Voll auf Wachstum eingestellt: Hidden Champion aus dem Technologiepark Hanau-Wolfgang

Die Magnetec GmbH im Technologiepark Hanau-Wolfgang ist in seinem Bereich ein weltweit führender Hersteller - und in fast jedem Haushalt steckt mindestens ein Produkt des Langenselbolder Unternehmens.
Hanau/Langenselbold - Im September 2022 ist die Magnetec mit ihrem Headquarter von Langenselbold nach Hanau umgezogen. Dort hat das Technologieunternehmen im „Green Building“ im Technologiepark Hanau-Wolfgang eine neue Heimat gefunden. Im Technologiepark belegt der Hersteller von induktiven Komponenten zwei Flügel des Y-Gebäudes mit rund 50 Mitarbeitenden aus den Bereichen Verwaltung, Vertrieb, Labor sowie Forschung und Entwicklung. Weltweit arbeiten rund 650 Mitarbeitende an sieben Standorten für den Mittelständler.
Mit der Gründung 1984 residierte der Global Player zunächst in Langenselbold. Doch spätestens mit dem Durchbruch der erneuerbaren Energien wie Photovoltaik und Windenergie sowie der Elektromobilität wuchs das Unternehmen immer mehr und stieß am alten Standort an seine Kapazitätsgrenzen. Denn für diese zukunftsträchtigen Anwendungsfelder produziert Magnetec spezielle weichmagnetische Komponenten zur Filterung hochfrequenter Störspannungen. „Die Auftragslage ist gut und wir wollen hier am Standort Hanau weiterwachsen“, sagt Geschäftsführer Marc Nicolaudius. Um dem Wachstum Rechnung zu tragen, war ein Standortwechsel dringend notwendig. „Verschiedene Faktoren waren bei der Auswahl des Standorts in Hanau für uns ausschlaggebend. Dazu zählen die hervorragende Verkehrsanbindung und die Nähe zum bisherigen Standort in Langenselbold, denn das bedeutet für unsere Mitarbeitenden keine große Umstellung. Mit dem Green Building haben wir ein modernes, nachhaltiges Bürogebäude, in dem Mitarbeiter wie Kunden gerne arbeiten, mit der Möglichkeit der individuellen Gestaltung der Büros und Optionen zur weiteren Expansion am Standort. In den Büros herrscht schon eine inspirierende Coworking-Atmosphäre“, so Nicolaudius. Er schätzt an Hanau nicht nur die gute Lage im Rhein-Main-Gebiet, sondern auch die direkte Nachbarschaft zu anderen Technologie- und Materialtechnik-Unternehmen.

Eines von drei weltweit führenden Unternehmen
Magnetec ist eines der drei weltweit führenden Unternehmen im Bereich von weichmagnetischen Komponenten und induktiver Bauelemente. Produkte „Made in Hanau“ finden sich in der Automobilindustrie, der Energieerzeugung, der chemischen Industrie, dem verarbeitenden Gewerbe oder dem Maschinenbau. Und im Prinzip hat jeder von uns ein Magnetec-Produkt bei sich zu Hause. Denn die kleinen weichmagnetischen Ringkerne befinden sich auch in den gesetzlich vorgeschriebenen FI-Sicherheitsschaltern (Fehlerstrom-Schutzschaltern) im Schaltkasten. Das Thema Safety und FI-Schalter ist auch die Wurzel des Unternehmens.
In Deutschland fertigt der Hidden Champion nicht. Der erste und immer noch größte Produktionsstandort in Ungarn wurde 1989 in Betrieb genommen, ein weiteres Werk gibt es in Moldawien. Zwei weitere Fertigungsstandorte stehen in China, im März wird ein fünftes Werk in Vietnam eröffnet. Vertriebsbüros in den USA und Schanghai ergänzen den weltweiten Vertrieb. Die für die Produktion benötigten Rohstoffe kommen zumeist aus China und werden dann in den Produktionsstätten weiterbearbeitet. „Die hohen Energiekosten sowie der Mangel an Rohmaterial und die Lieferprobleme aus China machen leider auch uns zu schaffen“, sagt Marc Nicolaudius. Auch dass die Europäische Union die Einfuhrzölle für bestimmte China-Importe auf 25 Prozent angehoben habe, sei schwer zu verkraften.
