Rätselhafter Hochsitzmord: Was geschah mit Michael Walter und Petra Wohland?

Petra Wohland und Michael Walter träumten von einer gemeinsamen Zukunft. Daraus wurde nichts. Vor 40 Jahren wurden sie getötet - das Verbrechen ist bis heute nicht aufgeklärt.
Main-Kinzig-Kreis/Hanau – Donnerstag, 28. Juni 1979: Jugendliche treffen sich vor dem Bürgerhaus im Linsengerichter Ortsteil Altenhaßlau. „Sie verbringen ihre Freizeit nach ihrem eigenen Geschmack“ – heißt es im Beitrag „Hochsitzmord“ der ZDF-Fernsehsendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“, die im Internet auf Youtube abrufbar ist. Gegen 19 Uhr werden der aus Gründau-Liebos stammende Michael Walter und Petra Wohland, Schülerin des Grimmelshausen-Gymnasiums in ihrer Heimatstadt Gelnhausen, letztmalig vor dem Bürgerhaus gesehen. Sie brausen mit dem Mofa des Maler-Lehrlings zu einem Hochsitz unweit von Altenhaßlau, einer ihrer Lieblingsplätze.
Auf dem Weg begegnen sie einem Schäfer. Es ist inzwischen etwa 19.30 Uhr. Er ist vermutlich der Letzte, der Michael Walter und Petra Wohland lebend gesehen hat. Als der Schäfer in der Zeitung liest, dass das Pärchen vermisst wird, führt er die Polizei zu dem Mofa, das auch Tage später noch an einem Gatter lehnt. Die Kripo findet unweit des Hochsitzes die Leiche von Michael Walter. Er wurde mit sechs Messerstichen getötet und mit seinen eigenen Schnürsenkeln gefesselt.
Leiche von Petra Wohland in Flutgraben gefunden – erst siebeneinhalb Monate nach dem Mord
Petra Wohland bleibt siebeneinhalb Monate lang vermisst, dann wird auch ihre Leiche in einem Flutgraben zwischen Gelnhausen-Haitz und Biebergemünd-Neuwirtheim entdeckt.
Rund 30 Bände umfassen Berichte, Zeugenaussagen, Fotos und Beweismaterial. Der Blick hinein erschaudert auch erfahrene Ermittler. Wer das junge Paar getötet hat, ist bis heute völlig unklar. Doch die Ermittler lassen diese Taten auch 40 Jahre später nicht ruhen. „Wir greifen solche Fälle immer wieder auf“, sagt Oberstaatsanwalt Dominik Mies von der Staatsanwaltschaft Hanau. Es finden regelmäßige Überprüfungen statt, ob sich vor allem aufgrund verbesserter technischer Untersuchungsmöglichkeiten neue Ermittlungsansätze ergeben. Zuletzt waren alle Asservate aus diesem Fall, die bei der Staatsanwaltschaft gelagert werden, 2007 untersucht worden, darunter Kleidungsstücke von Michael Walter. „Die Kriminaltechnologie hat sich natürlich auch seitdem weiterentwickelt“, sagt Mies und meint: „Sollte der Mörder von Michael Walter und Petra Wohland heute noch frei herumlaufen, kann er immer noch überführt werden.“
Otto Burger wird zu 15 Jahren Haft verurteilt – ist er der Mörder von Petra Wohland und Michael Walter
Dabei waren sich die Ermittler Anfang der 1980er-Jahre schon sicher, den Mörder gefunden zu haben. Otto Burger aus dem Gründauer Ortsteil Gettenbach wurde 1984 zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er zwei Jahre zuvor ein Liebespärchen umgebracht haben soll: Der 19-jährige Axel K. aus Büdingen-Wolferborn wurde im Juli 1982 mit Kopfschüssen und Messerstichen getötet in einem Gerstenfeld bei Brachttal-Spielberg gefunden, die Leiche seiner 18-jährigen Freundin Sabine P. aus Wächtersbach-Leisenwald zehn Tage später von Campern im Wald bei Hain-Gründau entdeckt. Aber: Es war ein Indizienprozess am Landgericht Hanau, der damals 35-jährige Otto Burger schwieg zu allen Vorwürfen bis zu seinem Tod im Jahr 1997 – nur zwei Wochen nach seiner Entlassung.

