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Müllautos haben‘s in Hanau schwer

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Von: Christian Spindler

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Das Fahren mit Müllwagen ist oft Zentimeterarbeit wie hier in der Erzbergerstraße. Und mitunter gibt es gar kein Durchkommen.
Das Fahren mit Müllwagen ist oft Zentimeterarbeit wie hier in der Erzbergerstraße. Und mitunter gibt es gar kein Durchkommen. © REINHARD PAUL

Bisweilen kommt einem der Vorführeffekt in die Quere. Dann klappt ausgerechnet bei der Demonstration genau das nicht, was man zeigen möchte. Beim Ortstermin, den die Hanauer Müllabfuhr in der Erzbergerstraße organisiert hatte, wurde indes eindrucksvoll das vorgeführt, mit dem die städtischen Müllwerker Tag für Tag zu kämpfen haben – unverhofft war sogar das uneinsichtige Verhalten von Bürgern inklusive.

Hanau - Nachdem das große Müllsammelfahrzeug des städtischen Eigenbetriebs Hanau Infrastruktur Service (HIS) in die schmale Straße eingebogen war, fuhr es gerade mal 300 Meter, dann war Schluss: Linkerhand eine Reihe geparkter Fahrzeuge am Fahrbahnrand, rechts eine große Limousine, die zwar auf einem Privatgrundstück abgestellt war, aber weit in den öffentlichen Gehweg hineinragte. Folge: kein Durchkommen für den 2,55 Meter breiten und über zehn Meter langen Sammel-Dreiachser. „Das passiert auf der Tour so oder so ähnlich praktisch jeden Freitag“, sagt Müllwerker Michael Röhrsheim. Freitags werden in dem Gebiet die Tonnen geleert.

Und dann? „Dann müssen wir bei den Leuten klingeln und hoffen, dass jemand da ist und das Auto wegfährt.“ Beim Ortstermin war zwar jemand da – die Einsicht ins Falschparken offenbar nicht. Vor sich hinschimpfend fuhr der Limousinenbesitzer den Wagen weg, der das Müllfahrzeug blockierte.

Manchmal muss die Stadtpolizei anrücken

Das Verhalten des Mannes ist kein Einzelfall, bestätigt Müllwerker Dominik Frischkorn. „Wir müssen uns manchmal einiges Schimpfen anhören.“ Solche Rückmeldungen bekommt auch Ralph Sterk, Abteilungsleiter bei HIS, von den Kollegen, die draußen im Einsatz sind. Dabei wollen die eigentlich „nur“ ihren Job machen. Das wird ihnen in „Problemvierteln“, in denen die Straßen schmal sind, durch Falschparker erschwert, manchmal gart unmöglich gemacht.

Wenn sich trotz Klingeln an den Haustüren niemand findet, der ein Auto, das im Weg ist, wegfahren kann, muss die Stadtpolizei alarmiert werden. „Wir haben damit immer wieder zu tun“, bestätigt eine Stadtpolizist am Rande des Pressetermins. Dann ist eine Halternachfrage angesagt. Im Schnitt dreimal pro Woche müssen HIS-Mitarbeiter die Stadtpolizei aber auch verständigen, um falsch geparkte Fahrzeuge abschleppen zu lassen. Das kann für die Falschparker übrigens teuer werden: Neben der Abschleppkosten kommen in der Regeln noch Anfahrtsgebühren und Verwarngelder dazu.

Mehr Breite nötig als gedacht

An Engstellen ist das Fahren mit den kamera-bestückten Müllwagen immer wieder Zentimeterarbeit. „Unsere Fahrzeuge benötigen eine Fahrbahnbreite von drei Metern, beim Rückwärtsfahren sogar von 3,55 Metern“, sagt HIS-Chef Markus Henrich, „darauf sollten alle Verkehrsteilnehmenden Rücksicht nehmen.“ Wenn aber wegen Falschparkern partout kein Durchkommen ist, droht nicht nur das Abschleppen. Auch für die Anwohner der betreffenden Straße hat das Folgen. „Dann müssen wir umständlich zurück rangieren“, sagt Ralph Sterk. Das kostet Zeit, verzögert die Touren. „Und es bleiben die restlichen Tonnen in der betreffenden Straße ungeleert.“

Die Engstellenproblematik gibt es nicht nur in der Nordweststadt, sondern unter anderem auch in der Steinheimer Altstadt oder im alten Ortskern von Großauheim, erklärt Eduard Grießmann, der bei HIS für die Routenplanung zuständig ist.

Flyer sollen sensibilisieren

Der städtische Eigenbetrieb HIS hatte Mitte des Jahres zwei sogenannte Engstellenfahrzeuge angeschafft, weil die gesetzlichen Vorschriften fürs Rangieren verschärft worden sind. Kosten für die beiden kleineren Müllwagen: 270 000 Euro. Sie werden unter anderem in Altstadtbereichen eingesetzt. Ansonsten nutzen die Müllwerker aber weiter die regulären Lkw. Anders wäre das auch nicht zu organisieren – und zu finanzieren. Denn die Engstellenfahrzeuge fassen mit 1,2 Tonnen nur einen Bruchteil der großen Fünf- bis Sechs-Tonner.

Mit neuen orangefarben Infoflyern, die Müllwerker an die Windschutzscheiben von falsch geparkte Autos heften, will man einerseits verwarnen, andererseits auch um Verständnis werben, weil offenbar vielen Bürger „schlicht nicht bewusst ist“, so Henrich, „wie viel Platz unsere Lkw tatsächlich benötigen.“ Gegen wiederholtes Falschparken will die Stadt indes härter vorgehen. „Der Flyer stellt eine erste Verwarnung dar. Merken wir dass ein und dieselbe Person immer wieder rücksichtslos den Weg versperrt, werden wir insbesondere in schwierig anzufahrenden Bereichen stärker kontrollieren und gegen Falschparker vorgehen“, kündigt der zuständige Stadtrat Thomas Morlock (FDP) an.

Die Problematik im Quartier um die Erzbergerstraße hat auch schon den Ortsbeirat beschäftigt. Ein rigoroses Parkverbot komme mit Rücksicht auf die Anwohner nicht in Frage, unterstreicht Ortsbeiratsmitglied Anne-Dorothea Stübing (BfH). In dem Viertel gibt es zudem eine Gemengelage, die man vielerorts antrifft: sanierte, aber alte Häuser mit schmalen Garagen, in die moderne Autos nicht passen oder die gar als Lagerraum zweckentfremdet wurden. Dazu kommt, dass viele Familien Zweit- oder gar Drittautos haben, die auf der Straße geparkt werden. Wenn die Straße dann auch noch eng ist, sind Probleme vorprogrammiert. Was tun in Fällen wie in der Erzbergerstraße, wenn Appelle nicht fruchten? Eine Lösung, die am Rande des Ortstermins zur Sprache kam: Dann müssten die Bürger die Tonnen zu Sammelplätzen karren. In kurzen Straßen gibt es das auch in Hanau; in langen wie der „Erzberger“ dürfte das kaum umzusetzen sein.

Von Christian Spindler

Müllwerker Dominik Frischkorn bringt einen der neuen Verwarnflyer an.
Müllwerker Dominik Frischkorn bringt einen der neuen Verwarnflyer an. © -

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