Kaufhof in Hanau: Das sagen Kunden und der Filialleiter zur Schließung

Dass der Kaufhof in Hanau schließen muss, bedauern die Teilnehmer einer schnellen Straßenumfrage. Allerdings sehen sie Gründe für den Niedergang des Geschäfts.
Hanau – In der Haushaltswarenabteilung von Galeria Kaufhof am Marktplatz scheint am Morgen nach Bekanntwerden der Schließung zum 31. Januar 2024 alles beim Alten. Kunden stöbern zwischen den Regalen, nehmen Produkte in die Hand, prüfen, stellen zurück oder machen sich damit auf den Weg zur Kasse.
Kundin über Kaufhof in Hanau: „So ein Kaufhaus ist nicht mehr zeitgemäß“
Wir kommen mit dem Ehepaar Fischer aus Seligenstadt ins Gespräch. „Schlimm“, sagen sie, „es wird ja immer mehr mit den Schließungen. Da müssen neue Konzepte, innovative Ideen her“. Rosemarie Fischer hat selbst viele Jahre lang im Einzelhandel als Verkäuferin gearbeitet. „Hier fast gegenüber, bei Hertie.“ Daher interessiere sie sich für neue Ideen. „So ein Kaufhaus ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Das muss man sich eingestehen, so schlimm diese Schließung ist.“ Die Idee, dass die Stadt Hanau das Kaufhof-Gebäude erwerben will, findet das Rentnerehepaar gut. „Hier muss dann eine bunte Mischung rein. Vielleicht so etwas, wie in München die Schlemmerpassage. Oder ins Erdgeschoss etwas Ähnliches wie die Kleinmarkthalle in Frankfurt. Oder ein Konzept, wie in der Nordseepassage in Wilhelmshaven, wo verschiedene Gewerbetreibende sich eine Zeit lang kostenfrei ausprobieren konnten und sich der spätere Mietanteil nach der Höhe ihres Umsatzes richtete.“
Auch Gerhard Ille kauft an diesem Vormittag im Kaufhof ein. Von der bevorstehenden Schließung hat h auch er mitbekommen. „Schade; ja. Da muss sich jeder aber auch an die eigene Nase fassen und sein Einkaufsverhalten hinterfragen“, sagt der Großauheimer. Es sei nun mal nicht zu verleugnen, dass die Menschen mehr und mehr im Internet bestellen. Seine Ehefrau zeigt auf drei Päckchen mit Sachen, die sie in der Kurzwarenabteilung geholt hat.
„Früher habe ich so etwas im Nähzentrum Bergmann gekauft. Das hat zu. Wenn der Kaufhof jetzt auch noch schließt – ich weiß nicht, wo ich dann Nähbedarf noch kaufen soll.“
Kaufhof in Hanau: Beschäftigte äußern sich nicht
Während sich das Paar auf den Weg zur Kasse macht, sehen wir Angestellte beraten, Ware einräumen oder sortieren. Sprechen will mit uns an diesem Morgen keiner der Kaufhof-Beschäftigten. „Wir dürfen nichts sagen“, heißt es von einer Mitarbeiterin knapp. Auch eine andere wendet sich sofort ab. Sie ist eine von knapp 60 Mitarbeitern, die damit rechnen müssen, ihren Job zu verlieren.
Der Filialgeschäftsführer des Hanauer Kaufhofs, Alireza Eftekhari, den wir telefonisch erreichen, erzählt, dass er seit gestern mit jedem einzelnen Mitarbeiter im Gespräch ist. „Ich bin für sie da. Denn es ist eine sehr unschöne, eine grausame Zeit.“ Ihm sei es wichtig, seinen Mitarbeitern klar zu machen, dass keiner von ihnen an seinen Kompetenzen zweifeln müsse. „Meine Mitarbeiter beweisen hier tagtäglich, dass sie einen tollen Job machen. Keiner von uns kann etwas dafür, dass die Filiale geschlossen wird.“ Deshalb lasse er bei diesem „Schicksalsschlag“ nicht zu, dass seine Mitarbeiter womöglich Selbstkritik üben. „Ich will keine Selbstzweifel bei ihnen aufkommen lassen. Sie haben das Ganze nicht zu verantworten. Ich bin jetzt für jeden einzelnen da“, betont er nochmals, bevor er das Telefonat mit Hinweis auf das nächste Gespräch beendet.
