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Sichtbarkeit für queere Community in Hanau schaffen

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Der erste Christopher Street Day, kurz CSD, in Hanau 2019 war ein Riesenerfolg: Rund 1000 Teilnehmer feierten bei der Parade ein Fest der Vielfalt.
Der erste Christopher Street Day, kurz CSD, in Hanau 2019 war ein Riesenerfolg: Rund 1000 Teilnehmer feierten bei der Parade ein Fest der Vielfalt. Archivfoto: Reinhard Paul / © Reinhard Paul

Der Start war vielversprechend: 2018 gründete sich der Verein CSD Hanau, und schon ein Jahr später wurde der erste Christopher Street Day, kurz CSD, in der Brüder-Grimm-Stadt ausgerichtet. Und wurde ein Erfolg: Mit 1000 Teilnehmern übertraf die Parade, die so wie andernorts grundsätzlich als Demonstration angemeldet wird, alle Erwartungen der Organisatoren.

Hanau – Eine Neuauflage im Folgejahr war damit eigentlich ausgemachte Sache. Doch unruhige Zeiten im Vereinsvorstand mit etlichen Rücktritten und schließlich die Corona-Pandemie sorgten dafür, dass die Premiere vor drei Jahren bislang der einzige CSD in Hanau blieb – von einem Online-CSD in kleinerer Form 2020 im Rahmen von „Hanau daheim“ einmal abgesehen. Nun richtet der Verein, seit März dieses Jahres mit einem neuen Vorstand ausgestattet, den „Herbst-Pride“ aus.

Mit dem „Herbst-Pride“ soll eine politische Botschaft vermittelt werden

Für die Organisation eines CSD, der in der Regel im Juni oder Juli stattfindet, war die Zeit zu kurz, erzählt Silas Kropf, seit dem Frühjahr neuer CSD-Vorsitzender, im Gespräch mit unserer Zeitung. Dennoch wollte man nicht gänzlich auf eine Veranstaltung verzichten, und so entstand als Alternative die Idee des „Herbst-Pride“, der vom 16. bis 18. September rund um das Kulturzentrum Ajoki in der Alten Johanneskirche über die Bühne gehen wird.

Los geht es am Freitagabend, 16. September, mit einer Podiumsdiskussion, gefolgt von einer Demonstration zu Fuß vom Hanauer Hauptbahnhof zur Alten Johanneskirche am Samstag, 17. September, an die sich eine Kundgebung sowie ein Bühnenprogramm und abends eine Party anschließen. Am Sonntag, 18. September, klingt der „Herbst-Pride“ mit einem Brunch aus. Das vollständige Programm ist im Internet zu finden.

Silas Kropf
Silas Kropf © David Scheck

Auch ohne einen „richtigen“ CSD in diesem Jahr soll mit dem „Herbst-Pride“ eine politische Botschaft rüberkommen, macht Kropf deutlich. Es gehe darum, Sichtbarkeit in Hanau zu schaffen. Auch auf ihrer Internetseite machen die CSD-Verantwortlichen ihr Anliegen deutlich: „Dieses Jahr möchten wir den Fokus darauf legen, dass die queere Community ein offener und zugleich sicherer Ort sein soll, an dem sich alle Menschen aufgehoben fühlen. Dazu gehört es gegen Queerfeindlichkeit einzustehen und Rassismus, Diskriminierung sowie Ausgrenzung innerhalb und außerhalb der Community entschieden entgegenzutreten.“ Denn nach wie vor gebe es gesellschaftliche Missstände, bis hin zu Gewalt, wie die jüngsten Angriffe auf queere Menschen rund um die Konstablerwache in Frankfurt deutlich machten. Eine wirkliche Teilhabe sei „nicht erreicht“, sagt der Hanauer CSD-Vorsitzende.

Und in Hanau? Wie schätzt der 27-Jährige die Situation hier ein? Nach dem rassistisch motivierten Anschlag vom 19. Februar 2020 sei spürbar geworden, dass die Grimmstadt von Vielfalt geprägt sei, ist auch Kropf überzeugt. Da es aber hier keine sichtbare queere Community gebe, sei es entsprechend schwer, Orte in der Stadt auszumachen, die sicher – oder eben unsicher – seien. Dennoch sei eine Sicherheitsarchitektur im öffentlichen Raum wichtig. Freilich nicht nur für queere Menschen.

Verein CSD Hanau stand 2021 kurz vor der Auflösung

In diesem Zusammenhang erinnert Kropf an die gute, aber von der Stadt Hanau unglücklich kommunizierte Idee der Vielfalt-Parkplätze in der Tiefgarage unter dem Marktplatz. Die hatten wie berichtet bundesweite Aufmerksamkeit und teils heftige Reaktionen hervorgerufen. Dabei handele es sich, wie auch der CSD-Vorsitzende noch einmal klarstellt, um gut ausgeleuchtete Parkplätze, die ein Sicherheitsgefühl und einen zusätzlichen Schutz vermitteln sollen – und natürlich auch Menschen, die nicht aus der queeren Community kommen, zur Verfügung stehen. Doch das eine Tiefgaragenwand, die lediglich in fünf (Regenbogen-Farben angestrichen wurde, solche Reaktionen provoziere, zeige, „dass noch vieles im Argen liegt“.

Im Argen lag auch das Schicksal von CSD Hanau. Zuletzt stand der Verein Ende des vorigen Jahres vor der Auflösung, weil kein Vorstand zusammenkam. Der im März angetretene, siebenköpfige Vorstand ist nun für zwei Jahre gewählt und möchte nicht nur „Organisationsgremium für eine Veranstaltung im Jahr sein“, wie Kropf sagt. Deshalb will der Verein Bildungsarbeit leisten und bietet bereits offene Freizeitangebote an. So fand beispielsweise im Mai eine gemeinsame Wanderung statt. Und einen CSD? Den soll es im nächsten Jahr auch wieder geben, kündigt der Verein auf seiner Website an – sogar mit einem „versprochen“.

Infos im Internet: csdhanau.de/herbst-pride

Von David Scheck

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