Jetzt den Hut nehmen!

Zum Chaos um den Polizeinotruf in Hanau ein Kommentar:
Was rund um die Terrornacht von Hanau Stück für Stück ans Tageslicht kommt, ist haarsträubend für Bürger, die ihrem Staat vertrauen. Zutiefst beschämend ist es für die Schutzleute, die rund um die Uhr in Hanau für Sicherheit sorgen sollen, dass sie von der politischen Führung der Polizei im Stich gelassen werden, wie das Notruf-Chaos beweist. Und das über Jahre hinweg.
Erschreckend ist, dass angeblich niemand dafür Verantwortung übernehmen will. Weltfremd wirkt es, wenn der höchstdekorierteste Polizist des Landes den Abgeordneten des Landtags weismachen will, er hätte nichts davon gewusst, obwohl er selbst zwölf Jahre an der der Spitze des Polizeipräsidiums Südosthessen gestanden hat. Aber Dokumente beweisen ihm das glatte Gegenteil.
In ihren akribischen Vorermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Hanau offenbar jeden Stein in den Polizeibehörden umgedreht und „tatsächliche Anhaltspunkte für ein mögliches Organisationsversagen“ beim Hanauer Polizeinotruf festgestellt.
Nach dem Auftritt von Landespolizeipräsident Roland Ullmann vor dem Hanau-Untersuchungsausschuss des Landtags wird immer deutlicher, dass die politische Führung der Polizei auf breiter Linie versagt hat. Und die sitzt in Wiesbaden, angeführt vom Innenminister.
„Der Mensch steht im Mittelpunkt und Stillstand ist Rückschritt.“ Das hat Ulmann 2019 in einem Interview gesagt.
Er sollte jetzt schnell seinen Hut nehmen mit der Erkenntnis, dass so mancher Rücktritt ein Fortschritt sein kann. Den Hanauer Schutzleuten wäre das zu wünschen. (Von Thorsten Becker)