Hanauer Justiz ist die erste Station

Unbesetzte Stellen, überhitzte Gerichtssäle, monatelange Vakanz an den Spitzen von Land- und Amtsgericht: Roman Poseck (CDU), der neue Justizminister, will die Probleme so schnell wie möglich angehen. Das sagte der 52-Jährige zum Auftakt seiner Antrittsbesuche in den neun hessischen Landgerichtsbezirken. Das Justizzentrum an der Nussallee ist seine erste Station gewesen. Dort sprach er vor Referendaren, um für Gerichte und Staatsanwaltschaften zu werben.
Hanau – Der Eingang am Fischerhüttenweg wird meist nur von Bediensteten des Land- und Amtsgerichts genutzt. Das schwere Rolltor öffnet sich immer, wenn die großen Justizfahrzeuge mit den kleinen Fenstern vorfahren, um Angeklagte zu den Gerichtsverhandlungen zu bringen oder abzuholen.
An diesem Sommerabend ist das anders. Bierzeltgarnituren sind aufgebaut, die Wachtmeister sorgen für kühle Getränke. Die Gastgeber: Vom Landgericht sowie von den Amtsgerichten Hanau und Gelnhausen sind Richter gekommen, angeführt vom Landgerichtsvizepräsidenten Dr. Mirko Schulte. Von der Staatsanwaltschaft haben sich nach Dienstschluss ebenfalls viele Ankläger eingefunden mit der Leitenden Oberstaatsanwältin Annette von Schmiedeberg an der Spitze.
Die Gäste: Eine große Zahl von Referendaren im juristischen Vorbereitungsdienst. Angehende Volljuristen, die sich bald entscheiden, welchen Weg sie gehen.
Und dann kommt der Stargast des Abends, wird durch das große Tor vorgefahren: Der neue hessische Justizminister, Professor Dr. Roman Poseck (CDU), gerade mal etwas mehr als zwei Monate im Amt. Der bisherige Präsident des Oberlandesgerichts sowie in Personalunion Präsident des Staatsgerichtshofs ist erstmals als Minister im Hanauer Justizzentrum. „Ich will alle neun Landgerichtsbezirke in Hessen besuchen. Hanau ist meine erste Station“, sagt Poseck, der sich an diesem Abend zwei Stunden Zeit nimmt, denn die Referendare stehen im Mittelpunkt. „Hanau ist Vorreiter“, lobt der Minister die Bemühungen, junge Juristen aktiv für den Staatsdienst zu werben.
Denn dort gibt es große Defizite. Das weiß der 52-Jährige. „Wir müssen mehr in den Nachwuchs investieren“, lautet sein Motto, wohlwissend, dass das Land Hessen „nicht das bieten kann, was Frankfurter Großkanzleien zahlen“. Das Thema Besoldung ist seit Jahren eines der größten Mankos. Hessen ist das Flächenland mit der schlechtesten Bezahlung für Richter und Staatsanwälte. Dies will Poseck ändern, so schnell wie möglich. Und die räumlichen Engpässe in Hanau will er ebenfalls unter die Lupe nehmen.
Dann erleben die Referendare drei Biografien. Die von Andreas May von der Generalstaatsanwaltschaft, der die Spezialeinheit ZIT für die Bekämpfung der Internetkriminalität leitet, und die von Richterin Jacqueline Kempfer (Marburg). Aus Hanau berichtet Zivilrichterin Georgina Gudzik in einem kurzweiligen und pointierten Vortrag über die Höhen und Tiefen des Berufs – den sie jederzeit immer wieder ergreifen würde. „Vor allem hier – in Hanau“, betont die Richterin. Von Thorsten Becker