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Mittelbuchener betonen Solidarität, benötigen aber Mehrzweckhalle zurück

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Von: Kerstin Biehl

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Die Stadtteilvereine wollen ihre Mehrzweckhalle zurück. Seit Ende März ist die Halle zur Notunterkunft für Geflüchtete umfunktioniert. Mittelbuchen fürchtet um seine Vereinskultur.
Die Stadtteilvereine wollen ihre Mehrzweckhalle zurück. Seit Ende März ist die Halle zur Notunterkunft für Geflüchtete umfunktioniert. Mittelbuchen fürchtet um seine Vereinskultur. © Kerstin Biehl

Groß war die Hoffnung im Stadtteil, ab Oktober die Mehrzweckhalle Mittelbuchen wieder für Vereinsaktivitäten nutzen zu können – noch größer ist nun die Enttäuschung darüber, dass dies auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird.

Mittelbuchen – Die Halle bleibt Notunterkunft (wir berichteten). Hatten dort bisher nur ukrainische Flüchtlinge eine Unterkunft, sind in der Sporthalle nun auch Geflüchtete aus Drittstaaten untergebracht.

„Mittelbuchen, und ich denke, ich spreche da für unseren gesamten Stadtteil, ist absolut solidarisch gegenüber den Geflüchteten, egal welcher Herkunft“, betont Ortsvorsteherin Caroline Geier-Roth im Gespräch mit unserer Zeitung. Das Verständnis für die Menschen, die in der Mittelbuchener Mehrzweckhalle untergebracht sind, sei enorm. Das zeige nicht nur das Willkommensfest, das der Stadtteil für die bislang dort untergebrachten Ukrainer veranstaltete habe, auch die große Geld- und Sachspendenbereitschaft untermauere dies.

„Aber wir brauchen unsere Halle zurück. Dringend. Sonst geht hier etwas kaputt“, sagt die Ortsvorsteherin mit Nachdruck. Geier Roth erklärt: „Den Vereinen, die die Halle normalerweise nutzen, wurden von der Stadt Alternativen angeboten. Diese sind aber viele Kilometer entfernt, das Erreichen mit zusätzlicher Zeit und Aufwand verbunden.“

Das berge die Gefahr, dass sich Vereinsmitglieder abmelden oder sich einen anderen Verein in einer Nachbarkommune suchen, zu dessen Trainingsstätte der Weg näher ist. „Die Folge ist, dass die Vereine kaputt gehen“, sagt Geier-Roth.

Dem pflichtet Ferdinand Deiss, Vorsitzender der Vereinsgemeinschaft Mittelbuchen, bei. „Mittelbuchen muss dringend wieder zum Alltag zurückfinden. Wir haben nur diese eine Halle. Die wird uns genommen. Sportlich wie kulturell. Die Mehrzweckhalle ist ein wichtiger Treff- und Anlaufpunkt, um die Dorfgemeinschaft und die Vereinsstruktur aufrecht zu erhalten.“

Angst vor Abwanderung in den Vereinen nennt auch er, nennt als Beispiel, dass eine der Alternativhallen mit Hin- und Rückweg über 30 Kilometer entfernt sei. „Da kann man nachvollziehen, dass das nicht jeder mitmacht.“

Auch Deiss betont die Solidarität mit allen Geflüchteten. „Mittelbuchen hatte sich auf die Flüchtlinge eingestellt, keiner ist gegen sie, wir helfen und machen“, sagt er.

Die Vereinsgemeinschaft und auch der Ortsbeirat haben die Wichtigkeit der Halle für den Stadtteil gegenüber Stadt und Kreis kommuniziert. Mitte September wandte sich Ferdinand Deiss etwa in einem Brief direkt an Landrat Thorsten Stolz, mit der Bitte im Namen der Mittelbuchener Vereine, sich für eine Räumung und Wiederherstellung der Mehrzweckhalle in absehbarer Zeit einzusetzen. Ein inhaltlich ähnliches Schreiben seitens des Ortsbeirates und der Vereine wurde zudem an den Magistrat der Stadt Hanau geschickt. Ohne Ergebnis. Zwar ist die belastende Situation für den Stadtteil der Stadt und auch dem Kreis durchaus bewusst, doch aufgrund der hohen wöchentlichen Zuteilungen an Flüchtlingen durch das Land Hessen sehen Stadt und Kreis derzeit keine Möglichkeit, die Halle zu räumen oder ein konkretes Räumungsdatum zu nennen.

Ortsvorsteherin Geier-Roth sieht die Weiterbelegung der Halle als ein weiteres Glied in der Kette des Trading-Down des Stadtteils. „Schließung der Sparkasse, des Stadtteilladens, Verschiebung des Kita-Neubaus“, zählt sie auf. „Wo wir noch stark waren, das waren die Vereine. 24 an der Zahl. Aber aufgrund der ungünstigen Umstände wird die Vereinsarbeit erschwert. Geht uns das auch noch kaputt, wäre das in der Gesamtbetrachtung für den ganzen Stadtteil fatal.“

Abhilfe, so Geier-Roth, könnte etwa das Errichten einer Leichtbauhalle schaffen. Oder eine Containerlösung zur Unterbringung der Geflüchteten. Platz wäre direkt neben der Mehrzweckhalle auf dem alten Festplatz. „Das wäre auch aus energetischer Sicht sinnvoll, denn die Hallendecke der Mehrzweckhalle ist meterhoch und schlecht isoliert, enorme Heizkosten sind vorprogrammiert.“ Die Idee wurde an die Stadt kommuniziert und wird geprüft.

Die Grundstimmung im Stadtteil beschreibt Geier-Roth als gedrückt und unruhig. Ihr Wunsch: Das Festlegen eines festen Termins, wann Mittelbuchen seine Halle zurückbekommt. „Damit wir etwas haben, worauf wir bauen können.“

Auch Winfried Lind, Vorstandsmitglied im Gewerbeverein Mittelbuchen, spricht von einer großen Unzufriedenheit im Stadtteil und bringt es auf den Punkt: „Für die Vereine ist die Weiterbelegung der Halle der Todesstoß. Sicher gibt es noch die Älteren, die ihrem Verein die Treue halten. Aber die Neubürger suchen sich Alternativen. Wir haben in Mittelbuchen nur diese eine Halle. Sie wegzunehmen, gräbt den Vereinen das Wasser ab.“ Der aktuelle Zustand, das unbefristete Vertrösten und die Unwissenheit darüber, wann wieder ein normaler Vereinsbetrieb möglich sein wird, sei unglücklich und blockiere einen ganzen Stadtteil. „Wir sind absolut solidarisch mit den Geflüchteten, wir sammeln und helfen“, stellt Lind, der sich diesbezüglich auch persönlich engagiert, klar. „Aber wir müssen mittelfristig eine Alternative für die Unterbringung der Flüchtlinge finden, damit Mittelbuchen wieder sein Vereinsleben zurückbekommt.“

Ein kleiner Lichtblick: Die Vereinsgemeinschaft hat entschieden, trotz aller Widrigkeiten, den Mittelbuchener Weihnachtsmarkt in diesem Jahr auszurichten. Rund zehn Vereine, so Deiss, werden sich an dem Markt, der am Samstag, 17. Dezember, stattfindet, beteiligen. „Und es sind alle eingeladen. Ukrainer, andere Geflüchtete, Mittelbuchener und alle, die kommen wollen.“

Von Kerstin Biehl

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