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Kaninchenzuchtverein geht mit Tiertherapie neue Wege

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Von: Kerstin Biehl

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Die Tiertherapeutin Anne Maria Shella weiß um die beruhigenden Eigenschaften von Tieren.
Die Tiertherapeutin Anne Maria Shella weiß um die beruhigenden Eigenschaften von Tieren. © -

Ganz behutsam streichelt die Hand der alten Dame über das blauschwarze Fell des Kaninchens. „Möchten Sie es auch mal auf den Schoß nehmen?“, fragt Peter Frensch vorsichtig. Das möchte die Seniorin gerne. Der Vorsitzende des Rassekaninchenzuchtvereins H 452 Fortschritt Großauheim setzt das Tier mit den drolligen Schlappohren in die Hände der Frau, der er damit ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.

Großauheim – Peter Frensch ist mit zweien seiner Tiere zu Besuch in der Seniorenresidenz „Haus am Brunnen“ in Großauheim. Dort sitzt eine Gruppe von Senioren im Kreis. Der Kaninchenzüchter geht von Bewohner zu Bewohner, zeigt das Tier, wartet die Reaktion der alten Menschen ab und geht dann, je nachdem wie diese ausfällt, näher heran oder weiter zum nächsten Bewohner. „Die meisten Menschen, egal ob alt oder jung, sind den Tieren zugewandt und haben das Bedürfnis sie zu berühren, sie zu streicheln und vielleicht sogar auf den Arm zu nehmen“, erzählt Frensch. Der 50-Jährige wird unterstützt von seiner Frau Bruna und seiner Nichte Anne Maria Shella, einer Tiertherapeutin aus Griechenland.

„Es ist nachgewiesen, dass Menschen ruhig und entspannt werden, sobald sie mit Tieren in Kontakt treten. Ängste werden weniger, innere Unruhe wird gemildert“, erklärt die 22-Jährige Master-Studentin. Sie hat sich auf die Kaninchentherapie spezialisiert, hat damit in ihrer Heimat sehr gute Erfahrungen gemacht. „Der Puls verlangsamt sich, während Menschen ein Kaninchen streicheln, viele Probleme werden erst einmal vergessen. Aber auch die Pflege der Tiere tut uns Menschen gut, das Bürsten, das Füttern. Es macht uns Menschen glücklich“, sagt sie.

Im Großauheimer Verein stieß man durch ein Erlebnis mit einem kleinen Jungen auf die heilende Wirkung der Tiere. „Der Junge mit ADHS kam regelmäßig zu uns zu Besuch und beschäftigte sich mit den Tieren. Unsere Kaninchen hatten eine beruhigende Wirkung auf ihn. Er kam fortan regelmäßig, um die Tiere zu streicheln und sich um sie zu kümmern. Das hat ihm geholfen, sich besser zu konzentrieren und sein Verhalten positiv zu verändern. Er braucht jetzt auch keine Medikamente mehr.“

Durch dieses Erlebnis ist im Verein das Projekt der Kaninchentherapie herangereift. Jetzt sollen die kuscheligen Kaninchen nicht nur Kindern, sondern auch älteren Menschen helfen, Erkrankungen zu lindern und auch als Seelentröster ausgleichend aufzutreten – so wie heute in der Seniorenresidenz. „Wir nehmen uns hier generell die Zeit, die wir brauchen, sodass sich jeder in seinem eigenen Tempo den Tieren nähern kann.“

Dass der Verein in Zukunft verstärkt auf Tiertherapie setzen möchte, hat auch mit dem anhaltenden Mitgliederschwund in Kaninchenzuchtvereinen zu tun. „Die klassische Kaninchenzucht ist leider ein aussterbendes Hobby. Deshalb müssen wir neue Wege gehen“, sagt Frensch.

Doch was sagen die Tiere zu ihrer neuen Rolle als Therapeut? Ist das Ganze vielleicht zu viel Stress für die putzigen Mümmelmänner? Den Tieren, sagt Frensch, schade der Kontakt mit den vielen unterschiedlichen Menschen nicht. „Wir haben immer mehrere Tiere abwechselnd im Einsatz und extra eine Rasse ausgewählt, die sehr ruhig, stabil und belastbar ist.“

15 Tiere der Rasse „Zwergwidder Blaumarder“ hat der Verein, auf dem Gelände am Spitzenweg leben insgesamt 80 Kaninchen, bei Mitgliedern zuhause weitere 65 Tiere. Peter Frensch selbst hält seit seiner Kindheit Kaninchen, hat das Hobby an seine Tochter weitergegeben und weiß aus eigener Erfahrung um die therapeutische Wirkung der Tiere: „Wenn ich von einem stressigen Arbeitstag zurückkomme und dann zu meinen Kaninchen gehe, fahre ich ganz schnell runter und schalte ab.“ Diese positiven Erfahrungen will der Verein ab 2023 auf dem Vereinsgelände als Tiertherapie anbieten. Im kommenden Jahr soll das Gelände renoviert und ein Raum für die Therapie gestaltet werden. Bis dahin und wahrscheinlich auch danach machen die Kaninchenzüchter Besuche in Seniorenheimen, Schulen und Kindertagesstätten.

Von Kerstin Biehl

Peter Frensch hat ein Kaninchen der Rasse „Zwergwidder Blaumarder“ auf dem Arm. Eine Bewohnerin der Seniorenresidenz „Haus am Brunnen“ genießt es, das Tier zu streicheln.
Peter Frensch hat ein Kaninchen der Rasse „Zwergwidder Blaumarder“ auf dem Arm. Eine Bewohnerin der Seniorenresidenz „Haus am Brunnen“ genießt es, das Tier zu streicheln. © Kerstin Biehl

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