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„Nein“ zur Umbenennung des Kreisels am Freiheitsplatz in „Kurt Cobain Kreisel“

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Von: Kerstin Biehl

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Der Kreisel bei Nacht – auch der Randstein war schon beschriftet.
Der Kreisel bei Nacht – auch der Randstein war schon beschriftet. © -

Die Idee entstand aus einer Bierlaune heraus. 2012 stand Singer und Songwriter Reverend Schulzz alias Dirk Schulz mit seinem Kumpel, dem Werbetechniker Jürgen Müller, am Tresen ihrer Stammkneipe in der Schnurstraße und diskutierte über eine Aktion des Frankfurter Senders Radio Harmony, in der der 70. Geburtstag von Beatles-Sänger Paul McCartney an dem Verkehrskreisel an der Nordstraße/Freiheitsplatz mit dem Oberbürgermeister gefeiert wurde.

Hanau – „Das fanden wir irgendwie weit hergeholt. McCartney hat mit Hanau wirklich überhaupt nichts zu tun“, erinnern sich die beiden Hanauer. Näher dran, da waren sie sich einig, sei doch definitiv Kurt Cobain. Den Sänger der 90er-Kultband Nirvana sollte man feiern – besser noch, den Kreisel nach ihm benennen. Immerhin ist der Grungerocker einst in Hanau aufgetreten.

Und so kam es, dass der Kreisel an der Nordstraße am Freiheitsplatz unter den Freunden fortan „Kurt Cobain Kreisel“ hieß. Der Name machte die Runde – in der Kneipe, im Freundeskreis und bald auch in ganz Hanau und über die Stadtgrenzen hinaus. So große Kreise zog der Titel, dass mittlerweile selbst Google Maps besagten Kreisel als „Kurt Cobain Kreisel“ führt.

Zur privaten Kreiseltaufe brachten die Freunde ein Namensschild an. Damals stand in der Kreiselmitte noch eine Laterne mit Betonpfahl. „Das Schild haben wir nur für uns gemacht. Ganz privat“, erzählt Dirk Schulz. Doch schnell seien die Schilder als Andenken sehr begehrt gewesen und immer wieder verschwunden. „Wir haben sie wieder und wieder erneuert“, erinnert sich der 56-Jährige und berichtet von Touristen, aber auch Hanauern, die sich an dem Schild haben fotografieren lassen.

Mit Kurt Cobain verbindet den Singer und Songwriter Reverend Schulzz eine ganz besondere Beziehung. „Nirvana trat am 18. November 1989 im Ku-Ba in Kesselstadt als Vorgruppe auf. Ein Jahr später waren sie weltberühmt.“ Schulz saß damals mit Kurt Cobain am Tresen. „Wir haben Becks und Sekt getrunken. Und uns drei Stunden unterhalten.“ Cobains Musik habe er „strange“ gefunden. „Aber der Typ war sehr nett. Und kein bisschen auf Drogen – zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht.“

Cobains Lieblingsbuch von Hermann Hesse sei „Der Steppenwolf“ gewesen. „Über diesen Autor unterhielten wir uns unter anderem in jener Nacht am Tresen im Ku-Ba, als ich den Sänger nach der Herkunft des Namens seiner Band fragte. Ich dachte, er kam durch Hesses Buch ‘Siddhartha’ drauf, war aber nicht so“, berichtet Schulz.

Als die Laterne am Kreisel abgebaut wurde und der heutigen Grünbepflanzung wich, beschrifteten die Kumpels kurzerhand die Bordsteinkante. „Und als im Winter ein Weihnachtsbaum im Kreisel aufgestellt wurde, war das natürlich der Kurt Cobain Weihnachtsbaum“, sagt Jürgen Müller.

Dass Schulz und Müller hinter der Aktion stecken, sollte eigentlich geheim bleiben. „So ein bisschen Banksy-mäßig, das hat es spannender gemacht“, lacht Schulz. Aber wie das mit Geheimnissen so ist, lange sind sie nie geheim. Und so schlug die Geschichte bei den Grünen im Ortsbeirat Innenstadt auf. Die stellten in der letzten Ortsbeiratssitzung den Antrag, den Kreisel an der Nordstraße offiziell „Kurt Cobain Kreisel“ zu nennen und dort ein entsprechend künstlerisch gestaltetes Schild zu installieren. „Wir hätten alle Kosten für das Schild und die Montage übernommen“, so Schulz und Müller.

Nirvana und Kurt Cobain, hieß es in der Antragsbegründung der Grünen, gelten als die Erfinder des Grunge, eines Musikstils, der in Seattle im Bundesstaat Washington seinen Ursprung hat. Mit der Veröffentlichung des Albums „Nevermind“ im September 1991 wurden Nirvana auf einen Schlag weltberühmt und zu absoluten Superstars. Leider starb Kurt Cobain am 5. April 1994 im Alter von 27 Jahren. Sein Name steht für die vielfältige Tradition von internationalen Musikern und Bands, die seit den 1950er Jahren in Hanauer Gaststätten und Clubs aufgetreten sind.

„Die Widmung des bislang namenlosen Kreisels in Kurt Cobain Kreisel weist somit auf die reiche Live-Musikgeschichte in Hanau hin“, stand in dem Grünen-Antrag. Und weiter: „Mit einem Kurt Cobain Kreisel hätte die Stadt auch ein weltweites Alleinstellungsmerkmal, da bei Internetrecherche kein weiterer Platz, Straße, etc. mit dem Namen dieses Künstlers zu finden ist.“

Alle Mühe vergebens: Sieben Ja-Stimmen (von den Grünen, den Linken, der Partei und der FDP) gegen neun Nein-Stimmen haben in der vergangenen Sitzung des Ortsbeirats Innenstadt das Aus für die offizielle Umbenennung des Kreisels am Freiheitsplatz in „Kurt Cobain Kreisel“ besiegelt.

Laut Schulz und Müller ist eines der Gegenargumente gewesen, den Kreisel doch nicht nach einem Drogenabhängigen benennen zu können. „Eine sehr provinzielle Einschätzung“, meint Schulz. „Warum sollte man eine Stadt wie Hanau denn durch so eine Aktion nicht bunter machen?“

Auch im Netz gab es reichlich Reaktionen auf den Ortsbeiratsentschluss. Hauptsächlich zeigten sich die User dort enttäuscht und bezeichneten die Cobain-Kreisel-Gegner als humorlos.

Schulz und Müller tragen die Niederlage mit Humor: „Letzten Endes ist es ja aus einer Spaßaktion heraus entstanden. Und mit der haben wir es immerhin bis in den Ortsbeirat geschafft.“

Von Kerstin Biehl

Die Kreisel-Initiatoren Jürgen Müller und Dirk Schulz tragen das Abstimmungsergebnis mit Humor: „Immerhin haben wir es soweit gebracht“, sind sie sich einig.
Die Kreisel-Initiatoren Jürgen Müller und Dirk Schulz tragen das Abstimmungsergebnis mit Humor: „Immerhin haben wir es soweit gebracht“, sind sie sich einig. © Kerstin Biehl/Privat
Kurt Cobain
Kurt Cobain © -

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