Hanau jetzt Großstadt? Land schiebt zunächst Riegel vor

Hanau hat eine entscheidende Einwohnerzahl überschritten. Damit erreicht die Stadt den Großstadt-Status – zumindest nach eigener Rechnung.
Hanau – Endlich Großstadt: Just am Tag der Amtseinführung von Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD), mit der er seine vierte Amtszeit beginnt, präsentierte die Stadt Hanau mit dem wenige Tage alten Fionn Berger ihren 100 000. Einwohner. Dies bringt zwar außer einer Imageförderung keine Veränderungen für die Bürger mit sich, ist aber beispielsweise für den nach wie vor angestrebten Weg in die Kreisfreiheit notwendig. Doch bislang ist Hanau nur nach eigener Rechnung im Klub der „Großen“ – denn das Land Hessen rechnet anders.
Darauf macht auch die Stadt in ihrer Mitteilung anlässlich des 100 000. Einwohners aufmerksam. Denn im Rathaus beruft man sich auf die Zahlen des Kommunalen Gebietsrechenzentrums, nach denen die Brüder-Grimm-Stadt seit dem 9. September – dem Geburtstag des kleinen Fionn aus Steinheim – eine sechsstellige Einwohnerzahl hat.
Hanau laut Rechnung des Landes noch keine Großstadt
Ausschlaggebend für die offizielle Einstufung als Großstadt (und auch für die Festlegung der Steuer-Schlüsselzuweisungen) sind aber die Angaben des Landes. Und wie das Statistische Landesamt in Wiesbaden auf Nachfrage mitteilt, beträgt Hanaus aktuelle Bevölkerungszahl (Stand: Ende Mai 2021) demnach nur 97 358. Nach Rechnung des Landes fehlen also noch 2642 Neu-Hanauerinnen oder Neu-Hanauer. Die Diskrepanz ergibt sich aus den unterschiedlichen Quellen, die Kommunen beziehungsweise das Statistische Landesamt für die Erhebung heranziehen:
Die Stadt Hanau hat sich nach eigenen Angaben entschieden, sich auf die Zahlen des Kommunalen Gebietsrechenzentrums zu beziehen, weil dort die täglichen Veränderungen durch Zuzug und Wegzug sowie durch Geburt und Tod erfasst werden. Die Angaben des Statistischen Landesamtes dagegen basieren auf Erhebungen des Zensus vom Mai 2011 beziehungsweise auf dessen Fortschreibung.
„Großstadt“ Hanau: Land Hessen greift bei Berechnung auf Zensus zurück
Obwohl laut Erläuterung des Statistischen Landesamtes in beiden Quellen die gleichen Fortschreibungskomponenten (Geburten, Sterbefälle, Zu- und Fortzüge) eingehen – allerdings mit unterschiedlicher Verarbeitungsmethodik – sind zwischen den Einwohnerzahlen nach Ergebnissen der Melderegister und der statistischen Bevölkerungsfortschreibung zum Teil deutliche Differenzen festzustellen.
Unterschiede zwischen den Einwohnerzahlen nach den gemeindlichen Melderegistern und den Ergebnissen der amtlichen Bevölkerungsfortschreibung hätten verschiedene Ursachen: Die statistische amtliche Bevölkerungsfortschreibung basiert auf den Ergebnissen des Zensus 2011. Aufgrund des sogenannten „Rückspielverbotes“ durfte jedoch keine Rückübermittlung der vorgenommenen Korrekturen an die kommunalen Melderegister erfolgen. Die Konsequenz sind unterschiedliche Ausgangsbestände zum Zensusstichtag 2011 im Melderegister und für die Bevölkerungsfortschreibung, so die Wiesbadener Behörde.
Hanau als Großstadt: Statistisches Landesamt verarbeitet Zahlen monatsweise
Hinzu kommt, dass jedes Fortschreibungssystem mit zunehmender Entfernung vom Basiszeitpunkt ungenauer werde. Die Differenzen seien teilweise auch bedingt durch die zeitlich unterschiedliche Verarbeitung von Zu- und Abgängen: Während die Melderegister tagesaktuell geführt werden können, verarbeitet das Statistische Landesamt die Datenlieferungen der hessischen Städte und Gemeinden monatsweise.
Diese gelieferten Daten enthalten zum Beispiel auch Zu- und Fortzüge, die sich bereits in Vormonaten ereignet haben. Darüber hinaus wird in der Statistik ein Fortzug aus einer Kommune erst dann verbucht, wenn die neue Zielgemeinde diesen Fall als Zugang an das Statistische Landesamt gemeldet hat. Daher können, so das Landesamt, zu einem Stichtag in der Regel die Einwohnerzahlen im Melderegister nicht mit den Ergebnissen der Bevölkerungsfortschreibung übereinstimmen. (David Scheck)