Sandstrand hinterm Hanauer Rathaus geplant

Engin Dogan bringt Farbe an die Fassade. Und das im ganz großen Stil. Alles an dem Projekt ist groß. Das Gerüst und auch das Kunstwerk, mit dem Dogan die Außenwand des Parkhauses Am Forum in der Straße Am Frankfurter Tor gestaltet. „Es ist mit 2000 Quadratmetern europaweit das größte Vorhaben dieser Art“, sagt Daniel Freimuth, Operativer Leiter der städtischen Hanau Marketing GmbH.
Schon „in vier bis sechs Wochen“ soll das Riesenwerk fertig sein. Auch das ist rekordverdächtig. Das Projekt ist eines von vielen in Hanau, die über mehrere Förderprogramme von Bund und Land finanziert werden und die die durch den Online-Handel und durch Corona arg gebeutelten Innenstädte aufwerten und stärken sollen. Die Fördertöpfe seien gut gefüllt, sagt Freimuth. Und Hanau hat sich dank guter Ideen mit Geschick recht viel davon gesichert. Auch das zwischenzeitliche Hickhack um 3,75 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“, die Hanau bis 2025 zugesagt waren, die aber lange nicht flossen, ist beigelegt (wir berichteten). Was soll in der Brüder-Grimm-Stadt alles passieren mit den Fördergeldern aus insgesamt fünf Förderprogrammen?
Die große Kunst am Parkhaus ist das eine. Hanau hat aus einem Fassadenprogramm des Landes, für das neun Städte ausgewählt wurden, insgesamt 60 000 Euro bekommen und damit den Zuschlag für weitere Fassadenkunst im Bereich Hospitalstraße. Das geplante Schwarz-Weiß-Werk wird von Larissa Bertonasco gestaltet, erläutern Freimuth und Markus Henrich, Chef des städtischen Eigenbetriebs Hanau Infrastruktur Service (HIS), beim Gang durch die Langstraße. Die ist unlängst zur Fußgängerzone umgewidmet worden und soll eine Arzt Keimzelle für verschiedene Projekte und Aktionen werden – „unsere Experimentierfläche“, sagt Freimuth, während Henrich auf dem kleinen Parkplatz an der Langstraße („Wolle-Rödel-Parkplatz“) gegenüber dem Rathaus-Verwaltungsbau mit Händen skizziert, wo was hinkommen könnte: Hinter den neuen Fahrradboxen ist eine öffentliche Toilettenanlage geplant – mit einer ausgeklügelten Selbstreinigungstechnik, heißt es.
Liegestühle, Gastro, Veranstaltungen
Überhaupt will die HMG in Kürze die Kampagne „Nette Toilette“ starten. Läden und Gastrobetriebe, die jedermann die Nutzung ihrer WCs gestatteten, sollen das durch ein Signet am Eingang kundtun. Eine vermeintliche Kleinigkeit. „Aber Untersuchungen haben ergeben“, so Freimuth, „dass öffentliche Toiletten in der Kundenbewertung für die Attraktivität einer Einkaufsstadt durchaus wichtig sind.“
Spektakulärste Idee für den Parkplatz ist ein „City-Beach“, eine aufgeschüttete Sandfläche zum Beispiel mit Liegestühlen, kleiner Gastronomie, eventuell Veranstaltungen. „Technisch wäre so ein City-Beach relativ einfach herzustellen“, sagt Henrich.
Überhaupt will man die Langstraße, wo die Stadt dieses Jahr an 20 Samstagen eine „Kindermeile“ mit Spiel- und Bastelangeboten anbietet, aufwerten. Im westlichen Teil hat sich schon was getan. Dort sind Gastrobereiche entstanden, etwa vor einem neuen Burger-Restaurant. Spiel- und Sportgeräte sowie Sitzgelegenheiten könnten außerdem aufgestellt werden, um die jetzt eher triste Straße aufzupeppen. „Es wird sich etwas tun“, verspricht der HIS-Chef; das Meiste zur kommenden Freiluftsaison.
Große Nachfrage nach Pop-up-Stores
Aus vier Programmen von Bund und Land fließen insgesamt 900 000 Euro in die Hanauer Innenstadt, dazu in den nächsten drei Jahren besagte 3,75 Millionen Euro an Innenstadtförderung aus Berlin. Aus diesem Topf will man auch weitere Pop-up-Stores anbieten: Ladenfläche, auf denen Geschäftsgründer dank umsatzabhängiger Mieten ihre Ideen ausprobieren können. Drei wurden bisher umgesetzt. Bis 2025 sollen laut Freimuth „sechs bis sieben neuen Flächen“ folgen. Es gebe um die 50 Interessenten, so der HMG-Leiter: „Die Nachfrage ist gigantisch.“ Von Mode über Gastronomie bis zum Küchenstudio reicht angeblich die Bandbreite. Freimuth: „Fünf bis sechs Konzepte sind recht konkret.“ So gibt es Pläne für eine „Brettspielbar“, eine Lokalität, in der analogem Spielen gefrönt werden kann.
Außerdem ist in der City eine Anlaufstelle für Einzelhändler und Gastronomen geplant. Die sollen sich dort beispielsweise über Laden- oder Schaufenstergestaltung informieren können. Und Einkäufern in der Stadt will man unter anderem eine Gepäckaufbewahrung oder einen Lieferdienst bieten, schwebt Freimuth vor. Wo die Servicestelle eingerichtet wird, stehe noch nicht fest. „Möglichst in Marktplatznähe“, sagt Freimuth. Eventuell könnte das Erdgeschoss des Rathaus-Verwaltungsbaus infrage kommen. Das steht nach dem Umzug der Bürgerbüros ins City-Center jedenfalls leer.
„Parking Day“ zeigt, wie‘s geht
Aus Mitteln des Programms soll auch die Stelle eines City-Managers finanziert werden. Der Posten soll mit dem ehemaligen Hanauer Saturn-Leiter Norbert Schalinsky besetzt werden.
Zu der Fülle an Einzelmaßnahmen wie etwa einer Aufwertung der Außengastronomie in der gesamten City, die über die Förderprogramme finanziert werden, gehören auch verschiedene Veranstaltungen. Die Stadt beteiligt sich außerdem vom 16. bis 18. September am „Parking Day“, einer seit 2005 alljährlich ausgerufenen Aktion zur Re-Urbanisierung von Städten. Dabei soll vorgeführt werden, wie man Parkplätze in Innenstädten anderweitig nutzen kann. Unter anderem ist an dem Wochenende der Schlossplatz autofrei; es wird ein Programm geboten. Damit will man zeigen, „wie der Schlossplatz der Zukunft wirken könnte“, sagt Daniel Freimuth.
Von Christian Spindler

