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Veruntreuung von Spendengeldern: Deadline für „Verein für Toleranz und Zivilcourage“

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Von: Christian Spindler

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Noch immer ist nicht geklärt, was mit den 41. 000 Euro von Heraeus passiert ist.
Noch immer ist nicht geklärt, was mit den 41. 000 Euro von Heraeus passiert ist. (Symbolbild) © dpa

In Hanau wird wegen des Verdachts der Veruntreuung von Spendengeldern ermittelt. Im Fokus stehen ein sozialer Verein und die Gruppierung „Wir sind Hanau“.

Hanau – Die mutmaßliche Veruntreuung von Spendengeldern nach dem rassistisch motivierten Anschlag vom 19. Februar 2020 ist nun auch Thema in der politischen Diskussion. Im Fokus steht der Verein „Institut für Toleranz und Zivilcourage“ und auch die Wählergruppierung „Wir sind Hanau“ (WSH). Wie berichtet, besteht der Verdacht, dass Mitglieder des Vereins Spendengelder im mittleren fünfstelligen Bereich veruntreut haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Unter anderem gab es Hausdurchsuchungen.

Veruntreute Spendengelder in Hanau: Koalitionsfraktionen fordern Transparenz

Die Vorsitzenden der Hanauer Koalitionsfraktionen, Dr. Maximilian Bieri (SPD), Isabelle Hemsley (CDU) und Henrik Statz (FDP), fordern in einer Pressemitteilung, die Wählergruppierung WSH auf, die Anschuldigungen „transparent und offen aufzuklären“. In einem Rechtsstaat gelte natürlich für jeden die Unschuldsvermutung. „Die Vorwürfe einer Wahlkampffinanzierung aus Spendengeldern von Heraeus, die eigentlich dem Kampf gegen Rassismus gewidmet waren, können allerdings zu einem erheblichen Vertrauensverlust der Bevölkerung in unsere kommunalpolitischen Strukturen führen.“

Nach Meinung von Bieri, Hemsley und Statz steht die gute Reputation der Hanauer Stadtverordnetenversammlung auf dem Spiel, sollte die Angelegenheit nicht schnellstens aufgeklärt werden. „Es geht uns auch um den Schutz der Hanauer Stadtverordneten, die teilweise seit Jahrzehnten ehrenamtlich in und für die Stadt aktiv sind und sich täglich für das Gemeinwesen einsetzen.“

Wahlkampffinanzierung statt Wohltat: Was ist mit den 41.000 Euro passiert?

Solange die Vorwürfe der Wahlkampffinanzierung ungeklärt im Raum stünden, könne vonseiten der Wählergruppierung nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden. „Stille an der falschen Stelle schadet unserer ehrenamtlichen Kommunalpolitik in Hanau, gleichzeitig wollen wir niemanden vorverurteilen“, so die drei Fraktionsvorsitzenden. Sie fordern die Wählergruppierung WSH auf, „eine öffentliche Ehrenerklärung abzugeben, dass kein einziger Euro, kein einziger Cent aus Spendengeldern des Vereins Institut für Toleranz und Zivilcourage an ihre politische Vereinigung geflossen ist.“ Eine solche Ehrenerklärung könne ein erster früher Schritt in Richtung Normalität sein, sollten sich die Vorwürfe später als falsch erweisen.

Wie berichtet, geht es um eine Spende des Unternehmens Heraeus: Rund 80. 000 Euro. Eine Hälfte ging über ein von der Stadt eingerichtetes Spendenkonto an Opferfamilien. Die andere Hälfte sollte laut Heraeus an eine Organisation gehen, die sich gegen Rassismus engagiert. Darüber sollte nach dem Willen von Heraeus der Ausländerbeirat entscheiden. Der empfahl, die exakt 40.970,50 Euro dem in Gründung befindlichen Verein „Institut für Toleranz und Zivilcourage“ zukommen zu lassen. Der Magistrat folgte der Empfehlung und veranlasste nach Recherchen unserer Zeitung im Juli 2020 die Auszahlung an das „Institut“. Was aus dem Geld geworden ist, ist seitdem unklar. Bemerkenswert: Es gibt enge personelle Verflechtungen von Führungspersonen des Ausländerbeirats, des Vereins „Institut für Toleranz und Zivilcourage“ und der Wählergruppierung WSH.

Spendenbetrug: Stadt Hanau setzt Frist zur Rückzahlung

Die Stadt hatte den Verein zweimal aufgefordert, den Verbleib der Heraeus-Spende darzulegen, weil „keine Verwendung der Mittel erkennbar“ gewesen sei. Zudem soll es Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gegeben haben. Zuletzt hatte die Stadt dem Institut eine Frist bis 10. April gesetzt, um die Verwendung darzulegen. Auf Nachfrage erklärte die Stadt gestern, der Verein „Institut für Toleranz und Zivilcourage“ habe „zwar geantwortet, ohne dabei aber die geforderte zweckentsprechende Verwendung der Spenden aufzuzeigen.“

Weil mittlerweile seit Sommer 2020 keine zweckentsprechende Verwendung der Heraeus-Spende zu verzeichnen sei, hat die Stadt den Verein am Dienstag (12.04.2022) schriftlich aufgefordert, die Spende bis 27. April auf ein städtisches Verwahrgeldkonto zurückzuzahlen. (Christian Spindler)

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