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Digital durchstarten: Kurs bietet Frauen Einstieg in die Welt der Computer

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Von: Julius Fastnacht

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„Mit ihr hat das einfach Spaß gemacht“, sagt Ceyda Yavuz (sitzend, Zweite von rechts) über Kursleiterin Gülhan Bilici (Zweite von links). Mit dem Wissen aus dem Computerkurs möchte sie Bewerbungen digital vorbereiten.
„Mit ihr hat das einfach Spaß gemacht“, sagt Ceyda Yavuz (sitzend, Zweite von rechts) über Kursleiterin Gülhan Bilici (Zweite von links). Mit dem Wissen aus dem Computerkurs möchte sie Bewerbungen digital vorbereiten. © Fastnacht

Ein Kurs im Quartiersbüro Freigerichtviertel ermöglicht Frauen einen Einstieg in die digitale Bildung. Die Kursleiterin setzt auf Gemeinschaft und Feingefühl.

Hanau – Einfach mal eine Bewerbung runtertippen, einen Termin vereinbaren, Formulare ausfüllen – mittlerweile läuft alles digital. Und damit hatte Ceyda Yavuz Probleme: Mit dem Handy kannte sich die 46-Jährige zwar aus, mit Computern aber eher weniger. Gemeinsam mit sieben anderen Frauen sitzt sie im Quartiersbüro Freigerichtviertel der Johanniter Hanau/Main-Kinzig, es gibt türkischen Tee, Teller mit Börek und gefüllten Weinblättern stehen auf dem Tisch.

Computer-Kurs in Hanau: „Ging mir um niederschwelligen Zugang zum Thema“

„In der Gemeinschaft und mit unserer Lehrerin Gülhan hat das einfach Spaß gemacht. Ich bin immer gerne gekommen“, sagt sie. Seit September nämlich hat Yavuz, die schon über 20 Jahre mit ihrer Familie in Hanau lebt, zwei Mal pro Woche am richtigen Umgang mit dem Laptop gefeilt. In einem Computerkurs für Frauen mit Migrationserfahrung. Dafür gibt es heute die Zertifikate.

Ildiko Szelecz hat den Kurs für die Awo Rheingau-Taunus, Trägerin des Projekts in Hanau, entwickelt. „Es ging mir darum, einen ganz niederschwelligen Zugang zum Thema zu ermöglichen.“ Den Bedarf gibt es nämlich, das weiß Szelecz aus eigener Erfahrung. Sie selbst hat schon Kurse für geflüchtete Frauen gegeben, etwa zum Thema Bewerbungen schreiben. „Immer wenn es im Lebenslauf etwas zu verbessern gab, sind die Frauen mit dem Computer zu mir gekommen. Und da hab ich mir gedacht: So, jetzt wird’s mal Zeit, dass sie das richtig kennenlernen.“

Wichtig für das eigene Selbstbewusstsein sind grundlegende digitale Kompetenzen: „Eine Frau wollte sich für eine Stelle im Kindergarten bewerben. Da ging es einfach nur darum, in der Küche mitzuhelfen, für die Kinder Äpfel zu schnippeln. Aber in der Ausschreibung stand: ‘Wir machen unsere Einkaufslisten mit Excel’. Sie hat sich dann gar nicht mehr getraut, das Bewerbungsschreiben abzuschicken. Sie dachte, sie schafft das nicht. Bei dem Kurs ging es mir deshalb darum, ganz einfach anzufangen“, sagt Szelecz.

Hanau: Johanniter stellen Laptops und Lernraum für Computer-Kurs

Quartiersmanagerin Gülhan Bilici leitet den Kurs, die Johanniter stellen Laptops und Lernraum zur Verfügung. In 80 Unterrichtseinheiten wurden insgesamt zehn Module abgearbeitet. „In den ersten Stunden ging es wirklich darum: Wie stecke ich die Maus ein? Darum, wie ich den Computer mit Strom verbinden kann“, erzählt sie. „Wir haben von Modul zu Modul immer mehr gelernt.“ Später lernen die Frauen etwa, wie man online in Hanau nach einem Hausarzt sucht. Worauf es ankommt, wenn man eine E-Mail vorbereitet. Oder wie mit dem Smartphone QR-Codes eingescannt werden.

Viele der Teilnehmerinnen kennt Bilici vom wöchentlichen Frauencafé, das sie jeden Donnerstag im Quartiersbüro anbietet. Einige der Frauen sind aus der Türkei nach Deutschland gekommen, ein paar arbeiten als Hausfrauen, als Putzkräfte, eine in der Kinderbetreuung an einer Kesselstädter Schule. „Viele waren eher unter sich, gerade während der Pandemie“, sagt Bilici. Das Beisammensein sieht sie deshalb ebenfalls als wichtigen Kursbestandteil. „Wir hatten sehr viel Spaß, haben gemeinsam gefrühstückt, uns gegenseitig unterstützt.“ Dass Bilici selbst Türkisch spricht, hilft. Viele technische Begriffe übersetzt sie, wenn es Verständnis-Probleme gibt.

Davon hat auch Ceyda Yavuz profitiert. In der Türkei studierte sie Bautechnik, spricht aber noch nicht gut genug Deutsch, um in ihrem Beruf zu arbeiten. Aktuell möchte sie ihre Sprachkenntnisse weiter verbessern und sich einen Job suchen, zum Beispiel in der Pflege – wie sie eine Bewerbungs-E-Mail aufsetzt, das hat sie in dem mehrmonatigen Kurs jedenfalls schon gelernt.

Hanau: Computer-Kurs könnte fortgesetzt werden

Darauf, dass noch mehr Hanauerinnen von Gülhan Bilicis Unterricht profitieren, hofft auch Kurs-Designerin Ildiko Szelecz. Finanziert wurde das Projekt nämlich aus Mitteln des WIR-Förderprogramms des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration, das Menschen mit Migrationsgeschichte mehr gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen will. „Die Fördergelder für die nächste Runde ab März sind jedenfalls schon beantragt“, sagt sie und lacht. (Julius Fastnacht)

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