In jeder dritten Ladesäule in Europa steckt ein Magnetech-Bauteil
Doch was ist das Geheimnis hinter den erfolgreichen Produkten des Unternehmens? „Wir produzieren induktive Bauelemente und Sensoren auf Basis unseres nanokristallinen Werkstoffes NANOPERM®. Alle Produkte basieren auf diesem Werkstoff, der eine rasch erstarrte Eisenbasislegierung mit sehr feinkörniger kristalliner Struktur ist“, erklärt Michael Eylenstein, Business Development & Marketing Manager bei Magnetec. Diese Struktur ist Ursache für die außerordentlich guten weichmagnetischen Eigenschaften, die durch Wärmebehandlung unter Einwirkung von äußeren Magnetfeldern in weiten Bereichen einstellbar sind.
Die hohen Energiekosten sowie der Mangel an Rohmaterial und die Lieferprobleme aus China machen leider auch uns zu schaffen.
Eylenstein beschreibt, wofür die weichmagnetischen Werkstoffe gebraucht werden: „In der Elektromobilität werden sie sowohl im E-Auto als auch in den Ladesäulen und Ladekabeln verwendet. Nanokristalline Kerne werden außerdem zum Motorlagerschutz von Elektromotoren sowie für den Personenschutz in neuartigen Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen für Ladepunkte der mobilen und stationären Ladeinfrastruktur eingesetzt“. Er schätzt, dass europaweit in jeder dritten Ladesäule ein Bauteil von Magnetec steckt. „Wir unterstützen auch bei Frequenzumrichtern, komplexen Industrieanwendungen, wie z.B. in der Chemie- oder Papierindustrie, Bahntechnik oder Schifffahrt oder der Gebäudeinstallation. In Solarwechselrichtern für Photovoltaikanlagen führt die Verwendung unserer nanokristallinen Kerne zu sehr kompakten und verlustarmen EMV-Filtern.“
Schützende Bauteile für bessere Verlässlichkeit, mehr Ertrag und längere Nutzbarkeit
Die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) bezeichnet die Fähigkeit eines technischen Geräts, andere Geräte nicht durch ungewollte elektromagnetische Effekte zu stören oder durch andere Geräte gestört zu werden. Die weichmagnetischen Bauteile helfen, diese elektromagnetischen Wellen zu minimieren. Überall wo Elektromotoren im Einsatz sind, können sich hochfrequente Ströme ausbreiten, die über die Kugellager fließen und diese im inneren des Elektromotors schädigen können. Die Produkte der Magnetec schützen den Elektromotor und das umgebende System. Star unter den Produkten ist CoolBlue®, ein blauer Ringkern.
Diese Komponenten sorgen z.B. in Windturbinen für den Schutz der Generatorlager und erhöhen damit Standzeit, Zuverlässigkeit und Ertrag der Anlagen. Sie können schon mal einen halben Meter im Durchmesser sein. Normalerweise sind die weichmagnetischen Ringkerne fingerdick bis handgroß. Die Ringform ist charakteristisch, denn die jeweiligen Stromkabel der Anwendung werden durch die Ringöffnung geführt, damit der weichmagnetische Werkstoff seine schützende Wirkung ausüben kann. Auf einen wichtigen Unterschied weist Michael Eylenstein hin: „Wir machen keine Permanentmagnete. Unsere nanokristallinen Weichmagnete bestehen aus einer Eisenlegierung, einem sehr dünnen Band, das zu einem Kern gewickelt wird mit einem Loch, durch das dann die entsprechenden Stromkabel geführt werden.“
Wie fast alle Unternehmen beklagt auch Magnetec den Fachkräftemangel. „Vor allem für die technischen Berufsbilder wie dem Elektroingenieur ist es sehr schwierig, qualifiziertes Personal zu finden. Aber auch für die allgemeineren Berufsbilder wie Vertrieb, Qualitätsmanagement oder Controlling gestaltet sich die Suche zunehmend schwerer“, sagt Michael Eylenstein. Vielleicht ändert sich das bald, denn Magnetec ist zukunftssicher aufgestellt und bereichert den Materialtechnikstandort Hanau um einen weiteren Materialbaustein.
Von Dr. Jörg Wetterau