden. © Patrick Scheiber

Im Rahmen eines Besuchs bei der Staatsanwaltschaft Hanau hatte Hessens Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck (CDU) Neuigkeiten in Bezug auf das Haus des Jugendrechts im Gepäck, das derzeit am Schlossplatz entsteht.

Hanau – Die – wie berichtet – mehrfach verschobene Eröffnung soll nun in diesem Sommer stattfinden. Zudem werde die Einrichtung, die sich der Prävention von Jugendkriminalität widmet, den Schwerpunkt Rechtsextremismus erhalten. Das wird sie von den anderen Häusern des Jugendrechts in Hessen unterscheiden, die jeweils keinen besonderen Schwerpunkt haben.

Der Rechtsextremismus sei eine große Bedrohung für Demokratie und Gesellschaft, verdeutlichte Poseck. Zur Bekämpfung setze man auf umfassende Ansätze – unter anderem die präventive Arbeit. „Durch das Haus des Jugendrechts wollen wir Jugendliche und junge Erwachsene aufklären und sensibilisieren sowie Verantwortliche und Entscheidungsträger durch geeignete Formate informieren, um extreme Tendenzen frühzeitig zu erkennen und eine Radikalisierung zu verhindern“, so der hessische Justizminister.

Haus des Jugendrechts Hanau: Festlegung auf Schwerpunkt Rechtsextremismus hat Symbolcharakter

Die Festlegung auf Hanau für einen Schwerpunkt Rechtsextremismus sei eine politische Entscheidung gewesen, sagte Poseck. Überlegungen in diese Richtung habe es zwar schon vor 2020 gegeben, wie Hanaus Leitende Oberstaatsanwältin Annette von Schmiedeberg erklärte. Dennoch hat Hanau als Standort einer Einrichtung zur präventiven Bekämpfung von Rechtsextremismus zweifelsohne großen Symbolcharakter vor dem Hintergrund des 19. Februar 2020.

Seinen Betrieb aufnehmen sollte das Hanauer Haus des Jugendrechts ursprünglich im Jahr 2019. Doch unter anderem sorgten Veränderungswünsche des Landes während des Gebäude-Umbaus für Zwist zwischen der städtischen Baugesellschaft, der das Gebäude gehört und die die Umgestaltung umsetzte, und den Landesbehördenrungen sowie für große Verzögerungen. Aktuell sind es die allseits bekannten Lieferengpässe, die den zuletzt kommunizierten Eröffnungstermin April auf den kommenden Sommer verschieben. Man warte derzeit auf die Lieferung von Sicherheitstüren, informierte Poseck. Der Justizminister zeigte sich aber optimistisch, dass es diesmal klappt mit der Inbetriebnahme – idealerweise sogar noch vor den Sommerferien.

Stippvisite: Justizminister Roman Poseck und Leitende Oberstaatsanwältin Annette von Schmiedeberg.
Stippvisite: Justizminister Roman Poseck und Leitende Oberstaatsanwältin Annette von Schmiedeberg. © Scheck

Er besuche alle Gerichte und Staatsanwaltschaften in Hessen, ließ Poseck wissen. In Hanau informierte er sich speziell über die täterorientierten Ermittlungen der vier Sonderdezernate. Die Staatsanwaltschaft Hanau verfügt seit 2021 über zwei Sonderdezernate für „Besonders auffällige Straftäterinnen und -täter unter 21 Jahren“, BASU21 genannt, sowie für „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“, kurz MIT. Außerdem erfolgte die Einrichtung jeweils eines weiteren Sonderdezernats zur Bearbeitung der Strafsachen gegen erwachsene „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“.

