Terroranschlag von Hanau: Ausschuss siegt vor Gericht - Akten müssen ohne Schwärzung herausgegeben werden
Der Generalbundesanwalt, der bei den Ermittlungen zum Anschlag von Hanau federführend war, muss Akten ohne Schwärzungen herausgeben.
Hanau - Im Streit um teilweise geschwärzte Ermittlungsakten zum Anschlag von Hanau hat das Bundesverwaltungsgericht zugunsten des Untersuchungsausschusses entschieden. Nach Ansicht des Gerichts hat der Generalbundesanwalt (GBA) nicht ausreichend begründet, weshalb er bestimmte Passagen nicht offengelegt hat. Darüber hinaus sei es Sache des Ausschusses, wie tief er für seinen Untersuchungsauftrag ermittle und welche Beweise er dafür erhebe.
Das teilte der Vorsitzende des Landtagsgremiums, Marius Weiß (SPD), am Montag in Wiesbaden mit. Der Antrag des Ausschusses sei in fast allen Punkten erfolgreich gewesen, die Kosten des Verfahrens müsse zu einhundert Prozent der Bund tragen. Er habe den GBA jetzt aufgefordert, ihm gemäß dem Beschluss die ungeschwärzten Akten zu schicken, so Weiß.
Terroranschlag von Hanau: Mehr Transparenz bei der Aufarbeitung gefordert
Der Sozialdemokrat sagte, er freue sich sehr, dass das Gericht die Auffassung des Ausschusses teile. Die Entscheidung stärke die Rechte parlamentarischer Untersuchungsausschüsse und trage zu mehr Transparenz bei. „Die Angehörigen der Opfer dieser schrecklichen Tat dürfen nicht das Gefühl haben, dass dem Ausschuss von beteiligten Behörden irgendwelche Informationen vorenthalten werden“, erklärte Weiß.

Bei dem rassistischen Terroranschlag am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Mann Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili Viorel Paun, Fatih Saraçoglu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov ermordet. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob und welche Fehler hessische Behörden in Zusammenhang mit dem Anschlag gemacht haben. Er nahm im Sommer 2021 seine Arbeit auf und will im Mai dieses Jahres die letzten Zeuginnen und Zeugen befragen.
Offene Fragen zu Obduktionen der Opfer des Terroranschlags von Hanau sollen geklärt werden
Gegen die Schwärzungen hatte der Ausschuss im November geklagt und zuvor nach eigenen Angaben mehrfach versucht, den Konflikt einvernehmlich zu lösen. Der GBA soll sein Vorgehen unter anderem mit Opferschutz und Persönlichkeitsrechten von Beteiligten begründet haben. Ausschussmitglieder konnten die Argumentation nicht nachvollziehen, auch weil es zum Beispiel im Sinne der Hinterbliebenen sei, offene Fragen zu den von ihnen kritisierten Obduktionen zu klären. Geschwärzte Passagen hätten dies jedoch erschwert und den Ausschuss somit dabei behindert, seinen Auftrag zu erfüllen.
Das nächste Mal tagt das Gremium am Freitag, 10. Februar. Dann werden ein Polizeihauptkommissar und zwei Rechtsmediziner zu den Obduktionen vernommen. Angehörige hatten bemängelt, vor den Untersuchungen nicht gehört worden zu sein und auch nicht erfahren zu haben, wo sich die Leichname befanden.
Außerdem sind Zeug:innen geladen zu Bedrohungen, die sich im Frühjahr 2017 und/oder 2018 ereignet haben sollen: Am Jugendzentrum k.town, in der Nähe des Täterhauses, soll ein bewaffneter Mann Jugendliche mit dem Tod bedroht haben. Die alarmierte Polizei – die den Vorwurf zurückweist – sei den Hinweisen nicht richtig nachgegangen. (Gregor Haschnik)