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Brand auf Reiterhof Kaltenborn: Gericht verurteilt 56-Jährige zu acht Jahren Haft

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Von: Caspar Felix Hoffmann

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Das Landgericht Hanau verurteilt die 56-jährige Petra R. wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung zu acht Jahren Haft.

Update vom Mittwoch, 26. April: Wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung ist die 56-jährige Petra R. vom Landgericht Hanau zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Die Schwurgerichtskammer sah es als erwiesen an, dass die ehemalige Reitlehrerin im August vergangenen Jahres nachts ein historisches Bauernhaus, in dem sie seit Jahren zur Miete wohnte, in Brand gesetzt und dabei den Tod von drei Bewohnern „billigend in Kauf genommen“ hat (siehe Erstmeldung).

Die Angeklagte soll im August der vorigen Jahres Feuer auf dem Hofgut Kaltenborn bei Gelnhausen gelegt haben. Die Bewohner konnten sich retten. Archivfoto: Privat
Die Angeklagte soll im August der vorigen Jahres Feuer auf dem Hofgut Kaltenborn bei Gelnhausen gelegt haben. Die Bewohner konnten sich retten. © -

Mit dem am Montag (24. April) verkündeten Urteil blieb das Gericht unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und zehn Monaten gefordert hatte. Die Verteidigung hatte eine Freiheitsstrafe „im Ermessen des Gerichts“ gefordert. Strafmildernd wertete das Gericht, dass die 56-Jährige die Tat teilweise eingeräumt hatte und nicht vorbestraft war. Eine Wiederholungsgefahr sah das Gericht nicht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

56-Jährige soll Brand auf Hofgut gelegt haben – Suche nach Brandbeschleuniger

Erstmeldung vom Freitag, 21. April: Hanau – Im Prozess wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung hat Staatsanwältin Jana Gladeck in ihrem Plädoyer am Freitag für die Angeklagte Petra R. eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und zehn Monaten gefordert. Die 56-Jährige muss sich vor der 1. Schwurgerichtskammer am Landgericht Hanau verantworten, weil sie im August vergangenen Jahres ihre Wohnung im historischen Hofgut Kaltenborn in Brand gesetzt haben soll.

Die vier Personen, die während Ausbruch des Feuers in den anderen Wohnungen schliefen, konnten sich vor den Flammen retten. Das Gut wurde durch den Brand völlig zerstört. Der Schaden soll sich auf mehr als zwei Millionen Euro belaufen.

Dass Petra R. die Tat in verminderter Schuldfähigkeit ausübte, schloss die Anklagevertreterin nicht aus. Dies und die umfängliche Einlassung von R. hätten die Forderung nach einer lebenslangen Gefängnisstrafe vermindert, heißt es auf Nachfrage dieser Zeitung. Der psychiatrische Gutachter erklärte in der Sitzung zuvor, R. leide unter schweren Depressionen mit einem erkennbaren Selbsttötungswillen. Mutmaßlich sei die Brandstiftung während einer „schweren depressiven Episode“ und „affektiven Labilität“ erfolgt.

Prozess am Landgericht Hanau: 56-Jährige wollte sich ein Jahr vor dem Brand das Leben nehmen

Rund ein halbes Jahr vor dem Brand soll sich bei der Beschuldigten der Entschluss gefestigt haben, sich das Leben zu nehmen, in der Schweiz, ein Sehnsuchtsort von R. Als Grund für den geplanten Suizid nannte die 56-Jährige die Folgen aus zwei Corona-Erkrankungen und zwei Unfällen. Schmerzen und Antriebslosigkeit hätten ihr die Ausübung ihres Berufs als Reitlehrerin und Bereiterin zunehmend schwieriger gemacht.

Überdies habe sie immer weniger ertragen können, wie der Mensch mit Natur und Tieren umgehe. Laut Gutachten und Zeugen soll R. sich sehr gut mit Hunden und Pferden verstehen, mit Menschen habe sie hingegen erhebliche Probleme. In dieser Gemütslage begann sie, verstärkt Alkohol zu trinken, um die Schmerzen zu betäuben, und Tabletten zu sammeln, um sich damit irgendwann zu töten.

Bei ihren langjährigen Kunden kündigte R. ihr Vorhaben an, zumeist unter dem falschen Vorwand, schwer an Krebs erkrankt zu sein, und nun das Ende selbst bestimmen zu wollen. Mehrfach erklärte sich R. ihren Kunden hierzu in Voice-Mails, die in der Verhandlung abgespielt wurde. Die Vorbereitungen zum selbst gewählten Ende verliefen offenbar akribisch. Sie gab ihre Pferde und ihren jüngeren Hund ab und recherchierte in Sachen Suizid.

Landgericht Hanau: 56-Jährige vor Prozess in der Schweiz festgenommen

Das Auslesen von R.s beiden Handys durch die Polizei brachte hervor, dass R. aber auch intensiv recherchierte, was sich etwa als Brandbeschleuniger eigene, wie die freiwilligen Feuerwehren in ihrer Dienstbereitschaft aufgestellt sind und wie lange es dauert, bis sie am Brandort eintreffen. Von den Ergebnissen machte R. sich dann Bildschirmkopien.

Gleichwohl die Angeklagte vor Gericht die Stunden vor und nach Abfahrt, die mutmaßlich spontan beschlossen wurde, weitgehend durchgängig schildern konnte, konnte sie sich an den Moment, in dem sie die Wohnung verließ, nicht mehr erinnern. Die genaue Brandursache konnten die Sachverständigen nicht ermitteln, das Feuer sei mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Küche ausgebrochen, hieß es. Die Staatsanwältin bezeichnete in ihrem Plädoyer R.s Erinnerungslücke als eine Schutzbehauptung.

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R. wurde mehrere Tage nach dem Brand in der Schweiz festgenommen. Die Nachricht von dem Brand soll sie mit einer gewissen Gleichgültigkeit hingenommen haben. In der Auslieferungszelle soll R. versucht haben, sich selbst zu töten. Sie gilt auch jetzt noch als suizidgefährdet. Ihr Verteidiger Hans-Jürgen Kost-Stenger plädierte für eine „Freiheitsstrafe im Ermessen des Gerichts“, genauer für eine Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt auf unbestimmte Zeit.

Am Montag, 24. April, soll das Urteil fallen. (Detlev Sundermann, cas)

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