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Standortsuche für Neubau des Juz Kesselstadt mit eindeutigem Favorit

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Von: Kerstin Biehl

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Statt Parlamentariern haben am Dienstagabend Jugendliche im Sitzungssaal der Stadtverordneten teilgenommen. OB Claus Kaminsky freute sich über das große Engagement, mit dem die Teenager den Beteiligungsprozess mitgehen.
Statt Parlamentariern haben am Dienstagabend Jugendliche im Sitzungssaal der Stadtverordneten teilgenommen. OB Claus Kaminsky freute sich über das große Engagement, mit dem die Teenager den Beteiligungsprozess mitgehen. © -

Dienstagabend im Elisabeth-Selbert-Saal des Neustädter Rathauses: Teenies statt Parlamentarier sitzen auf den Stühlen der Stadtverordneten. Der Titelsong aus „Rocky“ tönt aus einem riesigen portablen Soundblaster. Heute geht es um sie, die Kinder und Jugendlichen aus Kesselstadt. Um die Zukunft ihres Jugendzentrums, das für viele von ihnen so viel mehr als ein Treffpunkt ist.

Hanau – „Es ist wie unser Zuhause. Wir werden dort gehört und verstanden“, beschreibt es ein Mädchen treffend.

Doch das seit nunmehr 40 Jahren bestehende Juz Kesselstadt – „JUZ k-town“ – im evangelischen Gemeindezentrum in der Helmholzstraße muss wegen baulicher Mängel abgerissen werden; eine Sanierung wäre unwirtschaftlich (wir berichteten). Im Stadtteil hat dies für die dort lebenden Kinder und Jugendlichen eine große Bedeutung, ist ein einschneidender Schritt für das Quartier, gerade nach dem rassistischen Attentat vom 19. Februar 2020.

Der notwendige Standortwechsel wird seit Oktober 2022 von einem Beteiligungsprozess mit Jugendlichen begleitet, um die Entscheidung für einen neuen Juz-Standort inklusive dem angeschlossenen Box-Gym zu unterstützen.

Vier mögliche neue Standorte hatten die Jugendlichen zu beurteilen. Und noch bevor die Ergebnisse präsentiert wurden, machte Oberbürgermeister Claus Kaminsky deutlich: „Wir werden keine Vorlage auf den Weg bringen, die nicht von Euch mehrheitlich abgesegnet ist.“ Denn es werde großen Wert auf einen demokratischen Beteiligungsprozess gelegt.

Anhand von Fragebögen – 140 davon wurden ausgefüllt – konnten sich die Jugendlichen für einen der vier möglichen Standorte aussprechen, wobei es Schulnoten zu vergeben galt. Zu jedem Standort gab es am Dienstagabend vier audiovisuelle Präsentationen, die verschiedene Gruppen vorstellten und mit Live-Aussagen untermauerten.

. Standort Juz-Wiese:

Symbolisiert durch einen Basketball für den tollen Außenbereich. Aber: „Viel zu klein, um dort das neue Juz mit Box-Gym zu bauen“, beurteilen die Jugendlichen.

. Standort Parkfläche zwischen Karlsbader- und Dresdner Straße:

Symbolisiert durch eine Grabkerze, denn dieses Areal befindet sich in unmittelbarer Nähe des Kurt-Schumacher-Platzes und damit am Attentatsort.

„Dieser Ort ist nicht geeignet. Es ist ein Ort der Trauer und des Gedenkens, keiner für Spaß und Glückseligkeit. Dort kann kein Zuhause für uns sein“, machen die Jugendlichen deutlich. „Wir nehmen, wenn wir zum Juz laufen, extra einen längeren Weg, um diesen Ort nicht zu sehen. Ich bitte Sie darum, diesen Ort aus dem Auswahlverfahren herauszunehmen“, so eine Teenagerin.

. Standort „Wildes Eck“, Dresdnerstraße/Humboldtweg:

Symbolisiert durch ein Fernglas, denn dort würden sich die Jugendlichen allen Blicken ausgesetzt fühlen: „Es ist zu nah dran an den Eltern, wir würden uns beobachtet fühlen“, so die Aussage; man wolle ja abschalten, weg von daheim sein.

. Fläche Kita Dresdner Straße 22:

Ein Ortsschild mit der Aufschrift „Zuhause“ machte deutlich, dass dieser Standort der klare Favorit der Kesselstädter Jugendlichen ist. Schulnote 1,2, mit 80,7 Prozent der Stimmen. „Es ist die perfekte Lage mit genug Grünfläche für Außenaktivitäten, abseits unserer Eltern und vom Tatort.“ – „Wir sind eine große Truppe, eine große Familie, die ein großes Haus braucht. Und wenn es ein bisschen länger dauert, bis wir dort einziehen können, ist es nicht schlimm, weil dann ist es ja für immer. Ein Ort, an dem wir uns sicher fühlen.“

Der Standort hat sich als klarer Favorit herauskristallisiert. Er liegt im Herzen des Stadtteils und hat im Vergleich zu den anderen möglichen Standorten eine doppelt so große Fläche. Zwar ist derzeit noch die dortige Kita dort beheimatet, die aber am Hochgericht neu gebaut werden soll.

Solange und bis es an den neuen Ort umziehen kann, könne das Juz am alten Standort bleiben, das habe auch die evangelische Kirche zugesagt, so Oberbürgermeister Kaminsky. Er zeigte sich „tief beeindruckt von dem, was ich heute Abend hier erlebt habe. Das könnte eine Benchmark für künftige Beteiligungsprozesse in der Stadt sein. Wirklich beeindruckend.“ Die weiteren Schritte skizzierte das Stadtoberhaupt wie folgt: Im März/April hoffe er, mit dem Entscheidungsvorschlag in den Magistrat gehen zu können. Auf Basis dieses Vorschlags sollen dann die weiteren parlamentarischen Debatten geführt werden.

„Ich hoffe, dass wir spätestens nach der Sommerpause eine Entscheidung darüber treffen können, wann wir an diesem Standort das neue Juz Kesselstadt realisieren.“ Dann soll versucht werden, die neue Kita am Hochgericht so schnell wie möglich umzusetzen.

Von Kerstin Biehl

Geht es nach den Jugendlichen aus Kesselstadt, soll das neue Juz samt Box-Gym auf das Areal an der Kita Dresdner Straße ziehen. Für die Teenager wäre dieser Ort das geeignetste neue Zuhause
Geht es nach den Jugendlichen aus Kesselstadt, soll das neue Juz samt Box-Gym auf das Areal an der Kita Dresdner Straße ziehen. Für die Teenager wäre dieser Ort das geeignetste neue Zuhause © Patrick Scheiber
Der Basketball verkörpert die Juz-Wiese.
Der Basketball verkörpert die Juz-Wiese. © -
Ein Fernglas symbolisiert das Beobachtetwerden.
Ein Fernglas symbolisiert das Beobachtetwerden. © -
Die Grabkerze als Symbol für Trauer.
Die Grabkerze als Symbol für Trauer. © -

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