Die Parallelen zum Fall Walter/Wohland sind jedoch unverkennbar und es gibt noch eine weitere Tat, die Burger zugerechnet werden könnte: 1978 wurde auf einem Feldweg in Haingründau ein Liebespärchen im Auto gestoppt. Als sie flüchteten, wurde dreimal in die Heckscheibe ihres Wagens geschossen. Diese Waffe wurde später auf dem Anwesen von Burger gefunden, insgesamt stellten die Ermittler dort ein Arsenal mit 80 Schusswaffen sicher.
Mordfall von Petra Wohland und Michael Walter hat mysteriöse Züge – was geschah wirklich?
Aber hat Otto Burger tatsächlich Michael Walter und Petra Wohland ermordet? Für eine Anklage reichte die Beweislage damals nicht aus, einzig die Ähnlichkeit zu dem Fall in Brachttal scheint auffällig. Viele Jahre wurde in Gründau anschließend nicht mehr über den mutmaßlichen Mörder gesprochen, bis zum April 2015: Da wurden zwei Leichen im Elternhaus von Otto Burger gefunden. Zunächst verstarb sein Bruder eines natürlichen Todes, dann die pflegebedürftige Mutter mangels Versorgung.

Theorien über den Doppel-Mord an Petra Wohland und Michael Walter gab es viele. Dem Maler-Lehrling wurden Kontakte in die Frankfurter Drogenszene nachgesagt, zwei US-Soldaten standen unter Verdacht und der Bruder von Michael Walter hält bis heute seine Version aufrecht, dass ein Freund aus der damaligen Jugend-Clique die Taten begangen haben soll. „Das wurde in den vergangenen Jahren alles abgeklopft“, sagt Mies. Es fanden sich keine Anhaltspunkte.
Dass der Fall durchaus mysteriöse Züge hat, beschreibt ein Detail aus den Ermittlungsakten: Nach dem Fund der Leiche von Petra Wohland waren sich die Ermittler vor knapp 40 Jahren nicht einig, wann sie tatsächlich zu Tode kam.
Obduktion von Petra Wohland nicht möglich – Todesursache unklar
Während die Rechtsmediziner davon ausgingen, dass sie wie Michael Walter am 28. Juni ermordet wurde, dann in den Flutgraben verbracht wurde und dort monatelang im Wasser lag, ermittelte die Kripo, dass sie zumindest im August/September 1979 vermutlich dort noch nicht gelegen hat. In diesen Monaten wurden dort Hochspannungsleitungen gebaut. Die dafür verwendeten Kabel sollen genau am Fundort gelagert worden sein. Die Arbeiter hätten laut Auffassung der Kripo die Leiche von Petra Wohland auf jeden Fall finden müssen. Ungeklärt ist bis heute auch, wie die 14-Jährige ums Leben kam. Eine Obduktion war angesichts der langen Liegezeit der Leiche nicht mehr möglich.

Michael Walter und Petra Wohland – Schulkameraden und Freunde haben sie bis heute nicht vergessen. Vor allem bei Klassentreffen wird immer wieder an sie gedacht. Der „Hochsitzmord“, wie er bei „Aktenzeichen XY…ungelöst“ betitelt wurde, hat eine ganze Region erschüttert. Und nicht nur die Angehörigen wünschen sich, dass dieser Fall nach 40 Jahren endlich aufgeklärt werden kann.
Bericht im Fernsehen: Am Mittwoch befasst sich auch „Hallo Deutschland“ (ZDF, 17.10 Uhr) mit dem Fall
Von Andreas Ziegert
Schreckliche Bluttat in Hanau: Ein Mann soll seinen eigenen Vater erstochen haben.
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