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Langwieriger Umbau zum Haus des Jugendrechts in Hanau

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Von: Christian Spindler

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Die Arbeiten auf dem Außengelände sollen demnächst beginnen. Das Areal des Hauses des Jugendrechts wird mit einem Sicherheitszaun von den benachbarten Wohnhäusern abgetrennt.
Die Arbeiten auf dem Außengelände sollen demnächst beginnen. Das Areal des Hauses des Jugendrechts wird mit einem Sicherheitszaun von den benachbarten Wohnhäusern abgetrennt. © MORITZ GÖBEL/SCHEIBER

So weit war man noch nie: Bis Jahresende soll die Internet-Installation abgeschlossen sein. Verschiedenfarbige Leitungen, die in künftigen Büros aus Kabelschächten im Boden ragen, künden davon. Und mit den Arbeiten auf dem Außengelände soll noch im September, in der 38. Kalenderwoche, begonnen werden. Klingt nach Sicht auf die Ziellinie. Soll es auch sein.

Hanau - Und das ist bei diesem Bauprojekt eine durchaus bedeutsame Nachricht. Wie kaum ein anderes in Hanau war es von Widrigkeiten, Zwist und Verzögerungen geprägt. Der Ausbau des Hauses des Jugendrechts am Schlossplatz ist endlich so weit vorangeschritten, dass die Einrichtung im April nächsten Jahres eröffnet werden soll.

In Häusern des Jugendrechts arbeiten Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugend(gerichts)hilfe sowie freie Träger unter einem Dach zusammen, um Jugendkriminalität zu bekämpfen, Taten schnell zu sanktionieren und im besten Fall präventiv zu wirken. Die Geschichte des Hanauer Hauses des Jugendrechts indes füllt in Summe mittlerweile nicht nur mehrere Zeitungsseiten, sondern wohl auch etliche Aktenordner.

Zwist zwischen der Stadt Hanau und dem Land Hessen

Ursprünglich wollte die städtische Baugesellschaft die ihr gehörenden Wohnungen an Schlossplatz bzw. Graf-Philipp-Ludwig-Straße sanieren und im Erdgeschoss Gastronomie oder Geschäfte ansiedeln. Vorbereitungen dazu liefen bereits 2017. Dann kamen die Pläne für das Haus des Jugendrechts, für das eine innenstadtnahe Immobilie gesucht wurde. Als das Projekt im September 2018 vorgestellt wurde, war von einer „Rekordzeit von Planung bis zur Verwirklichung“ die Rede. Bereits wenige Monate später sollte das Haus seiner Bestimmung übergeben werden. Daraus wurde bekanntlich nichts. Später wurde April 2020 als Fertigstellungstermin genannt. Auch das konnte nicht eingehalten werden. Stattdessen gab es zwischen der städtischen Baugesellschaft als Immobilienbesitzer, der nach Landesvorgaben den Umbau vornimmt, sowie den hessischen Ministerien für Justiz und Finanzen und dem ebenfalls beteiligten Landesbetrieb Bau und Immobilien (LBIH) zunehmend Zwistigkeiten. Unter anderem soll das Land die baulichen Vorgaben geändert haben, was Kostenanpassungen und zeitliche Verzögerungen nach sich zog. Zudem mussten Decken saniert werden. Und auch die Kommunikationstechnik war und ist aufwendig, weil die vorhandene Internetstruktur nicht fürs Haus des Jugendrechts mitgenutzt werden darf – aus Sicherheitsgründen. Das Hickhack führte dazu, dass der Mietvertrag lange nicht unterschrieben wurde. Und: Es gab zwischenzeitlich sogar einen Baustopp, der eineinhalb Jahre währte, erinnert Karsten Baumann, Projektleiter seitens der Baugesellschaft. Mirja Dorny, seit diesem Jahr Chefin des städtischen Wohnungsunternehmens, zeigte sich bei einem Ortstermin indes erleichtert, dass nun das Ende einer langen Umbaugeschichte in Sicht ist.

