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Tauben verunreinigen Hanauer Hauptbahnhof und Marktplatz

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Stadttauben tummeln sich in großer Zahl auch auf dem Marktplatz: An einigen Stellen sollen sie durch Netze oder Metallnägel abgehalten werden – mit manchmal zweifelhaftem Erfolg.
Stadttauben tummeln sich in großer Zahl auch auf dem Marktplatz: An einigen Stellen sollen sie durch Netze oder Metallnägel abgehalten werden – mit manchmal zweifelhaftem Erfolg. © Patrick Scheiber/Ulrike Pongratz

Ein Leser hat uns auf den Taubendreck am Hauptbahnhof aufmerksam gemacht. Die Tauben würden sogar hinter die offene Verkaufstheke der Bäckerei laufen. Diese Szene hatte er mit seinem Handy dokumentiert.

Hanau - Wer aber ist zuständig für Stadttauben am Bahnhof? Anfragen beim Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz sowie der Deutschen Bahn blieben unbeantwortet. Auskunft geben konnten Dr. Monika Brosien und Sarah Jarche vom Vogelschutzverein Erlensee. Deren Aussage nach sind Behörden hier in der Regel nicht zuständig. „Stadttauben fallen in eine, ich nenne es Gesetzeslücke. Denn sie sind weder Wild- noch Haustiere. Das ist ziemlich kompliziert. Daher ist meistens nur das Ordnungsamt zuständig oder das Veterinäramt, je nachdem, was für ein Problem auftritt.“

Wir treffen Sarah Jarche am Hauptbahnhof, wo sie die Probleme erläutert: Stadttauben sind ehemalige Haustiere. Sie wurden in Schlägen unter dem Dach gehalten, Eier und Fleisch dienten der Ernährung der Menschen. Der Mensch hat die Tauben so gezüchtet, dass sie bis zu zwölf Mal im Jahr brüten. „Egal, wie schlecht ihre Lebensbedingungen auch sind, die Stadttauben brüten“, so Jarche. Stadttauben sind zudem standorttreu, sie lassen sich nicht so einfach vertreiben. Unter den Stadttauben findet sich auch die eine oder andere Rassetaube. Sarah Jarche entdeckt mit geübtem Blick hoch oben unter dem Dach eine braune Taube: „Das ist eine Zuchttaube oder eine Kreuzung aus Rasse- und Stadttaube.“

Am Bahnhof gibt‘s rund um die Uhr Futter

Dem Hanauer Hauptbahnhof bleiben die Stadttauben treu, egal ob Drähte quer gespannt oder nagelähnliche Spieße nach oben gestellt sind. Die Tauben sitzen dazwischen. Auch wenn es unbequem ist. In der Bahnhofshalle ist es warm und trocken. Federn und ätzender Taubenkot markieren die beliebtesten Rastplätze der Vögel, die praktisch überall zu finden sind: auf den Dachvorsprüngen der Verkaufsstellen, auf Leuchtschildern und Stelltafeln in der Bahnhofshalle, am Bahnsteig auf den Dächern der Aufzüge und auf Anzeigeschildern. Die Taubenabwehr mag die Anzahl der Tiere reduzieren. Sauber halten lassen sich diese Sitzplätze aber nicht. Extrem dreckig ist es unter den Schlafplätzen der Vögel in der Fahrradhalle.

Für die Tiere gibt es am Bahnhof rund um die Uhr Futter. Ohne Scheu vor der Hektik und Betriebsamkeit picken die Tauben Brotkrümel auf und alles, was die Menschen fallen lassen. Dennoch geht es den Bahnhofstauben nicht gut. Ihr Gefieder sieht schmutzig und zerzaust aus. „Tauben, die in der Obhut der Menschen bleiben, können bis zu 20 Jahre alt werden, freie Stadttauben hingegen leben oft nur zwei bis drei Jahre“, sagt Jarche.

Spezialfirma muss Dreck beseitigen

Furchtbar für die Tauben sei die Situation während Bauarbeiten gewesen, als die Tauben ihre Nester in die offenen Mauerschlitze bauten, die dann wieder zugemacht worden seien – egal, ob mit oder ohne Jungvogel im Nest. Auch während des Umbaus des Neustädter Rathauses waren die Stadttauben Thema und wurden zum Problem. Weil Fenster oder Türen ausgebaut waren oder offen standen, gelangten Tauben in das entkernte Innere – und blieben dort. Bis zu 30 Tauben tummelten sich zeitweise in dem Bau. Mit Folgen.

