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Sie sammeln Pampers in der Pampa

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Von: Christian Spindler

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Sie sammeln auf, was andere achtlos wegwerfen oder vergessen haben: Maria Kircher (links) und Sabine Roth sind jede Woche stundenlang im Klein-Auheimer Wildpark unterwegs.
Sie sammeln auf, was andere achtlos wegwerfen oder vergessen haben: Maria Kircher (links) und Sabine Roth sind jede Woche stundenlang im Klein-Auheimer Wildpark unterwegs. © MORITZ GÖBEL/SCHEIBER

„Da liegt noch was“, sagt Maria Kircher und deutet links an den Wegesrand. Sabine Roth fährt die Greifzange aus und pickt quasi im Vorbeigehen das Bonbonpapier auf, das dann im Eimer landet. Wer mit Roth und Kircher durch den Klein-Auheimer Wildpark läuft, bekommt schnell einen anderen Blick. Einen Blick auf das, was am Boden liegt. Einen Blick auf das, was andere achtlos weggeworfen haben:

Klein-Auheim - Einen Blick auf das Papiertaschentuch an der Kletterbrücke auf dem Spielplatz, den Verschluss einer Cola-Flasche wenig weiter, die Corona-Schutzmaske im Sand oder Kippen, immer wieder Kippen. Das läppert sich so sehr, dass Maria Kircher und Sabine Roth jeden Montagmorgen drei Stunden lang all das aufsammeln, weil Besucher zu faul oder zu rücksichtslos waren, um ihre Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen.

Die beiden Frauen sind so etwas wie die guten Seelen in Sachen Müll im Wildpark. Ob Sonne oder Regen – bei Wind und Wetter sind die beiden im Dienste der Allgemeinheit unterwegs: ehrenamtlich.

Kippen landen einfach auf dem Boden

Montags in der Früh, noch bevor eine große Zahl von Besuchern in den Wildpark kommt, ist das Duo mit Greifzangen und Eimern unterwegs. Dabei kennen Roth und Kircher die neuralgischen Punkte. Etwa die Spielplätze. Oder die Bereiche um Sitzbänke vor Gehegen. Dort, wo sich besonders viele Besucher tummeln, bleibt auch der meiste Abfall zurück. Und besonders viele Kippen. „Das mit den Zigaretten ist wirklich fürchterlich“, sagt Sabine Roth. Während die Sprösslinge am Spielplatz tollen oder Wildschweine füttern, stehen manche Eltern rauchend daneben – und treten dann die Glimmstängel einfach auf dem Boden aus. Und das, obwohl im Wildpark Rauchverbot herrscht. „Aus gutem Grund“, sagt Sabine Roth. Insbesondere in den Sommermonaten ist die Waldbrandgefahr groß.

Allenthalben wird auf Schildern darauf hingewiesen. Was bei den meisten fruchtet, schert andere aber nicht. Und auch die Banner, die die Besucher dazu mahnen, ihre Abfälle tunlichst daheim zu entsorgen, verfehlen bei einigen ihre Wirkung. Vereinzelt werde kritisiert, so berichten Sabine Roth und auch Försterin Sabine Scholl, dass es zu wenige Mülleimer im Wildpark gebe. Stimmt nicht so ganz, sagt Roth. An Spielplätzen und besonders frequentierten Bereichen gebe es genügend. Zum anderen verzichte man bewusst darauf, an jeder Ecke Müllbehälter aufzustellen, unterstreicht auch Lutz Hofheinz, Leiter des für den Wildpark zuständigen Forstamts Hanau-Wolfgang. „Schließlich sind wir im Wald. Und dieser Charakter soll auch erhalten bleiben.“ Der Wildpark sei schließlich ein Freizeitort in der Natur und kein Vergnügungspark.

Zur Hoch-Coronazeit 100 Masken pro Woche eingesammelt

Je zwei Eimer voll Unrat sammeln Sabine Roth und Maria Kircher Montag für Montag ein. Je mehr Besucher am Wochenende da waren, desto mehr Abfälle bleiben zurück. Zu Hochzeiten von Corona seien bis zu 100 Schutzmasken darunter gewesen. Kircher: „Mittlerweile sind es immerhin noch um die 20.“

Und dann gibt es noch die „Pampers-Fraktion“, wie Roth sie nennt. Leute, die ihre Babys und Kleinkinder etwa auf einer Bank wickeln – und die Windeln kurzerhand unter der Bank oder hinter einem Baum entsorgen, gewissermaßen in der Pampa. „Pampers in der Pampa“, scherzt Roth, auch wenn das Verhalten mancher Zeitgenossen alles andere als lustig ist.

Wie sind die emsigen Ehrenamtlerinnen zu ihrem Job gekommen? Sabine Roth, die in Großkrotzenburg wohnt, hatte schon seit vielen Jahren einen engen Bezug zur „Alten Fasanerie“. „Ich war nach der Arbeit zweimal in der Woche zum Spazieren hier.“ Über die städtische Freiwilligenagentur erfuhr sie, dass Helfer gesucht werden – und sagte zu.

Zur Belohnung gibt‘s Kaffee und Worte des Lobes

Ähnlich war es bei Maria Kircher. „Ich wollte mich einen Tag pro Woche ehrenamtlich engagieren.“ Über die Ehrenamtsagentur kam auch sie dazu. Seit 2019 sind Kircher und Roth zusammen jede Woche mit Greifzangen und Mülleimern im Einsatz und verbinden das Nützliche mit dem Angenehmen. Das Abfallsammeln mit dem Spazierengehen zwischen den Wildtiergehegen. Auf die Frage, wie lange denn jedes Mal die Wegstrecken sind, blicken beide auf ihre Fitnessuhren. 2,8 Kilometer zeigt die von Sabine Roth an diesem Montag. Und die Rundtour ist noch nicht zu Ende. Auf 10 000 bis 12 000 Schritte kommt Maria Kircher wöchentlich in der Fasanerie. „Aber ich mache kleine Schritte“, lacht sie.

Am Ende der drei Stunden steht meist eine Pause mit Kaffee, den Maria Kircher mitbringt. Obendrein gibt’s ab und an auch Lob von Besuchern, die das Duo beim Müllsammeln sehen. „Die sagen dann, sie finden das toll, was wir machen“, berichtet Roth. Eine Anerkennung, die mehr als gerechtfertigt ist.

Von Christian Spindler

An frequentierten Stellen stehen große Müllbehälter. Trotzdem landet stets viel Abfall in der Natur.
An frequentierten Stellen stehen große Müllbehälter. Trotzdem landet stets viel Abfall in der Natur. © -
Auch Corona-Schutzmasken gehören zum Unrat, der im Wildpark zurückbleibt.
Auch Corona-Schutzmasken gehören zum Unrat, der im Wildpark zurückbleibt. © -

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