Mittlerweile wurde unter anderem ein gläserner Verbindungsgang fertiggestellt, über den die einzelnen Gebäudeteile bzw. die Büros der Akteure im Haus des Jugendrechts erreichbar sind – von der Polizei bis zur Jugendgerichtshilfe. Außerdem wird noch der Aufzug installiert, die Bodenbeläge sollen folgen: Linoleum, wie Baumann erläutert. Das Außengelände des Hauses des Jugendrechts, zu dem auch Unterstellmöglichkeiten für Polizeifahrzeuge gehören, will man mittels eines Sicherheitszauns von den angrenzenden Wohnblocks abtrennen.

Im ersten Quartal kommenden Jahres soll alles fertig sein, heißt es. „Stand jetzt“, schränkt BGH-Geschäftsführerin Dorny ein, „wenn es keine Lieferverzögerungen gibt“. Angesichts der allenthalben beklagten Engpässe in der Baubranche ist das freilich nicht ausgeschlossen.

Rund 14,2 Millionen Euro Umbaukosten

Bis zur Eröffnung des Hauses des Jugendrechts werden in das Gebäude rund 14,2 Millionen Euro investiert worden sein. Die Baugesellschaft als Eigentümer hat drei Mietverträge mit den künftigen Nutzern abgeschlossen.

Im Haus des Jugendrechts in Hanau soll es nach bisheriger Auskunft des Justizministeriums zwei staatsanwaltliche und eine richterliche Stelle geben, zudem zwei Stellen für Bürokräfte und eine Wachtmeisterstelle. Dazu kommen voraussichtlich zwei Dutzend Stellen der Polizei. Vertreten sind außerdem Jugendgerichtshilfe und freie Träger, die beratend tätig sind. Ein Teil der Arbeit ist der Täter-Opfer-Ausgleich, um Konflikte möglichst außergerichtlich beizulegen und auch rasch Sanktionen zu verhängen.

Häuser des Jugendrechts

Häuser des Jugendrechts sollen dazu beitragen, die Jugendkriminalität einzudämmen und Prävention zu betreiben. So will man Taten schnell sanktionieren und kriminelle Karrieren möglichst frühzeitig verhindern. In einem Haus des Jugendrechts werden bis auf wenige fachspezifische Deliktsbereiche (zum Beispiel Sexual-, Rauschgift- und Kapitaldelikte) alle Ermittlungsverfahren gegen Kinder, Jugendliche und Heranwachsende bearbeitet. 2010 wurde in Wiesbaden das erste Haus des Jugendrechts in Hessen eröffnet. Weitere folgten 2011 in Frankfurt-Höchst und 2015 im Frankfurter Norden außerdem in Frankfurt Süd und in Kassel sowie 2019 in Offenbach. In Hanau soll im kommenden Jahr das siebte Haus des Jugendrechts in Hessen in Betrieb gehen.  cs.

Etwa 1600 Quadratmeter wird das Haus des Jugendrechts in dem insgesamt 2300 Quadratmeter großen Komplex belegen. In Richtung Schlossplatz hat die Baugesellschaft ein Ladenlokal bereits an ein Hamburger-Restaurant vermietet. Eine zweite Gewerbefläche gibt es auf der anderen Gebäudeseite. Wer dort einzieht, ist noch nicht entschieden.

(Von Christian Spindler)

Die Chefin der Baugesellschaft, Mirja Dorny, und Projektleiter Karsten Baumann beim Ortstermin.
Die Chefin der Baugesellschaft, Mirja Dorny, und Projektleiter Karsten Baumann beim Ortstermin. © Moritz Göbel/Scheibe-
Ein Blick in eines der Büros des Gebäudekomplexes, der im kommenden Frühjahr eröffnet werden soll.
Ein Blick in eines der Büros des Gebäudekomplexes, der im kommenden Frühjahr eröffnet werden soll. © Moritz Göbel/Scheiber

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