Mannschaftsräume der Underwood-Kaserne werden zu Flüchtlingsunterkünften

In der stillgelegten Underwood-Kaserne in Hanau sollen im kommenden Jahr Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht werden.
Hanau - Soldier – Soldat – steht auf dem Schild an der roten Klinkerfassade. Von 1985 an waren hier, in der Underwood-Kaserne im Stadtteil Großauheim, die Soldaten des Patriot Batallion stationiert. Es war der einzige Patriot-Standort in Europa. Ende 2007 zog die US-Army sich komplett aus der Brüder-Grimm-Stadt zurück.
Seither liegt das Gelände mit den beiden Winkelgebäuden, der ehemaligen Kantine und den großzügigen Grünflächen davor im Dornröschenschlaf. Noch. „In den nächsten Tagen werden hier die Bauarbeiten beginnen“, erzählt Architekt Klaus Heim beim gemeinsamen Rundgang mit Sven Holzschuh, dem Leiter der städtischen Koordinierungsstelle Ukraine-Flüchtlinge.
Die Stadt hat die Gebäude von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) für einen „symbolischen Betrag“ zur Unterbringung von Flüchtlingen angemietet. Es sei ein Glücksfall für Hanau, dass diese Möglichkeit bestehe, hatte Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) vor einigen Tagen gesagt. Ab Januar 2024 sollen die ersten Menschen aus der Ukraine und aus Drittstaaten hier einziehen; 600 bis 700 werden es am Ende bei Vollbelegung sein. Für das Projekt sind 8,4 Millionen Euro im städtischen Haushalt eingestellt. Die Bima erstattet 90 Prozent der Kosten zur Wiederherstellung der Gebäude. „Aber wir gehen natürlich erst einmal in Vorleistung“, so Holzschuh.
Einen Steinwurf entfernt sind am Donnerstagmittag in den Leichtbauhallen nebenan die ersten 49 Flüchtlinge aus der Ukraine eingezogen. Die Hallen, die Platz für rund 350 Menschen bieten, werden vom Main-Kinzig-Kreis betrieben, die Mannschaftsräume von der Stadt Hanau.
Kabeldiebe wüteten in leerstehender Kaserne in Hanau
Klaus Heim und seine Kollegen vom Architekturbüro Urban Concept aus Hanau haben Erfahrung mit Konversionsflächen. Zur Landesgartenschau haben sie die Francois-Kaserne im Lamboy umgebaut, danach die Arbeiten rund um das Technische Rathaus am Hessen-Homburg-Platz und die Konversion der Kaserne Old Argonner begleitet. „Wir müssen Fernwärme und Strom erschließen, aber die Gebäude hier sind insgesamt in einem sehr guten Zustand“, erklärt Heim – auch wenn Kabeldiebe gewütet haben, weil die Häuser in all den Jahren offen und unbewacht waren.
Wir betreten das linke Gebäude von der hinteren Seite. Hier, im Erdgeschoss, hatten die Amerikaner neben der Verwaltung auch Lagerräume. Hinter einer großen Gittertür befand sich das Waffenlager, im Treppenhaus sieht man doch die Rohre für die Soldatenpost.

Jeweils 25 Quadratmeter groß sind die Zimmer in den beiden oberen Etagen, es gibt einen kleinen Vorraum, daneben ein kleines Bad mit Dusche, Waschbecken und Toilette. „Die Armaturen werden getauscht und die Einbauschränke demontiert und durch verschließbare Spinde ersetzt“, erzählt Heim beim Rundgang. Die Zimmer werden mit zwei Doppelstockbetten, einem Tisch und vier Stühlen, einer kleinen Küchenzeile und einem Schrank ausgestattet. Heim ist – genauso wie die Stadt – überzeugt, dass die Gebäude mit den rund 170 Appartements eine sehr gute Unterbringung möglich machen. „Besser als Turn- oder Leichtbauhallen und – wenn man perspektivisch denkt – auch nachhaltiger“, so Holzschuh.
Auf jeder Etage ist eine Gemeinschaftsküche geplant
Auch wenn die Verantwortlichen auf Selbstversorgung (in Hallen der größte Kostenblock bei der Flüchtlingsbetreuung) setzen, wird es auf jeder Etage einen Gemeinschaftsraum mit Küche geben, der bis zu 40 Personen Platz bieten soll. „Die Räume sind alle so vorhanden. Wir wären dumm, wenn wir sie nicht nutzen würden“, sagt der Architekt, der darauf hinweist, dass es im Erdgeschoss des zweiten Gebäudes sogar die Möglichkeit gibt, zwölf Appartements mit barrierefreiem Zugang einzurichten und Quarantäneräume vorzuhalten.

Im Erdgeschoss des linken Winkels werden fünf bis sechs Klassen- und Kindergartenräume für drei Gruppen eingerichtet. Volkshochschule, Stadtschulamt und der Eigenbetrieb Kita sitzen bereits in Planungsrunden zusammen, um den künftigen Betrieb zu besprechen. „Auch ehrenamtliche Angebote“, sagt Sven Holzschuh, „kann ich mir hier vorstellen.“ Schule, Sprachkurse und Kita sollen dann auch für die Flüchtlinge offenstehen, die aktuell auf Sportsfield untergebracht sind. Die Linie 6 der HSB soll künftig auch an der neuen Bushaltestelle auf Underwood halten.
Auf den Freiflächen zwischen den beiden Gebäuden sollen ein Schulhof und ein Spielplatz entstehen. „Wenn so viele Menschen hier auf so engem Raum zusammenleben, wird sich bestimmt viel draußen abspielen“, sind sich Holzschuh und Heim sicher.
Der alte Stein-Grill der US-Army, der neben einem großen Holzpavillon steht, ist noch im Dornröschenschlaf. Aber nächstes Jahr wird er bestimmt aufgeweckt. (Yvonne Backhaus-Arnold)
Im Interview äußert sich Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) zu Generationswechsel, Flüchtlingsfrage und Finanzen.