Dass sich die Bündelung in Sonderdezernaten bewährt habe, belegten laut Poseck auch die Zahlen: Im vergangenen Jahr wurden demnach bei der Staatsanwaltschaft Hanau insgesamt 317 Ermittlungsverfahren erfasst, die in den Sonderdezernaten für BASU21 sowie MIT eingetragen wurden. Mit 313 Ermittlungsverfahren überwiege der Anteil von Verfahren gegen Mehrfach- und Intensivtäter. Die Verfahren würden weit überwiegend mit Anklagen oder Strafbefehlen abgeschlossen. Für im Jahr 2022 eingegangene Ermittlungsverfahren betrage die Quote der Anklageerhebungen beziehungsweise Strafbefehlsbeantragungen 75,78 Prozent, was laut Poseck für eine konsequente Strafverfolgung bei der Staatsanwaltschaft Hanau spricht.

Hintergrund: BASU21 und MIT

Die BASU21-Konzeption („Besonders auffällige Straftäterinnen und -täter unter 21 Jahren“) bezieht sich auf junge Personen, bei denen mindestens fünf Straftaten, darunter ein Gewaltdelikt, im zurückliegenden Jahr registriert wurde. Auch Ersttäter, insbesondere Gewalttäter, bei denen bei ungehindertem Verlauf ein dauerhaftes Abgleiten in die Kriminalität zu befürchten ist, werden von dem Konzept umfasst. Als „Mehrfach-/Intensivtäterinnen und -täter“ werden Personen eingestuft, die wiederholt deliktsübergreifend im Bereich der Eigentumskriminalität oder mit Körperverletzungs- und Raubstraftaten in Erscheinung getreten sind (sogenanntes kriminelles Vorleben) und bei denen unter Berücksichtigung der Wirkungslosigkeit der bisherigen Straf- und Resozialisierungsmaßnahmen damit gerechnet werden muss, dass sie auch in Zukunft weiterhin Straftaten begehen werden (sogenannte Negativprognose). Bei der Einstufung in das MIT-Strafverfolgungskonzept werden unter anderen Personen mit mehr als zehn Straftaten innerhalb der letzten zwei Jahre berücksichtigt. Außerdem sind zur Bewertung die aufgebrachte kriminelle Energie, die rasche Abfolge der Straftaten und ein etwaiger Mangel an Einsichtsfähigkeit und Resozialisierungsbereitschaft einzubeziehen.

Die Abschlüsse der Verfahren gegen jugendliche oder heranwachsende MIT unterscheiden sich kaum von denen gegen erwachsene MIT: Im Jugendbereich komme es bei 78,57 Prozent zur Anklageerhebung und bei den Erwachsen in 75,83 Prozent der Sachverhalte, was in beiden Fällen über dem Durchschnitt liege.

Staatsanwaltschaft Hanau: Hohe Anklagequote und schnelle Verfahrensabschlüsse

Neben der hohen Anklagequote zeichne sich die Staatsanwaltschaft Hanau laut Justizminister auch durch zügige Verfahrensabschlüsse und durch zügige Vollstreckungen aus. So betrug die Bearbeitungsdauer der Ermittlungen bis zum Verfahrensabschluss gegen erwachsene MIT im staatsanwaltlichen Bereich im Durchschnitt 2,5 Monate, im amtsanwaltlichen Bereich 0,8 Monate. Verfahren gegen jugendliche oder heranwachsende MIT wurden durchschnittlich in 3,0 Monaten bearbeitet, wobei der zusätzliche Zeitaufwand hier mit der notwendigen Beiordnung von Pflichtverteidigern vor der ersten Vernehmung zu erklären sei. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Ermittlungsverfahren gegen BASU21-Probanden betrug demnach 2,7 Monate.

Gute Nachrichten hatte der Minister auch in Sachen Personal mitgebracht: Zwei der insgesamt 37 neuen Stellen, die in den hessischen Staatsanwaltschaften geschaffen werden, gehen nach Hanau. Der Stellenbesetzungsgrad in der hiesigen Staatsanwaltschaft sei mit 98 Prozent bereits sehr hoch, die Arbeitsbelastung allerdings auch, wie Poseck in den Gesprächen erfahren habe.

Von David Scheck

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