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„Kostet einen Haufen Geld“: Stadtkirchengemeinde will Kreuzkirche verkaufen

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Von: Christian Dauber

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Die Kreuzkirche im Stadtteil Lamboy soll verkauft werden – weil sich die Gemeinde den Unterhalt nicht mehr leisten kann.
Die Kreuzkirche im Stadtteil Lamboy soll verkauft werden – weil sich die Gemeinde den Unterhalt nicht mehr leisten kann. © Christian Dauber

Weil die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu groß ist, will die Stadtkirchengemeinde Hanau ihre Kreuzkirche verkaufen. Die Kita bleibt vorerst bestehen.

Hanau – Diese Ankündigung ist ein Hammer: Die Stadtkirchengemeinde Hanau beabsichtigt, die Kreuzkirche im Stadtteil Lamboy/Tümpelgarten zu verkaufen, samt aller weiteren Gebäude. Darunter ist auch die gemeindeeigene Kindertagesstätte mit 80 Betreuungsplätzen. Deren Betrieb soll zunächst unverändert weiterlaufen.

„Wir können uns den Unterhalt nicht mehr leisten“, sagt Pfarrer Dr. Michael Ebersohn von der Stadtkirchengemeinde auf Nachfrage unserer Zeitung. Der Redaktion war ein Schreiben Ebersohns zugespielt worden, mit dem er die Eltern der Kita-Kinder über die Entwicklung informierte. Die 1965 erbaute Kirche sei mittlerweile eine Nummer zu groß. „Wir sind zu wenige geworden“, meint Ebersohn mit Blick auf den drastischen Rückgang der Mitgliederzahlen.

Kreuzkirche in Hanau: Anzahl der Mitglieder hat deutlich abgenommen

Vor 50 Jahren sei die damalige Kreuzkirchengemeinde, die 1954 aus der Johanneskirche ausgegliedert worden war, etwa 8000 Mitglieder stark gewese. Nach dem Zweiten Weltkrieg seien viele Menschen nach Lamboy-Tümpelgarten gezogen. Entsprechend habe die Kreuzkirchengemeinde starken Zulauf verspürt. „Man hat damals die Kirchen dorthin gebaut, wo die Leute wohnen“, sagt Ebersohn, der früher selbst bei der Kreuzkirchengemeinde tätig war, die 2014 in die Stadtkirchengemeinde eingegliedert wurde. Schon lange habe sich die Entwicklung umgekehrt.

Heute zähle die evangelische Kirche nur noch rund 1600 Mitglieder in diesem Gebiet. Da sich die Gemeinden vor allem über deren Beiträge finanzieren, klafft laut Ebersohn eine große Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben. „Der Unterhalt eines solchen Gebäudes kostet einen Haufen Geld. Wir als Kirche können es nicht mehr halten“, sagt der Pfarrer. Man sehe keine andere Lösung als den Verkauf. Die Entscheidung habe man sich nicht leicht gemacht, sondern es sei „ein Prozess“ gewesen, der sich über Jahre gezogen habe. Ende vergangenen Jahres habe der Kirchenvorstand den Beschluss gefasst.

Kreuzkirche in Hanau: Stadt macht Angestellten Übernahme-Angebot

Man werde das gesamte Kreuzkirchen-Areal an der Karl-Marx-Staße verkaufen, kündigt Ebersohn an. Also nicht nur das Gotteshaus samt Gemeindesaal, sondern auch jenes Gebäude, in dem sich derzeit noch die Kindertagesstätte befindet. Sie bietet 80 Plätze, sieben Angestellte arbeiten dort.

Der Kindergartenbetrieb in der Kreuzkirche in Hanau soll bis Sommer 2024 weiterlaufen.
Der Kindergartenbetrieb in der Kreuzkirche in Hanau soll bis Sommer 2024 weiterlaufen. © Christian Dauber

Weder das Personal noch die Eltern müssten sich Sorgen machen, ist der Pfarrer darum bemüht, keine Aufregung aufkommen zu lassen. Bis Sommer 2024 werde der Betrieb auf jeden Fall weiterlaufen. Man befinde sich mit der Stadt im „engen Austausch“ für eine langfristige Lösung. Die Gefahr, dass sich Erzieher und Erzieherinnen aufgrund der Unruhe bereits jetzt eine neue Stelle suchen könnten, ist Ebersohn bewusst. „Das kann sein, aber da stecken wir nicht drin“, betont er. Bislang habe er nicht den Eindruck, dass dies drohe. „Es wird niemand auf der Straße stehen“, macht der Pfarrer klar. Auch das Kinderhaus Regenbogen werde die Gemeinde nicht mehr weiterführen, kündigt er an. Die offene Einrichtung für Sechs- bis 14-Jährige betrieb die Stadtkirchengemeinde in einer Immobilie der Stadt in der Büdinger Straße. Der entsprechende Vertrag soll gekündigt werden.

