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So sichert Hanau in Trockenzeiten die Wasserversorgung

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Von: Christian Dauber

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Die nächste Hitzewelle rollt an. „Trockenheit ist für uns kein Problem“, heißt es dennoch aus den Stadtwerken Hanau. Woher kommt die Zuversicht?

Hanau - Vor einigen Tagen war es kühler, und geregnet hat es auch ein bisschen. Gebracht hat das aber nicht viel. Nach wie vor ist es zu trocken. Viel zu trocken. Und die nächste Hitzewelle nimmt gerade Fahrt auf. Vielerorts wird vor sinkenden Grundwasserpegeln gewarnt. Im Taunus beispielsweise werden die Bürger offiziell zum Wassersparen aufgerufen. Und im gesamten Main-Kinzig-Kreis darf schon seit geraumer Zeit kein Wasser aus Bächen oder Flüssen mehr entnommen werden.

Wird also auch in Hanau bald das Trinkwasser knapp? Dr. Dirk Drescher gibt Entwarnung. „Die Trockenheit ist für uns kein Problem“, sagt der Bereichsleiter Betrieb der Stadtwerke Hanau. Auch wenn die Stände etwas niedriger seien als üblich, drohe kein Engpass. Denn: Hanau ist relativ unabhängig, was die Versorgung betrifft.

Hanau: Stadtwerke zapfen 79 Flach- und 15 Tiefbrunnen an

Rund 75 Prozent des Wassers fördere man selbst, erläutert Drescher bei einem Besuch unserer Zeitung im Wasserwerk II an der Leipziger Straße. Steinheim und Klein-Auheim werden wegen ihrer Lage jenseits des Mains seit jeher vom Zweckverband Wasserversorgung Stadt und Kreis Offenbach versorgt. Beide Stadtteile haben rund 20 Prozent Anteil am Gesamtbedarf. „Eine Leitung durch den Main gibt es nicht“, erklärt Drescher. Ein weiterer, geringer Anteil wird laut Drescher vom Wasserverband Kinzig bezogen. Damit wird das nordmainische Stadtgebiet versorgt.

Fast wie ein Schwimmbad, nur kühler und kreisrund: Dr. Dirk Drescher, Bereichsleiter Betrieb bei den Stadtwerken Hanau, blickt auf das 10 000 Kubikmeter fassende Becken des Trinkwasserspeichers.
Fast wie ein Schwimmbad, nur kühler und kreisrund: Dr. Dirk Drescher, Bereichsleiter Betrieb bei den Stadtwerken Hanau, blickt auf das 10 000 Kubikmeter fassende Becken des Trinkwasserspeichers. © CHRISTIAN DAUBER

Über 79 Flach- und 15 Tiefbrunnen gelangen die Stadtwerke ans begehrte Nass. Erstere reichen rund zehn Meter in die Tiefe, zweitere etwa 150 Meter. Sollte an einem Förderpunkt das Grundwasser zu tief stehen, springe ein anderer Brunnen ein. Sparen sei daher in Hanau im Grunde nicht nötig, zumindest nicht der Versorgung wegen. Es komme allerdings darauf an: Wenn man auf einer versiegelten, also beispielsweise asphaltierten Fläche sein Auto wasche, versickere das Wasser nicht. „Es landet in der Kanalisation, dann im Main und schließlich in der Nordsee. Bis das wieder hier ist, dauert es“, erklärt der Bereichsleiter.

Von den Brunnen aus wird das Grundwasser mit mächtigen Pumpen in die sechs Wasserwerke der Stadt – mit Standorten von Mittelbuchen über Wilhelmsbad bis hin zu den Bruchwiesen in Großauheim – befördert. Dort angekommen, wird es zunächst belüftet. „Da das Wasser erst einmal sauerstoffarm ist, muss dieser zugeführt werden“, erläutert Drescher. Die Beschaffenheit des Wassers sei übrigens von Förderstelle zu Förderstelle unterschiedlich. „Das härteste Wasser kommt in der Hohen Tanne aus der Erde, in der Innenstadt ist es am weichsten“, weiß er. Auch der Calcium-, Natrium- und Magnesiumgehalt unterscheidet sich.