Unter dem Facebook-Eintrag unserer Zeitung, der über die Kaufhof-Schließung informiert, wollen die Kommentare nicht abreißen. „Bald gibt es gar nichts mehr in Hanau, wo man etwas besorgen kann. Die armen Mitarbeiter“, heißt es, aber auch: „Wird ja auch mal Zeit dass diese ,Bunker’ verschwinden. Trostloses Ambiente, gepaart mit bescheidenem Angebot zu horrenden Preisen, das braucht niemand.“
Facebook-Kommentar: „Kaufhof war Bestandteil Hanaus“
Aber auch an das ehemalige Restaurant/Café, das es lange Zeit im vierten Stock des Hauses gab und das für viele, vor allem Senioren, ein beliebter Treffpunkt war, erinnert sich der ein oder andere: „Die Galeria Kaufhof war Bestandteil Hanaus, immer dort lecker gefrühstückt, echt schade.“
Und auch die ehemalige Lebensmittel- und Feinkostabteilung findet in nostalgischen Erinnerungen der Kunden Berücksichtigung, etwa eine Weihnachtstombola, bei der die Mutter eine tiefgefrorene Weihnachtsgans gewonnen hatte, die sie mit ihrem Sohn aus dem dortigen Tiefkühllager abholte. Und es gab im Haus einst auch eine innovative Computerabteilung, die vor allem junge Leute anzog. Diese Zeiten sind aber lang vorbei. „Wenn da keiner mehr einkauft, warum soll er dann bleiben?“, fragt eine Facebook-Userin unter dem Post von OB Kaminsky zur Kaufhof-Schließung. Eine andere schreibt: „Das ist ein großer Verlust für Hanau - aber ich würde alle, die hier rumjammern gerne mal fragen, wann sie die letzte Internet-Bestellung gemacht haben?“ (Von Kerstin Biehl)
Auch Hanauer Politik äußert sich zur Kaufhof-Schließung
Die Koalitionäre von SPD, CDU und FDP unterstützen Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD), schnellstmöglich in Verhandlungen über einen Erwerb der Kaufhof-Immobilie einzutreten und somit „offensiv die Interessen der Stadt Hanau“ zu wahren. Leerstand an so einer prominenten Stelle ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine soziale Frage“, erklärt Fraktionschef Maximilian Bieri (SPD) und verweist auf mögliche Domino-Effekte auf das gesamte Gefüge einer Innenstadt als Ort der Begegnung: Wenn die Stadt nicht handelt, würde „ein tiefes Loch im Herzen der Innenstadt entstehen“.
„Natürlich ist die Ankündigung der Schließung für alle, insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Warenhausstandorts ein großer Schock“, so Isabelle Hemsley (CDU). Die Koalitionäre sind sich einig, dass die Verwaltung nicht der bessere Unternehmer ist und auch nicht sein kann. Im Fall der Galeria Kaufhof gehe es aber auch nicht darum, ein Konzept als Unternehmer zu betreiben, „sondern die Rolle eines selbstbewussten Projektentwicklers für sich zu beanspruchen, korrigierend in einen hier nicht funktionierenden Markt einzugreifen und größeren Schaden für die Stadt sowie deren Bürger abzuwenden“.
Auch Die Fraktion (Die Linke/Die Partei) unterstützt den Ankauf der Kaufhof-Immobilie durch die Stadt. „Dass nun die Filiale in Hanau schließen muss und die Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlieren werden, ist bitter und zwingt die Stadt Hanau zu handeln.“ Es sei wichtig, dass die Stadt bei einer Schließung der Filiale aktiv tätig wird und über den Gebäude-Ankauf verhandelt. (Kerstin Biehl)