Eine Spezialfirma musste wegen der Kotmengen zur Reinigung anrücken, damit die Bauarbeiter ohne Gesundheitsgefahren zu Werke gehen konnten. 20 000 Euro kostete die Taubenkot-Beseitigung. An vielen Stellen werden die Tauben mittlerweile vertrieben. Weil Mauervorsprünge und Fenstersimse an der renovierten Rathaus-Fassade binnen kürzester Zeit verdreckt waren, kam man nicht umhin, überall metallene Stachelreihen zu installieren, um die Tauben abzuhalten, erläuterte damals Hiltrud Herbst, Leiterin des städtischen Eigenbetriebs Immobilien und Baumanagement.

Tiere lassen sich nicht so einfach vertreiben

Auch an anderer Stelle wurden Netze und Spikes zur Taubenabwehr angebracht. „Die Tauben haben vorher auf dem Vordach des Kaufhof-Gebäudes genistet. Jetzt können sie nicht mehr dort schlafen und nisten. Sie sitzen nun auf den Bäumen und koten auf den Weg neben der Bäckerei und auf die Sitzplätze dort“, beschreibt Sarah Jarche die dortige Situation. Die Vögel versuchten, mit aller Gewalt unter das Netz zu kommen. Schon mehrfach hätten sich Tauben im Netz verfangen und mussten von der Feuerwehr befreit werden, so Jarche. Bei der Anbringung des Netzes seien die Jungtiere „von der Firma entfernt und in einer Plastiktüte an uns übergeben“ worden, so Sarah Jarche.

Die Tauben ließen sich nicht so einfach vertreiben, sagt die Expertin. Eine Lösung, die Mensch und Tier gerecht werde, liege in einem Angebot von Nist- und Schlafplätzen und in der Kontrolle der Gelege, wie es beispielsweise am Hafen und am Kanaltorplatz mit den Taubenhäusern umgesetzt werde. Hier kümmern sich ehrenamtliche Vogelschützer darum, dass die Tiere gut versorgt sind. Nach Aussagen der Stadt wurde über Jahre hinweg immer wieder vergeblich nach einem geeigneten Standort für ein weiteres Taubenhaus in der Innenstadt gesucht. Geprüft wurden nicht nur städtische, sondern auch private Immobilien und dabei insbesondere Dachflächen. Am Ende dieses Suchverfahrens wurde am Kanaltorplatz eine freie Fläche gefunden, die entsprechend für diesen Zweck ertüchtigt wurde.

Jedes Jahr 10000 Euro kosten

Überdies leiste die Stadt immer wieder Aufklärungsarbeit, um dafür zu sensibilisieren, wie groß die Verunreinigung der Innenstadt durch Taubenkot ausfallen kann. Zur Gastronacht im September vergangenen Jahres hatte der Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service (HIS) beispielsweise einen Infostand bereitgestellt und dort Flyer verteilt, auf denen veranschaulicht wurde, dass das Füttern von Tauben ausdrücklich verboten ist und mit einem Bußgeld geahndet wird. Denn: Eine Taube kann bis zu zwölf Kilogramm Kot pro Jahr absondern.

Die Entfernung der Hinterlassenschaften koste die Stadt jährlich 10 000 Euro. Außerdem birgt das Füttern das Risiko, dass nicht aufgepickte Essensreste Ratten anlocken. Insofern ist die Stadt Hanau auch darauf angewiesen, dass Bürge Areale wie etwa den Markt- oder Freiheitsplatz nicht durch das Füttern zu einer attraktiven Anlaufstelle für Tauben machen.

Von Ulrike Pongratz Und Christian Spindler

Alles voller Kot: Die Tauben verunreinigen Gehwege wie hier an der Ecke Marktplatz/Nürnberger Straße.
Alles voller Kot: Die Tauben verunreinigen Gehwege wie hier an der Ecke Marktplatz/Nürnberger Straße. © -

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