Kreuzkirche in Hanau: Erwerb durch Stadt „nicht ausgeschlossen“

Hanaus Sozialdezernent Axel Weiss-Thiel erklärt im Gespräch mit unserer Zeitung, man habe die Entwicklung, dass Kirchen in Finanznot geraten, schon seit Langem mit Sorge beobachtet. „Ich bedaure die Entwicklung sehr“, betonte er. Den Beschäftigten sowohl der Kita Kreuzkirche wie auch des Kinderhauses Regenbogen werde die Stadt ein Übernahmeangebot machen. Zudem werde die Stadt natürlich ihrem gesetzlichen Sicherungsauftrag nachkommen und die 80 Kita-Plätze nach Sommer 2024 vorhalten. Ob die Kita an sich erhalten bleibe oder eine neue Einrichtung geschaffen werden müsse, vermag Weiss-Thiel nicht zu sagen. Dies hänge damit zusammen, an wen die kirchlichen Immobilien verkauft würden. Dazu sei man in engem Kontakt, sagt der Sozialdezernent.

Angemerkt: Kirche muss Kirche bleiben

Gemeinde verkauft Kirche. Das ist eine traurige Nachricht. Ja, die Gründe dafür leuchten ein. Der Unterhalt von Gebäuden kostet Geld. Und wer mehr Geld ausgibt, als er einnimmt, der kann so nicht weitermachen. Das gilt auch für Kirchengemeinden, selbst wenn diese nicht pleite gehen können. Dass Kirche in Finanznöte gerät, weil ihr die Mitglieder weglaufen – nicht nur in Hanau –, ist bedauerlich, die Gründe dafür vielfältig. Wer weniger Mitglieder hat, braucht auch weniger Gotteshäuser. Dennoch beschleicht einen bei diesem Schritt ein komisches Gefühl. Ein Gefühl, dass das nicht sein darf. Gotteshäuser haben ihren festen Platz. In ihnen wird man getauft, getraut, in ihnen trauert man auch. Sie sind Anker, mit ihnen wird man alt, sie gehören zum Stadtbild. Es bleibt das Gefühl: Ein Gotteshaus muss ein Gotteshaus bleiben.

Dass die Stadt als Käufer in Erscheinung treten könnte – gerade hat sie eine große Immobilie samt Spielwaren Brachmann in der Innenstadt erworben – schloss Weiss-Thiel nicht grundsätzlich „für alle Zeiten“ aus. Es sei aber nicht per se die Absicht der Stadt. Zudem müsse vor einer solchen Überlegung der bauliche Zustand der Gebäude begutachtet werden.

Kreuzkirche in Hanau: Eine Moschee steht nicht zur Debatte

Wie Pfarrer Ebersohn erläutert, könne und werde der Verkauf der Gebäude nicht von heute auf morgen über die Bühne gehen. Einen konkreten Interessenten gebe es noch nicht, zudem müsse die Gemeinde noch die Genehmigung der Landeskirche einholen. „Es wäre uns am liebsten, es übernimmt jemand alles in Gänze“. In jedem Fall werde die Kirche als Gebäude stehen bleiben, betont Ebersohn. Ein Abriss komme nicht in Frage, alleine schon aus Gründen des Denkmalschutzes.

Denkbar sei, dass jemand die Gebäude erwerbe und die Kirche als Veranstaltungsraum nutze – etwa eine ausländische Gemeinde. „Eine Moschee wird es nicht geben“, sagt Ebersohn. Eine künftige Nutzung müsse einem Zweck dienen, der dem christlichen Gedanken nicht widerspreche, – also ein christlicher oder ein neutraler. Ausgenommen von den Plänen sei nur das ehemalige Pfarrhaus, in dem sich lange Jahre das Gemeindebüro befand. Dieses sei schon vor längerer Zeit verkauft worden. Pfarrer Stefan Axmann sei in der Folge in das Gebäude der einstigen psychologischen Beratungsstelle umgezogen.

Es ist nicht das erste Mal, dass in einer Kirche der Region die Lichter ausgehen. In der Hanauer Hohen Tanne wurde 2007 sogar ein Gotteshaus abgerissen. Zumindest dieses Schicksal droht der Kreuzkirche wohl nicht. (Christian Dauber)

Ebenfalls aufgrund der finanziellen Lage haben sich bereits Kirchengemeinden in Hanau zusammengeschlossen: Seit 2021 bilden die beiden Pastoralverbünde Unsere Liebe Frau und Kirche am Fluss/St. Christopherus die Einheitspfarrei St. Klara und Franziskus – mit einem gemeinsamen Pfarrer, einem zentralen Pfarrbüro und gemeinsamen Ansprechpartnern.

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