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Premiere für Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ im Amphitheater Hanau

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Von: Mirjam Fritzsche

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Die Elfen singen Titania (Kira Primke) in den Schlaf. Da ahnt die Königin noch nicht, dass ihr Gemahl Oberon sie mithilfe einer magischen Blume verzaubern möchte.
Die Elfen singen Titania (Kira Primke) in den Schlaf. Da ahnt die Königin noch nicht, dass ihr Gemahl Oberon sie mithilfe einer magischen Blume verzaubern möchte. © Scheiber/Moritz Göbel

Hanau – Die Rahmenbedingungen hätten kaum besser sein können für die Premiere von Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ am Samstagabend. Sommerliche Temperaturen versetzen die Zuschauer im Hanauer Amphitheater in die richtige Stimmung für den Klassiker der Weltliteratur. Mit Elfen und Zauberblumen passt das Verwirrspiel um die Liebe perfekt in das märchenhafte Repertoire der Brüder-Grimm-Festspiele. Jan Radermachers Inszenierung überrascht mit Gesangs- und Tanzeinlagen, einem Puck als Punker und Dialogen mit hessischem Einschlag.

Es ist sicher eine Herausforderung, einem Stück, das seit mehr als 400 Jahren aufgeführt wird, seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Aber auch den Zuschauern wird einiges abverlangt. So gibt es gleich vier Handlungsstränge: die Hochzeit des Herzogs Theseus, die Liebesverwirrungen zwischen Demetrius (Leonard Schärf) und Helena (Victoria Grace Findlay) sowie Lysander (Marcus Abdel-Messih) und Hermia (Kristina Willmaser), die Intrigen in der Elfenwelt und das Stück im Stück, „Pyramos und Thisbe“. Wer die Komödie noch nicht gesehen hat, sollte sich vorab unbedingt eine Zusammenfassung zu Gemüte führen. Dann ist es einfacher, der fast zweieinhalbstündigen Handlung zu folgen.

Wunderschön: Der Vollmond versetzt das Amphitheater in eine besondere Stimmung.
Wunderschön: Der Vollmond versetzt das Amphitheater in eine besondere Stimmung. © Scheiber/Moritz Göbel

Zumal sich unsere modernen Ohren erst einmal in die Sprache des 19. Jahrhunderts „hineinhören“ müssen. Aus dieser Zeit datiert August Wilhelm Schlegels Übersetzung ins Deutsche.

Regisseur Jan Radermacher hat im Vorfeld betont, dass die Fassung zwar gekürzt, aber weitgehend original gelassen wurde. Die „wunderschönen Formulierungen“ machten schließlich einen Teil des Charmes der Komödie aus. Die bekanntermaßen schwierige Akustik unter dem Zeltdach erschwert es jedoch an manchen Stellen, den Dialogen vollständig zu folgen.

Dafür harmonieren Bühnenbild und Lichteffekte wunderbar in den einzelnen Szenen. Hervorzuheben ist der Wechsel vom Hofe Theseus in die Wälder rund um Athen. Ein Blättergeflecht, über die Bühnenelemente geworfen, die Kulisse in blaues Licht getaucht sowie ein riesiger Mond erzeugen eine zauberhafte Stimmung im Amphitheater.

Mit Lederjacke und Punkerfrisur: Der Elf Puck (Florian Rast) ist der Liebling des Publikums.
Mit Lederjacke und Punkerfrisur: Der Elf Puck (Florian Rast) ist der Liebling des Publikums. © Scheiber/Moritz Göbel

Ein echter Hingucker sind auch die Elfen mit Punkerfrisur und Irokesenschnitt. Der bekanntesten Figur des „Sommernachtstraum“, dem Elf Puck, verleiht Florian Rast ein markantes Gesicht. Mit lilafarbenem Haar und Lederjacke zieht er die Zuschauer vor allem durch sein bewegtes Mienenspiel in den Bann. Mal fährt er mit seinen rollenden Turnschuhen über die Bühne, mal düst er auf einem Fahrrad und mit „Hellas“-Rufen an der ersten Zuschauerreihe vorbei.

So gibt es viele kleine Einfälle, die einfach Spaß machen. Da bezieht die schöne Helena die Zuschauer beim Wäschefalten mit ein. Und beim Theater der Handwerker, dem Stück im Stück, hat der Regisseur seine künstlerische Freiheit kreativ genutzt. Statt Zimmermann, Schreiner oder Schneider treten Mitarbeiter der Technik und des Nachtdienstes auf, telefonieren mit ihren Handys. Renate Schnock von Frankfurt Ticket (Johanna Haas) babbelt gar uff Hessisch.

Stück im Stück funktioniert auch nach 400 Jahren

Dabei zeigt sich: Die unfreiwillig komische Aufführung der Tragödie um „Pyramos und Thisbe“ funktioniert auch nach 400 Jahren noch. Die Truppe der „Laiendarsteller“ rund um Zettel (Dieter Gring) macht mit ihren dilettantischen Versuchen, dramatisch zu sein, auch heute noch Vergnügen. Es wird viel gelacht im Amphitheater, als Zettel sich am Ende mit einem Besenstiel selbst erdolcht und Pyramos und Thisbe (Soufjan Ibrahim) durch einen Spalt einer Wand (dargestellt von Benedikt Selzner) miteinander Liebesschwüre austauschen.

Besonders gut herausgearbeitet ist auch die Rolle des Elfenkönigs Oberon (Julian M. Boine), der mit seiner Gemahlin Titania (Kira Primke) im Klinsch liegt. Um sie gefügig zu machen, will er sie mit einem Liebesbann belegen. Dafür muss sein Diener Puck eine Zauberblume besorgen. Damit richtet er am Ende ein ziemliches Durcheinander unter den Liebenden im Wald an. Vor allem im zweiten Teil der Aufführung gibt es viel Bewegung auf der Bühne. Unter anderem kämpfen die Liebenden mit Stöcken gegeneinander oder verfolgen sich.

Auch Zettel ist Teil des Verwirrspiels und glaubt am Ende, er habe geträumt. „Des Menschen Auge hat’s nicht gehört, des Menschen Ohr hat’s nicht gesehen, des Menschen Hand kann’s nicht schmecken“, sagt er es mit Shakespeares Worten.

Wollen fliehen: Lysander (Marcus Abdel-Messih) und Hermia (Kristina Willmaser, links) erklären sich Helena (Victoria Grace Findlay).
Wollen fliehen: Lysander (Marcus Abdel-Messih) und Hermia (Kristina Willmaser, links) erklären sich Helena (Victoria Grace Findlay). © Scheiber/Moritz Göbel

Dass die Inszenierung relativ viele Gesangs- und Tanzeinlagen besitzt, kommt nicht bei allen Zuschauern gut an. „Das lenkt zu sehr ab“, befindet eine Freundin der klassischen Aufführung bereits in der Pause.

Das Gute: Das Happy End dieser unbeschwerten Komödie steht von Beginn an fest. Das Publikum in Hanau wird mit einem guten Gefühl in die Sommernacht entlassen. „Ein Theater, das gefällt“, hatte sich der Regisseur als Ziel gesetzt, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung erläuterte. Das ist ihm – mit kleinen Abstrichen – gelungen.

Weitere Aufführungen

Die nächsten Termine sind am Freitag, 17. Juni, um 20.30 Uhr sowie am Samstag, 18. Juni, ebenfalls um 20.30 Uhr im Amphitheater Hanau. Infos und Tickets: festspiele-hanau.de

(Mirjam Fritzsche)

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