Das alte Becken ist als Teich angelegt worden. Anlagentechniker Jochen Häfner blickt gerne darauf.
Das alte Becken ist als Teich angelegt worden. Anlagentechniker Jochen Häfner blickt gerne darauf. © Christian Dauber

Anschließend durchläuft das spätere Trinkwasser mehrere riesige Filteranlagen, die auf bakterieller und mechanischer Basis arbeiten. Unter anderem werden Eisen und Mangan herausgelöst, aber auch Kohlendioxid, welches in Tiefgewässern gelöst ist. Die Stoffe sammeln sich in den jeweiligen Filtern, die von Zeit zu Zeit gereinigt werden müssen. Das und vieles andere hat Jochen Häfner im Wasserwerk II im Blick. Von der Schaltzentrale kann er nicht nur auf die Pumpen blicken. Mehrere Displays zeigen ihm, ob mit dem Wasser und seinem Weg durchs Werk alles in bester Ordnung ist. Häfner ist hauptverantwortlicher Anlagentechniker für die Wasserwerke II und VI (Bruchwiesen). Er ist einer von acht Mitarbeitern der Stadtwerke, die sich in der Brüder-Grimm-Stadt um das Wasser kümmern.

Wasserspeicher in Hanau: „Halber Trinkwasserbedarf für einen Tag gedeckt“

Nachdem das Wasser – es sind deutlich über fünf Millionen Kubikmeter pro Jahr – gefiltert ist, fließt es über ein rund 360 Kilometer langes Verbindungssystem zu den Haushalten. Ein Teil wird stets in einem der Trinkwasserspeicher zur Verfügung gehalten. Am Standort in der Leipziger Straße ist mit 10 000 Kubikmetern Fassungsvermögen der größte Speicher der Stadt beheimatet. Um ihn zu besichtigen, müssen wir sogar ins Auto steigen. Denn er liegt auf der anderen Seite der Bahnschienen. Erst geht es viele Stufen hinab, dann unter dem Speicher hindurch, schließlich wieder eine lange Spindeltreppe herauf.

Dann sind wir oben angekommen. Wasser, so weit das Auge reicht. „Der gute Hanauer Tropfen. Damit kann der halbe Trinkwasserbedarf ganz Hanaus für einen Tag gedeckt werden“, verrät Drescher beim Blick von oben auf das gigantische runde Becken, das durchaus Ähnlichkeit mit einem Schwimmbad hat. Bis auf die Temperatur, denn das Wasser kommt mit nur acht bis zehn Grad aus der Erde. Das kühlt das ganz Gebäude beinahe auf Kühlschranktemperatur herunter – nicht unangenehm bei den heißen Temperaturen.

An die Pumpen: Dr. Dirk Drescher und Jochen Häfner im Betriebsraum.
An die Pumpen: Dr. Dirk Drescher und Jochen Häfner im Betriebsraum. © Christian Dauber

Um einen herum plätschert es unaufhörlich, da der begehrte Rohstoff stets umgewälzt wird. Es dürfe keine Ecke geben, in der das Wasser stehe, das sei Vorschrift, erläutert Drescher. Manche Betreiber platzierten sogar kleine Badeenten auf der Oberfläche, damit man dies beobachten könne.

Der Speicher ist nicht das einzige, was es auf dem weitläufigen Gelände des Wasserwerks zu sehen gibt. Ein altes Trinkwasserbecken ist der Natur überlassen und als Teich angelegt worden. Jede Menge Pflanzen wachsen dort, sogar Fische schwimmen darin. „Es wird sehr gut angenommen. Sehen Sie auch das Krokodil?“, fragt Anlagentechniker Häfner und lacht. In der Tat, inmitten des Beckens schwimmt ein täuschend echtes Reptil. Häfner hat es dort platziert. Er mag den Ort, verbringt dort gerne seine Mittagspause. Auch sonst hat das Areal an der Leipziger Straße was von Erholungsort. Viel Grün, viel Ruhe – das schätzen auch die Tiere, wissen Drescher und Häfner zu berichten.

Hanau: Keine Wassernot heißt nicht, dass es keine Probleme gibt

Während beide bei unserem Rundgang deutlich machen, dass es in Hanau keine Wassernot gibt, sehen sich die Stadtwerke mit anderen Problemen konfrontiert. „Die Qualität aufrechtzuerhalten, das ist die Herausforderung der Zukunft“, sagt Dirk Drescher. Vor allem per- und polyfluorierte Chemikalien, sogenannte PFAS, sorgen für Ärger. Sie sind etwa in Imprägnierungs- und in Pflanzenschutzmitteln enthalten.

Der Weg zum größten Trinkwasserspeicher Hanaus führt durch lange Gänge mit Rohren an den Seiten.
Der Weg zum größten Trinkwasserspeicher Hanaus führt durch lange Gänge mit Rohren an den Seiten. © Christian Dauber

„Problematisch wird es, wenn wir bestimmte Grenzwerte überschreiten“, sagt Drescher. Dann nämlich setzten sich die Filter schneller zu, ein häufigerer Austausch würde nötig. „Statt einem Tausch alle ein bis zwei Jahre reden wir dann von einmal im Monat. Und so eine Ladung kostet 30 000 Euro“, sagt der Bereichsleiter Betrieb. Die zwangsläufige Konsequenz: höhere Wasserpreise. (Christian Dauber)

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