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„Jetzt ist Boris Rhein gefragt“: Hanauer OB fordert Innenminister Beuth zu Rücktritt auf

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Von: Yvonne Backhaus-Arnold

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Claus Kaminsky,
Claus Kaminsky, der Oberbürgermeister von Hanau, fordert erneut den Rücktritt des hessischen Innenministers. © -

2021 fordert Hanaus Oberbürgermeister Kaminsky den Rücktritt von Hessens Innenminister Beuth. Nun erneuert er seine Forderung.

Hanau – Im Januar 2021 hat Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) für einen Paukenschlag gesorgt, als er Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) zum Rücktritt aufforderte. Im Juni 2021, als bekannt wurde, dass beim SEK-Einsatz nach dem rassistisch-motivierten Attentat in Hanau, vom 19. Februar 2020 Beamte mit rechtem Gedankengut im Einsatz waren, erneuerte Kaminsky seine Forderung.

Nach den aktuellen Zeugenaussagen vor dem Untersuchungsausschuss in Wiesbaden, bei dem von einem Organisationsversagen innerhalb der Polizei die Rede ist, weil angezeigte Mängel in personeller und technischer Ausstattung über Jahre nicht behoben wurden, hat unsere Zeitung Hanaus OB erneut zum Gespräch gebeten. Seine Forderung: „Peter Beuth muss zurücktreten!“

Bereits zweimal haben Sie den hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) zum Rücktritt aufgefordert. Halten Sie nach den neuerlichen Erkenntnissen aus dem Untersuchungsausschuss daran fest?

Unbedingt! Ich bin fast geneigt zu sagen: Täglich kommt ein Grund hinzu. Ich war mit meinen Rücktrittsforderungen ja nicht spontan unterwegs. Ich habe ein Jahr gewartet. Das erste Mal war es der nicht erreichbare Notruf, der nur öffentlich geworden ist durch die Aufklärungsarbeit der Medien und der Angehörigen. Das zweite Mal habe ich mich gemeldet, als bekannt wurde, dass beim SEK-Einsatz in Hanau ein Großteil Polizeibeamte mit beachtlichem rechten Gedankengut dabei waren. Da frage ich mich: Gibt es noch politische Verantwortung?

Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann hat gestern seinen Rücktritt angekündigt…

Das ist richtig und längst überfällig. Es ist ein Segen für die Stadt Frankfurt. Aber wenn man die Dinge miteinander vergleicht, wiegen die Fehler von Beuth meiner Meinung nach deutlich schwerer.

Er hat im Innenausschuss des Hessischen Landtags erklärt, dass beide Notrufe in der Tatnacht besetzt waren. Eine Lüge.

Genau. Und wer das Parlament belügt, muss zurücktreten. Das ist ein ehernes Gesetz. Aber hier bleibt alles folgenlos. Das macht mich wütend.

Waren Sie als politisch Verantwortlicher über die personelle Situation auf der Polizeiwache Hanau I informiert?

Wir wussten informell, dass ein Überlauf der Notrufe nicht möglich ist. Das wurde immer mit dem alten Gebäude in Offenbach begründet und auf den Neubau verwiesen, der ja erst Jahre später kam. Man hätte eine Überbrückung gestalten müssen. Zudem gab es immer wieder Bürger, die sich an uns gewandt haben, weil die Erreichbarkeit nicht funktioniert hat. Auch das haben wir Richtung Polizei kommuniziert.

Reaktionen gab es keine?

Nein. Nur die Aussage, dass es nach oben adressiert ist. Und Nebelkerzen aus Wiesbaden. Glauben Sie, dass dieser Innenminister für eine neue Fehlerkultur innerhalb der Polizei stehen kann und stehen sollte? Ich nicht.

Was müsste jetzt passieren?

Boris Rhein (CDU) ist gefragt. Als Landtagspräsident ist er hervorragend mit dem 19. Februar und den Hinterbliebenen umgegangen. Der Innenminister hat es bis heute nicht einmal geschafft, mit den Angehörigen zu reden. Boris Rhein ist jetzt als neuer Ministerpräsident gefordert. Er muss sich positionieren. Er muss handeln.

Und der Koalitionspartner?

Für die Grünen stellt sich die gleiche Frage.

Was meinen Sie, schadet ein Festhalten an Peter Beuth der CDU nicht auch bei der bevorstehenden Landtagswahl 2023?

Das glaube ich, auch wenn ich nicht ihr Wahlkampfleiter bin, unbedingt. Die CDU würde sich einen Dienst erweisen, wenn Sie meiner Forderung folgt. Und glauben Sie wirklich, dass es nach diesen ganzen Vorfällen innerhalb der Polizei noch Vertrauen in den Innenminister gibt? Dabei möchte ich ganz ausdrücklich sagen, dass ich – bis auf die SEK-Beamten – nichts auf die einzelnen Polizistinnen und Polizisten kommen lasse. Sie sind über den 19. Februar öffentlich verheizt worden.

Der Missstand…

… ist über Jahre von Seiten des Innenministers politisch verantwortet worden, dabei hätte die Polizei in die Lage versetzt werden müssen, hier immer für Sicherheit und Ordnung sorgen. Wir sprechen immerhin von einer Wache, die für die Stadt Hanau und das Umland und damit für rund 200 000 Bürgerinnen und Bürger verantwortlich war.

Das heißt, das Attentat vom 19. Februar…

… hat die Missstände zu Tage befördert, die schon lange da waren. Es ist erschütternd. Dass gerade die Christdemokraten, die sich mit der Kernkompetenz Innere Sicherheit brüsten, so versagt haben, macht besorgt. Beuth als der richtige Minister? Die Ja-Antworten auf diese Frage dürften gen Null gehen.

(Yvonne Backhaus-Arnold)

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