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OB erstattet Anzeige gegen den als Betreuer eingesetzten Anwalt Fischer

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Von: Kerstin Biehl

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Pressekonferenz wegen Hanauer Anwalt Holger Fischer: OB Kaminsky, Kreisbeigeordnete Simmler und Therapeutin Höllmer.
Pressekonferenz wegen Hanauer Anwalt Holger Fischer: OB Kaminsky, Kreisbeigeordnete Simmler und Therapeutin Höllmer. © Patrick Scheiber

Gesetzliche Betreuer regeln Angelegenheiten für Menschen, die dazu nicht in der Lage sind. Sie müssen stets im Sinne und zum Wohl der Betreuten handeln. Im Fall des Hanauer Rechtsanwalts Holger Fischer, der im Kreis mit der Betreuung von 79 Menschen betraut ist, wird dies angezweifelt.

Hanau – Angezweifelt wird dies von einer ganzen Reihe von Leuten: von dem Bruder eines von Fischer betreuten Mannes, von der Therapeutin Birgit Höllmer, von Martin Berg, dem Geschäftsführer des Behindertenwerks, von der Ersten Kreisbeigeordneten Susanne Simmler und von Oberbürgermeister Claus Kaminsky. Fischer soll demnach „massiv Druck ausüben auf die von ihm Betreuten, sich nicht impfen zu lassen. Und wenn sich diese doch impfen lassen, werden gegenüber ihnen Bestrafungen ausgeübt“, sagt Kaminsky.

Er hat Strafanzeige gegen Holger Fischer gestellt. Wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen. Und wegen Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole.

Denn der Hanauer Rechtsanwalt hat sich auch in der Querdenkerszene einen Namen gemacht. Verbreitet dort Parolen wie „Coronaimpfungen sind Völkermord“ oder „Die Maßnahmen für Kinder in Schulen sind Folter“. Ein entsprechendes Video, in dem Fischer spricht, leitete eine gestrige Pressekonferenz im Rathaus ein. Sie stellte sich der Frage, ob Holger Fischer als Betreuungsperson geeignet ist.

„Das ist er keineswegs. Ein Querdenker ist für mich als Betreuer schlicht ungeeignet“, machte der OB deutlich und gab damit die Meinung der übrigen Anwesenden – Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler, Martin Berg, Chef des Behindertenwerks Main-Kinzig sowie die Sozialpädagogin und Therapeutin Birgit Höllmer – wieder.

In die Öffentlichkeit gehoben wurde Fischers Handeln in der vergangenen Woche vom Hessischen Rundfunk. Dieser berichtete unter dem Titel „Querdenker-Anwalt will keine Corona-Impfungen für Betreute“ darüber, dass sich Fischer bei einem von ihm betreuten, geistig behinderten Menschen, gegen eine Corona-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff eingesetzt habe – obwohl der Betreute im Heim lebt und zur Risikogruppe gehört.

Das und die Aussagen von BWMK-Chef Martin Berg riefen OB Kaminsky auf den Plan, sich der Sache anzunehmen: „Es ist unfassbar, dass sich offenbar niemand dafür zuständig fühlt, diesem Mann klare Grenzen zu setzen.“ Berg, in dessen Einrichtungen rund die Hälfte von Fischers Betreuungsfällen sind, berichtet von Fischers Hinterfragen der Maskenpflicht, davon, dass Fischer seinen Betreuten geraten habe, die Einrichtungen nicht mehr zu besuchen und von einer Manipulation in Richtung Nicht-Impfung. Berg nannte mündlich überlieferte Beispiele. So habe Fischer einer Dame gegenüber empfohlen, sich nicht impfen zu lassen, denn täte sie dies, wäre sie drei Monate später tot. Zu einer anderen Person soll er gesagt haben, wenn sie sich impfen lasse, sei sie tot. Und zu einer weiteren, dass sie, lasse sie sich impfen, nicht mehr einfach ohne Termin zu ihm ins Büro kommen könne.

Er habe seine Unterschrift zur Impfeinwilligung verweigert mit der Begründung, dass er kein Mörder sei, darauf hingewiesen, dass die Impfung schon vielen Älteren das Leben gekostet habe.

„Er hat seine Macht missbraucht, manipuliert und für Verunsicherung gesorgt. Deshalb müssen wir diese Missstände öffentlich machen“, so Berg.

