Sparkasse Hanau schließt ihre Filiale in Mittelbuchen

Hanaus kleinster Stadtteil muss in Zukunft ohne Sparkassenfiliale auskommen. Zum Ende des Jahres soll die Filiale an der Alten Rathausstraße geschlossen werden. Das bestätigte gestern auf Nachfrage unserer Zeitung Stefan Schüßler von der Unternehmenskommunikation des Geldinstituts.
Mittelbuchen – „Während heute der Kunde im Schnitt ein- bis zweimal im Jahr in unsere Filialen kommt, kontaktiert er uns sieben- bis zehnmal im Monat über das Online-Banking und 20 bis 30 Mal im Monat über unsere App“, so die Begründung der Schließung. Und weiter: „Zudem kommt die seit rund 15 Monaten anhaltende Corona-Pandemie hinzu, die die Nutzung digitaler Angebote nochmals beschleunigt und zu einem deutlichen Rückgang der Besucherfrequenz sowie der Nutzung der SB-Geräte geführt hat.“ So seien seit 2018 in Teilbereichen die Nutzungszahlen, zum Beispiel bei Kundenterminen, um rund drei Viertel zurückgegangen.
Noch vor ein paar Jahren, nach dem Weggang der Volksbank aus dem Stadtteil, hatte die Sparkasse Hanau damit geworben, die Mittelbuchener Filiale erhalten zu wollen. Allerdings, so die Sparkasse jetzt, habe die „Schließung der Filiale eines Wettbewerbers nicht zu einer verstärkten Nutzung unserer Filiale geführt. Im Gegenteil: Die Kundenfrequenz ist weiter gesunken“.
Seit langer Zeit gebe es einen stabilen Trend bei den wesentlichen Einflussfaktoren auf das Geschäftsmodell: die anhaltende Niedrigzinsphase, die voranschreitende Digitalisierung und daraus resultierend ein nachhaltig geändertes Kundenverhalten.
Bleibt bei Schließungen von Filialen in anderen Kommunen oder Stadtteilen zumindest der Geldautomat erhalten, soll in Mittelbuchen dieser ebenfalls wegfallen. Die Nutzungszahlen der Selbstbedienungsgeräte hätten – bereits vor der Pandemie – deutlich abgenommen, so Schüßler. Ein Erhalt der Geräte auch aus wirtschaftlicher Sicht sei nicht zweckmäßig.
Ob bei all dem auch an die ältere Bevölkerung des Stadtteils gedacht wurde, Menschen, die sich weder mit Smartphone noch mit Onlinebanking auskennen und zudem nicht mobil sind? Die Antwort der Sparkasse: „Die Filiale in Mittelbuchen liegt räumlich nahe am Beratungs-center Bruchköbel (rund 2,3 Kilometer), dem Geldautomaten im Nahversorgungszentrum Am Galgengarten, ebenfalls in Bruchköbel (etwa 1,5 Kilometer) und der Filiale Wachenbuchen (etwa 2,5 Kilometer). Somit ist es möglich, dass Kunden innerhalb eines kleinen Radius eine Filiale erreichen können, um alle Bankgeschäft tätigen zu können. Wir bieten Kunden individuelle Lösungen an bis hin zu einem Bargeld-Taxi.“
Der Mittelbuchener Ortsbeirat zeigt sich angesichts der Schließung der Filiale enttäuscht und verärgert. „Für uns gehört eine Bank oder als Minimum ein Geldautomat vor Ort zur Daseinsvorsorge“, so Ortsvorsteherin Caroline Geier-Roth (SPD) bei der Sitzung des Ortsbeirats am Mittwochabend. „Dass sich jetzt gerade die Sparkasse komplett aus Mittelbuchen zurückziehen wird, ist vor allem für die älteren Bürgerinnen und Bürger bitter.“ Gerade diese seien weniger mobil und könnten die Entfernung nach Bruchköbel oder Wachenbuchen nicht einfach mal so schnell zurücklegen.
Insbesondere für die Bewohner des betreuten Wohnens, die derzeit noch fußläufig zur Bankfiliale gehen können, sei dies eine enorme Verschlechterung.
Wie bekannt wurde, brachte der Ortsbeirat kürzlich in einem Videomeeting mit dem Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Hanau, Guido Braun, zahlreiche Argumente für den Erhalt vor. Seitens der Sparkasse sei allerdings in erster Linie mit betriebswirtschaftlichen Zahlen argumentiert worden. So sei von knapp 1000 Konten in Mittelbuchen die Rede gewesen, die für einen wirtschaftlichen Betrieb nicht ausreichend seien.
Der Ortsbeirat fürchtet, dass der Weggang der Sparkasse aus Mittelbuchen ein weiterer Mosaikstein sein könnte, „in dem zunehmenden Rückschritt an Services vor Ort“. „Wie passt das zu der auf der anderen Seite propagierten Aussage, die Stadtteile mit diversen Aktionen und Programmen fördern zu wollen“, fragt die stellvertretende Ortsvorsteherin Birgit Mutz (MAL).
„Auf der einen Seite Frequenzbringer wie eine Bankfiliale komplett schließen und auf der anderen Seite dann wieder Fördermittel einsetzen, um den weiteren Rückgang von Geschäften unter anderem aufgrund fehlender Laufkundschaft zu verhindern: Das macht doch keinen Sinn“, kritisiert Ortsbeiratsmitglied Pia Burkhardt (SPD).
Ortsbeiratsmitglied Hans-Joachim Roth (SPD) geht davon aus, dass diese Vorgehensweise der Sparkasse Hanau selbst schaden werde, indem sich das Preis-Leistungs-Verhältnis mit dem Wegfall des Bankautomaten vor Ort weiter verschlechtere.
Diejenigen, die ohnehin schon internetaffin seien und Online-Banking nutzten, würden sich günstigeren Angeboten zuwenden und der Sparkasse Hanau den Rücken kehren.
„Die Schließung einer Filiale aus betriebswirtschaftlichen Gründen ist für mich zu einem gewissen Grad nachvollziehbar. Diese jedoch ohne einen Alternativplan für zumindest die digitale Überweisung oder das Abheben an einem Geldautomaten umzusetzen, halte ich schlichtweg für falsch“, führt der stellvertretende Ortsvorsteher John Kennard (CDU) aus.
„Die CDU erwartet hier eine Kompromisslösung mit einem Geld- und Überweisungsautomaten, beispielsweise in einem Container auf dem heute genutzten Parkplatz der Sparkasse. Wir befürworten daher einen partei-übergreifenden Antrag an den Magistrat, gemeinsam mit der Sparkasse für eine Lösung im Sinne des Stadtteils zu sorgen“, führt er fort.
Der gesamte Ortsbeirat appelliert an den Verwaltungsrat, die Entscheidung zu überdenken und zumindest einen Geldautomaten vor Ort zu lassen, gegebenenfalls auch in Kooperation mit einer anderen Bank wie zum Beispiel . der Frankfurter Volksbank.
Eine gestern angefragte Stellungnahme seitens der Stadt Hanau beziehungsweise von Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender konnte bis Redaktionsschluss nicht abgegeben werden.
Von Kerstin Biehl