Kesselstädter öffnen wieder ihre Gärten

Ein schöner Garten muss nicht zwingend sehr groß sein. Das beweist das Kleinod, das sich Irith Wille auf dem Grundstück um ihren Altbau an der Castellstraße geschaffen hat. Am Wochenende nimmt die 61-Jährige erstmals am Kesselstädter Gartenportal teil. Es ist mittlerweile die fünfte Auflage der Veranstaltung, an der sich in diesem Jahr acht Gärten beteiligen.
Hanau – Von einem gepflegten Rasen über Sträucher und Bäume bis zur Wildwiese bieten die rund 350 Quadratmeter reichlich Abwechslung. „Hier habe ich die Möglichkeit, aufkleinem Raum ganz Unterschiedliches zu schaffen“, sagt Wille. Umgeben ist das Eckgrundstück von einer Hecke aus Feldahorn und Liguster, die Sichtschutz bieten. Im Garten gibt es in jeder Ecke etwas zu sehen: Die kleine Rasenfläche wird umsäumt von Hostas, Stauden, Ziergehölz sowie einem kleinen Teich. In der hinteren Ecke findet man einen Wildwuchs aus verschiedenen Sommerblumen und Stauden. Blickfang ist das gemütlich wirkende Gartenhäuschen. Alles wirkt ruhig und geordnet. Für den naturbelassenen Teil sorgt die Wildwiese, die nur einmal im Jahr gemäht wird und an der sich Insekten und Käfer laben. In der Wiese sind darüber hinaus zwei Hochbeete für Gemüse platziert. Auch die Rabatten, die Irith Wille angelegt hat, bieten eine Vielfalt unterschiedlichster Pflanzen. Die Wege und Sitzgelegenheiten sind aus Basalt und Sandstein gestaltet. Bei den kreisrund positionierten Sitz-Steinen findet man auch eine getöpferte Nautilus-Schnecke, die Namenspatin des Gartens ist. An der Ecke zur Straße hin steht eine riesige Eiche.

Jeden Baum, jeden Strauch kann Irith Wille mit dem Fachnamen benennen. „Ich habe Biologie mit Schwerpunkt Botanik studiert“, liefert die Gartenbesitzer auch gleich die Erklärung für ihr Expertenwissen mit. Beruflich ist sie allerdings in einem Bereich tätig. 2008 zog sie in den Altbau an der Castellstraße, dessen Renovierung zunächst die gesamte Aufmerksamkeit erforderte. Dann richtete Wille ihren Blick auf das Areal um das Haus. „Ich habe geschaut, wo Schatten fällt, wo Licht hinkommt, und habe meine Ideen aufgeschrieben“, erzählt sie. Mit einer Gartenexpertin wurden dann Pläne entwickelt und diese dann umgesetzt. Für die größeren Arbeiten wie das Pflastern der Wege oder das Setzen der schweren Sitzblöcke aus Sandstein beauftragte Wille ein Gartenbauunternehmen. Für dessen Input bei der Umsetzung ihrer Ideen war sie nicht nur dankbar, sondern sei auch darauf angewiesen gewesen, gibt die 61-Jährige zu. Seit zwei Jahren ist ihr Garten nun so, wie er sein soll. Gerade rechtzeitig, könnte man sagen. Denn Irith Wille arbeitet seit Beginn der Corona-Pandemie im Homeoffice, verbringt also viel Zeit zu Hause – das Grün vor dem Fenster immer im Blick. „Es ist wichtig, dass Leben im Garten ist“, findet sie. Auch wenn das zur Konsequenz hat, dass nicht immer alles perfekt ist – jedenfalls nicht in jenem Sinne, den viele andere Gartenbesitzer als „perfekt“ bezeichnen würden. Was Irith Wille meint, zeigt sie an ihrem Felsenbirnenbaum: An dem tun sich in diesen Tagen Vögel gütlich, wovon heruntergefallene Früchte und die tierischen Hinterlassenschaften auf dem Boden zeugen.

Auf chemische Hilfsmittel verzichtet Wille gänzlich, und auch mit dem Gerücht, dass ein solch vielfältig blühender Garten viel Arbeit mache, räumt sie auf: Rund zwei Stunden brauche sie wöchentlich für dessen Pflege. Wobei das Wässern, wie sie einräumt, von einer Sprinkleranlage übernommen wird. Anderen Gartenbesitzern wolle sie „Mut machen“, sagt Wille.
„Das Spannende am Garten ist ja die Veränderung“, sagt Stephanie Wölk, die Organisatorin des Kesselstädter Gartenportals. Bereits vor vier, fünf Jahren bemerkte sie beim Vorbeigehen: „Hier passiert etwas“. Doch Irith Wille fand, ihr Garten sei noch nicht soweit. In diesem Jahr sagte dann nach der erneuten Anfrage von Stephanie Wölk schließlich zu.
Willes Garten wird wie die der anderen Teilnehmer an einer Gießkanne am Eingang zu erkennen sein. Der Eintritt ist frei, über Spenden freuen sich die Gartenbesitzer, so Wölk. Hunde können auf Anfrage mit in die Gärten genommen werden.
Dass das Kesselstädter Gartenportal gut angenommen werde, zeigten die Besucherzahlen. So zählte Wölk im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben in ihrem Garten rund 100 am ersten und rund 150 am zweiten Tag.
Von David Scheck