Auch die Hanauer Therapeutin und Sozialpädagogin Birgit Höllmer beschreibt die „große Verunsicherung“ der Betreuten. „Und auch wir in den Einrichtungen waren verunsichert, inwieweit wir uns einmischen dürfen. Wir brauchen unbedingt eine Klarheit des Handelns.“

Nach Meinung Kaminskys hat Fischer „nicht das Wohl der ihm anvertrauten Personen im Blick, sondern die eigenen kruden Ideen zur Pandemie.“ Fischer, der für seine Arbeit laut Kaminsky „viele 1000 Euro“ bekommt, sei mit der Fürsorge für die Schwächsten der Schwachen betraut worden. „Wenn eine damit beauftragte Person ihre Aufgabe so offensichtlich zum Nachtteil der zu Betreuenden ausübt, müssen wir uns darum kümmern und uns schützend für sie einsetzen“ , so Kaminsky, der zugleich betont, dass die Betreuer in der Region „großartige Arbeit leisten“ und es um diesen speziellen Fall gehe.

Kaminsky hat die Rechtsanwaltskammer Frankfurt damit beauftragt, Fischers Zulassung als Rechtsanwalt zu überprüfen und ihm diese ggf. zu entziehen. „Wer öffentlich unter Bezugnahme auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt äußert: ‘Politiker sind Mörder’ (...) darf nicht mehr unter der Berufsbezeichnung Rechtsanwalt auftreten.“

Unsere Zeitung hat Holger Fischer mit den Vorwürfen und der Anzeige konfrontiert. Fischer dazu: „Wahrscheinlich reagiert Kaminsky auf mich, um von dem Shit-storm gegen sich anlässlich des Jahrestags zum ‘Massaker von Hanau’ wegen seines unglücklichen Vergleichs mit dem 19.03.1945 abzulenken. Da komme ich als Sündenbock doch gerade recht. Ich weiß nicht, welche Misshandlung von Schutzbefohlenen er sieht, ich weiß auch nicht, welche Symbole des Staates ich missbraucht haben soll. Er sollte sich besser nicht in die Justiz-Angelegenheiten einmischen. Die ist auf ihn und seine Hetze nicht angewiesen und entscheidet ohne ihn.“

Und weiter: „Vor zwei Jahren stand ich anlässlich der Mahnwache mit Kaminsky, Steinmeier und Bouffier am Tag nach dem ‘Massaker von Hanau’ auf dem Marktplatz. Den Reden der drei gegen Hass, Ausgrenzung und Hetze klatschte ich Beifall. Heute hasst Kaminsky mich, grenzt mich aus und hetzt gegen mich. Was habe ich ihm eigentlich getan? Herrn Kaminskys Kampagne gegen mich ist strafrechtlich relevant.“

Laut Fischer verstößt Kaminsky gegen seine Beamtenpflichten, sowohl das Mäßigungs- als auch das Neutralitätsgebot. „Ich finde sein Verhalten auffällig. Er kennt mich überhaupt nicht. Wenn er mit mir sprechen will, soll er sich melden. Ich brächte dann auch einige Impfgeschädigte mit, die nun reihenweise Hilfe suchen, medizinisch, juristisch. Vielleicht kann er sie unterstützen.“

Die Causa Fischer nimmt Kreisbeigeordnete Susanne Simmler zum Anlass, sich kritisch mit der grundsätzlichen Frage nach Eignungstests und Mindeststandards für Betreuer sowie Höchstgrenzen an zu Betreuenden auseinanderzusetzen. Bisher fehlten solche Regelungen.

„Für uns“, sagt Kaminsky, „bleibt aus all dem im Grunde nur zu hoffen, dass Herr Fischer lieber heute als morgen von dieser Betreuungsaufgabe abgezogen wird. Denn jeder weitere Tag, an dem er als Betreuer fungiert, muss verantwortet werden. Und wer will das verantworten?“

Von Kerstin Biehl

Ich bin sehr in Sorge angesichts dieses Berufsbetreuers, der seine Macht missbraucht und nicht in der Lage ist, im Interesse seiner Schützling und der Gesellschaft zu handeln.
Ich bin sehr in Sorge angesichts dieses Berufsbetreuers, der seine Macht missbraucht und nicht in der Lage ist, im Interesse seiner Schützling und der Gesellschaft zu handeln. © -
Birgit Höllmer Therapeutin und Pädagogin
Birgit Höllmer Therapeutin und Pädagogin © -

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