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Kreisfreiheit Hanaus: Ausschuss empfiehlt Stadtparlament Zustimmung

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Von: Christian Spindler

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Die Limesbrücke zwischen Klein- und Großauheim, die derzeit dem Kreis gehört, soll in die Zuständigkeit der Stadt übergehen, die dann die Baulast zu tragen hat. Vom Main-Kinzig-Kreis gibt es dafür aber Zahlungen. ARCHIV
Die Limesbrücke zwischen Klein- und Großauheim, die derzeit dem Kreis gehört, soll in die Zuständigkeit der Stadt übergehen, die dann die Baulast zu tragen hat. Vom Main-Kinzig-Kreis gibt es dafür aber Zahlungen. ARCHIV © TOBIAS KOCH

Nein, einen Sonderweg, wie bisweilen zu hören ist, schlage Hanau mit seinem Wunsch nach Kreisfreiheit nicht ein, wird Oberbürgermeister Claus Kaminsky nicht müde zu betonen. Vielmehr sei eher der jetzige Zustand ein Sonderfall. Denn bundesweit gibt es neben Hanau mit dem nordrhein-westfälschen Moers nur eine andere Stadt, die weder kreisfrei noch Sitz der Kreisverwaltung ist. In Hanau soll das zum 1. Januar 2026 enden.

Hanau - Dann soll die Auskreisung wirksam werden. Bei der jüngsten Sitzung des parlamentarischen Haupt- und Finanzausschusses wurde ein weiterer Schritt getan. Die Vertreter aller Fraktionen empfehlen dem Stadtparlament, der vertraglichen Einigung mit dem Kreis zustimmen. Kaminsky nutzte die Ausschusssitzung, um die bevorstehenden Beschlüsse über die Auskreisung einmal mehr als „epochale Entscheidungen“ hervorzuheben. Hanau verspricht sich eine bessere öffentliche Wahrnehmung als Großstadt und mehr Bürgernähe – für alle Beteiligten. Schließlich seien die Lebensverhältnisse und Bedürfnisse der Menschen im großstädtischen Ballungsraum ganz andere als in den eher ländlich geprägten Kommunen im nördlichen Kreisgebiet.

Die Auskreisung werde aber auch für die anderen 28 Städte und Gemeinden im Kreis „keine Verschlechterung“ bringen, so Kaminsky. Stadt und Kreis begegneten sich „auf Augenhöhe“ und würden so auch weiterhin die Interessen der Region vertreten. Diese Zusammenarbeit habe auch bisher schon „hervorragend funktioniert“, sagte Kaminsky, etwa bei der Sparkasse, im Schulbereich oder bei der Kooperation beim geplanten Haus des Jugendrechts, wo beide Jugendhilfeträger kooperieren.

Hanaus Kreisfreiheit soll keinen reicher oder ärmer machen

Finanziell bedeutet die Auskreisung für Hanau, dass die Stadt keine Kreisumlage mehr zahlen muss. Aktuell sind das für 2023 rund 46 Millionen Euro. Im Gegenzug muss die Stadt Aufgaben und Verpflichtungen selbst übernehmen – und finanzieren, etwa für den Landeswohlfahrtsverband oder bei der Krankenhausumlage. Die Stadt kann dafür auch mit höheren Schlüsselzuweisungen rechnen. Dies genau zu kalkulieren, sei im Moment nicht ganz einfach, hob Jürgen Dräger, Leiter des städtischen Fachbereichs Finanzen hervor, weil das Land Hessen den neuen kommunalen Finanzausgleich, der schon lange in Kraft sein sollte, noch nicht fertigstellt habe. Das werde aber an der Grundaussage nichts ändern, sagt Rathauschef Kaminsky, wonach die Kreisfreiheit weder Hanau noch die anderen Kreiskommunen reich oder arm machen werde.

In einer aus dem Jahr 2019 stammenden Trendberechnung ergibt sich bei der Kreisfreiheit unterm Strich für Hanau eine Verbesserung von knapp 41 Millionen Euro jährlich – davon müssen dann die von der Stadt zu übernehmenden Aufgaben finanziert werden. Das sei gut machbar, hieß es damals. Tenor aus dem Rathaus heute: Die Situation habe sich für die Stadt mittlerweile sogar noch verbessert.

Letztlich entscheidet der Landtag

In dem 27-seitigen Grenzänderungsvertrag sind in verschiedenen Themenbereichen die Folgen der Auskreisung zwischen Stadt und Kreis geregelt, darunter auch etwaige Zahlungen. So beteiligt sich Hanau zum Beispiel an der Nachsorge von Mülldeponien; geregelt ist, dass Fehlbeträge an der weiterhin gemeinsam betriebenen Leitstelle und dem Rettungsdienst jeweils hälftig geteilt werden. Außerdem zahlt die Stadt von 2026 bis 2028 dem Kreis jährlich bis zu 1,5 Millionen Euro für notwendige Reorganisation und Neuqualifizierungen. Sie übernimmt zudem einen Anteil zu den Beiträgen zur Hessenkasse und Pensionsverpflichtungen von ehemaligen Beamten des Kreises von insgesamt 7,8 Millionen Euro. An solchen Kosten war Hanau freilich auch bisher beteiligt: „Das haben wir stillschweigend über die Kreisumlage bezahlt“, erklärte Kaminsky im Ausschuss.

Wie berichtet, regelt der Vertrag auch die sogenannte Straßenbaulast für die Kreisstraßen auf Hanauer Gebiet. Mit einer Einmalzahlung durch den Main-Kinzig-Kreis von 450 000 Euro gehen sie an die Stadt über. Auch die Limesbrücke wird der Stadt übergeben. Für die notwendige Instandsetzung zahlt der Kreis 2,2 Millionen Euro und wird sich laut Vertrag auch an den weiteren Unterhaltungskosten zur Hälfte beteiligen.

Was wird aus dem Gesundheitsamt?

Im Zuge der geplanten Auskreisung bekommt Hanau auch ein Gesundheitsamt. Es ist derzeit beim Main-Kinzig-Kreis in Gelnhausen angesiedelt. Derzeit laufen Gespräche über die künftige Neuregelung, berichtete Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD). Demnach gebe es Überlegungen, dass Hanau Sitz des Gesundheitsamtes wird, das dann aber nicht nur für die Stadt, sondern auch für den Altkreis zuständig sein könnte – „egal unter welcher Regie es letztlich geführt wird“, so Kaminsky, also von der Stadt oder vom Kreis. „Da gibt es Gedankenoffenheit“, sagt der Hanauer Rathauschef.

Der Entwurf des Grenzänderungsvertrages war voriges Jahr von Landrat Thorsten Stolz und Oberbürgermeister Claus Kaminsky (beide SPD) vorgestellt worden. Dann ging er zur Prüfung ans Regierungspräsidium. Am 12. April fand ein Abstimmungsgespräch zwischen dem RP Darmstadt, dem Main-Kinzig-Kreis und der Stadt Hanau statt, um die finanziellen Auswirkungen des Vertrages und der Veranschlagung des Kommunalen Finanzausgleichs gemeinsam zu erörtern. Letztendlich bestand Einigkeit darin, dass die finanziellen Auswirkungen der Kreisfreiheit vollständig in der Haushaltsplanung zu berücksichtigen sind.

Jetzt durchläuft der Vertrag die parlamentarischen Gremien von Kreis und Stadt. In der Stadtverordnetenversammlung ist er Thema am 15. Mai (17.30 Uhr, Neustädter Rathaus). Die finale Entscheidung darüber, dass Hanau kreisfrei wird, obliegt dem Hessischen Landtag.

(Von Christian Spindler)

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