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Trotz hartnäckigen Widerstands: Bauabschluss in Mittelbuchen Nordwest

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Von: Kerstin Biehl

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Das neue Quartier, das während des Bauvorhabens unter dem Titel Mittelbuchen Nordwest – Vor dem Lützelberg betitelt war und mittlerweile vom Bauträger Buwog den Namen „Landgut“ erhalten hat, umfasst 122 Wohneinheiten.
Das neue Quartier, das während des Bauvorhabens unter dem Titel Mittelbuchen Nordwest – Vor dem Lützelberg betitelt war und mittlerweile vom Bauträger Buwog den Namen „Landgut“ erhalten hat, umfasst 122 Wohneinheiten. © PM

Das umstrittene Neubauprojekt im Stadtteil Mittelbuchen mit insgesamt 122 Wohneinheiten ist fertiggestellt. Darüber informiert der zuständige Bauträger Buwog in einer Mitteilung. Am nordwestlichen Ortsrand würden in diesen Tagen die letzten Grünbereiche und Außenanlagen fertiggestellt. Seit 2017 wurde an dem Quartier, das mittlerweile den Namen „Landgut“ trägt, gebaut.

Mittelbuchen – Alles in allem entstanden 122 Wohneinheiten, aufgeteilt in 89 Einfamilienhäuser, Doppelhäuser und Reihenhäuser sowie 33 Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern.

Das Ensemble grenzt an einen durch die Buwog geplanten großen Spielplatz im Quartier an. „Die weißen Wohngebäude fügen sich harmonisch in die Feld- und Wiesenlandschaft ein“, heißt es in der Pressemitteilung. Das sah und sieht eine Vielzahl von Mittelbuchenern anders. Für viele ist das Neubaugebiet, das sich optisch von der vorhandenen Bebauung stark unterscheidet, ein Fremdkörper in einem gesund gewachsenen, abwechslungsreich und individuell gestalteten Ortsbild.

Eine Bürgerinitiative, die IG Bauvorhaben Mittelbuchen Nordwest, machte gegen das Neubaugebiet mobil, es gab Bürgerversammlungen in der Mehrzweckhalle und immer wieder Treffen von Stadt und betroffenen Anwohnern, deren Grundstücke direkt an das Baugebiet grenzen beziehungsweise die sich vom Bauverkehr oder generell vom vermehrten Verkehrsaufkommen in den Zubringerstraßen (laut IG zusätzliche 1000 Fahrten pro Tag) beeinträchtigt fühlten.

Unsere Zeitung berichtete immer wieder von dem Zwist zwischen Anwohnern („Hier soll auf kleinster Fläche maximaler Gewinn erzielt werden“), Bauträger und Stadt.

Vor allem die enge, in die Höhe ragende Wohnbebauung stieß den direkten Nachbarn sauer auf. Teilweise dreigeschossig, mit wenig Abstand zu den Bestandsgebäuden, die teils aus Flachdachbungalows bestehen.

Die Interessengemeinschaft führte zudem die klein-klimatisch negativen Einflüsse zum Beispiel durch die Veränderung des Luftaustausches und die verminderte Sonneneinstrahlung durch Beschattung als Argument gegen das Baugebiet auf. Sie würden die Wohnqualität beträchtlich verschlechtern. Auch die hochverdichtete Bebauung, die sich massiv auf die Infrastruktur Mittelbuchens auswirken und jeden Mittelbuchener Bürger betreffen würde, führte die IG als Argument an, genauso wie die schon immer knappen oder nicht ausreichend vorhandenen Kindergarten- und Hortplätze.

Die Auswirkungen auf die natürlichen Lebensräume wie des Feldhamsters oder des Rotmilans mit nachhaltigen Schäden beziehungsweise Vernichtung der Populationen war ein weiteres Argument der IG gegen das Neubaugebiet.

Letztlich half alles nichts, Mittelbuchen Nordwest – Vor dem Lützelberg wurde realisiert. Wobei der Bauträger auf einige Anliegen der BI einging. So verbessern begrünte Dächer auf den Häusern im Quartier das Klima, sorgen für einen natürlichen Kühlungseffekt im Sommer und wirken dämmend. Zugleich sind Gründächer Lebensraum für Vögel und Insekten.

Mit dem finalen Bauabschnitt von 16 Wohneinheiten schließt die Buwog nun eine Quartiersentwicklung ab. Es galt dabei, so heißt es in der Mitteilung des Bauträgers, die Bedürfnisse an neuen Wohnraum in Einklang zu bringen mit Artenschutz und Archäologie.

2018 wurden bei archäologischen Untersuchungen des Grundstückes historische Gräber der späten Jungsteinzeit des dritten Jahrtausends vor Christus entdeckt. Diese wurden geborgen und dem Denkmalschutz übereignet. Zu den spektakulärsten Funden gehörte ein Grab mit sechs Personen, darunter ein junges Paar, das eng umschlungen und scheinbar küssend bestattet wurde.

Beim Artenschutz wiederum galt es, mit besagten Feldhamstern umzugehen. Vor dem Start des finalen Bauabschnitts 2021 ließ die Buwog auf der Brachfläche – wie bereits vor Beginn der vorangegangenen Bauabschnitte – ein potenzielles Feldhamstervorkommen überprüfen. Die Beobachtung durch unabhängige Gutachter nahm mehrere Monate in Anspruch, in denen die Bauarbeiten Abstand halten mussten zu den vermuteten Hamsterbauten. Nach eingehender Untersuchung der Feldhamsterverdachtsfläche wurde im Sommer 2021 schließlich eine Freimeldung durch die untere Naturschutzbehörde erteilt. Mit vorliegender Freimeldung und in behördlicher Abstimmung konnten die Arbeiten weitergehen.

Für die Feldhamster-Vorkommen in der Region wurden gemeinsam mit der Stadt erfolgreich Ausgleichsflächen geschaffen und damit auch Belange des Umwelt- und Artenschutzes einbezogen.

Insgesamt wurden in das Projekt laut Mitteilung rund 50 Millionen Euro investiert, ein Großteil sei in Form von Aufträgen an regionale Unternehmen und örtliche Handwerksbetriebe in der Region geblieben. Dies sichere Arbeitsplätze vor Ort und reduziere durch kurze Lieferwege die CO2-Emissionen. So sei bei der Auswahl der Baumaterialien schon ab der Ausschreibung auf nachhaltige Werkstoffe geachtet worden, auf Beton aus klimaneutraler Produktion und Hölzer mit FSC-Zertifizierung in sämtlichen Außenanlagen.

Im letzten Schritt gilt es laut Buwog nun, die Erschließungsstraße und den Quartiersplatz abschließend fertigzustellen.  kb

Von Kerstin Biehl

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