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Mann verkauft Mercedes und bekommt 12.500 Euro Falschgeld dafür

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Von: Thorsten Becker

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Ein Autoverkauf entwickelt sich für einen 35-Jährigen aus Nidderau zum Alptraum. Er sitzt einem Betrüger auf.

Nidderau/Hanau – Alles läuft an diesem Sommerabend, wie es sich der 35-Jährige L. aus Nidderau (Main-Kinzig-Kreis) vorgestellt hat. Der Interessent ist zusammen mit Kumpels angereist. Er hat auf das Verkaufsangebot im Internet reagiert. Der weiße Mercedes E 350 CDI steht zur Probefahrt bereit. Dass sich „Erik Katz“ erst gegen 20.45 Uhr angemeldet hat, stört L. nicht im Geringsten.

„Er sagte, er komme nach der Arbeit.“ Außerdem hat der Herr „Katz“ eine längere Anreise aus dem Rheingau-Taunus-Kreis. „Wir sind dann gemeinsam Probe gefahren.“ Dann sind sich die beiden Männer handelseinig. Der Wagen soll für 12 500 Euro den Besitzer wechseln. Auf der Spritztour gibt es einen Zwischenstopp bei einer Bank in Ostheim. „Er sagte mir, er habe noch Geld abheben müssen.“

Inzwischen ist es schon spät geworden an diesem 20. Juni 2019, den L. wohl nicht so schnell vergessen wird. Es wird dunkel. „Aber das Wetter war sehr warm“, erinnert sich der Nidderauer. Da alles seine Ordnung haben muss, werden auf der Kofferraumhaube die nötigen Formulare ausgefüllt. Dann nimmt Herr „Katz“ einen braunen Umschlag und öffnet ihn. „Er hat es vor meinen Augen gezählt“, sagt der Verkäufer. Schlüssel und Fahrzeugpapiere werden übergeben, der Umschlag wechselt seinen Besitzer – der Vertrag ist perfekt. Herr „Katz“ und seine Freunde fahren mit dem weißen Mercedes davon.

Der Stern ist das Markenzeichen von Mercedes. Ein privater Autoverkauf ist nun in Hanau vor Gericht gelandet. (Symbolbild)
Der Stern ist das Markenzeichen von Mercedes. Ein privater Autoverkauf ist nun in Hanau vor Gericht gelandet. (Symbolbild) © Sven Hoppe/dpa/Archiv

Nidderau/Hanau: Böse Falschgeld-Überraschung in der heimischen Wohnung

Wenige Minuten später gibt es für L. eine böse Überraschung, als er in den heimischen vier Wänden den Umschlag öffnet und die 25 Scheine hervorholt. „Es hat nicht geglitzert.“ Auch das Papier habe sich anders angefühlt. Schnell stellt er fest: Der Nennwert der 500-Euro-Scheine stimmt. Doch es sind „Blüten“ – offenbar mit einem Kopierer hergestelltes Falschgeld. „Ich habe den Glitzerstreifen nicht gesehen, er hat es wohl von der anderen Seite gezählt“, berichtet das Opfer am Schöffengericht in Hanau unter dem Vorsitz von Amtsrichterin Judith Schlootz.

„Und wie ging es dann weiter?“, will die Juristin wissen. L. ist verzweifelt: „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass so etwas geschehen kann. Ich habe nicht damit gerechnet.“ Dann ruft er Herrn „Katz“ an, will sein Auto zurück. Doch der hält ihn hin. Schließlich erstattet der Nidderauer Anzeige bei der Polizei.

Nidderau/Hanau: Bis zu fünf Jahre Haft drohen Mercedes-Betrüger

„Und der Herr auf der Anklagebank?“, will Richterin Schlootz wissen. „Das ist er“, bestätigt L., der inzwischen mehr weiß. „Katz“ heißt der Angeklagte nicht, denn auch die Personalien hat er auf dem Vertrag falsch angegeben. Und das Betrugsopfer ist bislang leer ausgegangen. Weder den Mercedes noch echtes Geld hat er bekommen. Er hat nur die Gewissheit: Das angebliche Geldabheben am Bankautomaten war ebenso eine Finte wie der Vertragsabschluss und die Geldübergabe in der lauen Dämmerung.

In Nidderau ist ein Auto mit falschen 500-Euro-Banknoten bezahlt worden. Symbol
In Nidderau ist ein Auto mit falschen 500-Euro-Banknoten bezahlt worden. Symbol © Andreas Arnold/dpa

Nun nimmt das Schöffengericht diesen Fall unter die Lupe. Und für den Angeklagten steht einiges auf dem Spiel. Denn Staatsanwalt Martin Links wirft ihm Betrug und Geldfälschung vor. Vor allem die Herstellung von „Blüten“ wird vom Gesetz hart bestraft. Es drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis. Das weiß auch Jennifer Pia Gehrke, die Strafverteidigerin von Herrn „Katz“, die gleich eine Charmeoffensive startet: „Ich kenne die Akte und weiß, wie die Beweislage ist“, sagt sie bereits nach Vortrag der Anklageschrift und legt die Karten offen: „Mein Mandant will nicht ins Gefängnis.“

Nidderau/Hanau: Angeklagter einschlägig vorbestraft

Das ist ein nachvollziehbarer Wunsch. Offen ist jedoch, ob Staatsanwalt – und letztlich das Gericht – diesen Wunsch erfüllen werden. Denn Links erinnert den Angeklagten, der bisher zu den Vorwürfen geschwiegen hat, sowie dessen Rechtsanwältin an das, „was hier mitgebracht wird“. Damit meint er die Vorstrafen des Herrn „Katz“: Ein Jahr und drei Monate Gefängnis, die zur Bewährung ausgesetzt sind – wegen Geldfälschung. Der Prozess wird fortgesetzt. (Thorsten Becker)

Der letzte aufsehenerregende Prozess rund um Falschgeldbetrug ist erst wenige Jahre her. 2020 waren in Hanau drei Männer angeklagt, weil sie zehntausende „Blüten“ in Umlauf gebracht haben sollen.

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