Wegen der Energiekrise werden viele Kirchen aktuell sehr spärlich beheizt

Acht Grad Celsius - mehr nicht. So lautete noch vor einigen Wochen die Regelung für das winterliche Heizverhalten in den katholischen Innenstadtkirchen sowie in Großauheim und Großkrotzenburg.
Hanau – Doch im Licht der jüngsten „klimatischen Gesamtbedingungen“ haben die Verantwortlichen ihre Vorgaben geändert. Jetzt dürfen es immerhin elf Grad sein - ein Grad unter der sonst übli-chen Mindesttemperatur, wie es heißt. In den Weihnachtsgottesdiensten und bis zum 8. Januar sollen die Raumtemperaturen aber auf den Wert der Wintermonate im vergangenen Jahr (12 Grad) steigen können. Niemand müsse frieren, versichert der Administrator der katholischen Innenstadt-Gemeinden Sankt Klara und Franziskus, Pfarrer Manuel Stickel, auf Nachfrage unserer Zeitung.
Auch in den Kirchen der Stadtteile Steinheim und Klein-Auheim, sie gehören nicht zum Bistum Fulda, sondern zu Mainz, gelten für die Weihnachtszeit bis zu 12 Grad, wie Stephanie Rieth von der dortigen Bistumslei-tung unserer Zeitung sagte.
In den evangelischen Gotteshäusern der Stadt sollen es in der Regel aber nur sechs Grad Celsius Raumtemperatur sein. Ausgenommen sind lediglich größere Veranstaltungen oder besondere Anlässe, wozu auch die Weihnachtsgottesdienste zählen, wie die Vorsitzende des Kirchenvorstandes der Evangelischen Stadtkirchengemeinde, Christel Sippel, auf Nachfrage sagte. Dann darf auf maximal 16 Grad hochgeheizt werden.
Wie überall im privaten und öffentlichen Raum geht es angesichts der enorm gestiegenen Beschaffungspreise für Strom, Heizöl und Gas auch bei den Kirchen ums Energiesparen. Doch Administrator Stickel legt Wert auf die Feststellung, dass für seine Kirchstandorte primär nicht das Geld, sondern das Einsparen von Gas an sich und damit der Gedanke der Solidarität und des Klimaschutzes im Vordergrund steht.
Schon bevor das Bistum Fulda zentrale Empfehlungen zum Heizverhalten an die Gemeinden herausgegeben habe, sei für den Verwaltungsrat in Hanau klar gewesen, „dass nicht der monetäre Aspekt, sondern der Solidaritätsgedanke zur Einsparung der Ressource Gas entscheidend“ sei.
Gedrosselt wird die Raumtemperatur auch in der Kesselstädter St.-Elisabeth-Kirche. Hier fällt die Reduktion offenbar leichter. Immerhin sind die Wände dieses 1964 geweihten Sakralbaus an der Kastanienallee gut isoliert. Erst 2009 wurden sie zudem mit einem nachhaltigen Niedertemperatur-Heizsystem nachgerüstet. Es wird Fernwärme (Abwärme) genutzt und Strahlungswärme sorgt für ein angenehmeres Temperaturempfinden.
„Aber für Weihnachten ist auch hier eine höhere Temperatur geplant“, verspricht der Gemeindepfarrer und Dechant Andreas Weber. Er nimmt damit Gläubige in den Blick, die „eine kalte Kirche nicht zu einem Weihnachtsgottesdienst aufsuchen. Eine Kühlschrank-Atmosphäre wird es nicht geben“, versichert er, „denn die Gottesdienste, insbesondere die sonntägliche Eucharistie, sind eine wesentliche Quelle des kirchlichen Lebens und sollten daher unter würdigen Bedingungen gefeiert werden.“
Gottesdienste dürfen im Extremfall auch in höher beheizte Gemeinderäume außerhalb der Kirchen verlegt werden, doch daran denkt wohl niemand: „Weihnachten ist ja auch verbunden mit äußeren Erwartungen wie Krippe, Tannenbäume und Orgelmusik. Das lässt sich außerhalb einer Kirche nur bedingt realisieren“, glaubt Pfarrer Stickel.
Vergleichsweise luxuriös haben es die Besucherinnen und Besucher der Wallonisch-Niederländischen Kir-che. Samstags wird dort zur halbstündigen ‚Musik zur Marktzeit’ gar nicht geheizt und die Vorwärmzeit zu den Sonntagsgottesdiensten wird stark verkürzt, aber mit rund 19 statt sonst 22 Grad ist es noch vergleichsweise warm. Der Grund ist auch hier die Energiekrise.
„Jedoch ist Energiesparen auch ein Zeichen der Solidarität mit jenen Menschen, die gerade unter den Heizkosten leiden“, heißt es. Mit dem ein-gesparten Geld soll die Lebensmittelaktion der Diakonie unterstützt werden, die wöchentlich 150 Personen versorgt, kündigte Gemeindepfarrer Torben Telder an.
Heizung rauf - Heizung runter? Fast alle Kirchengemeinden sorgen sich, dass abrupt schwankende Temperaturen in ihren Gotteshäusern auch zu Schäden an Inventar und Mauerwerk führen können. Das betrifft zum einen das Risiko zu hoher Luftfeuchtigkeit mit der Gefahr von Kondensat- und Schimmelbildung und zum anderen auch dadurch bedingte Störungen an der Technik von Orgeln. Derweil haben die Schülerinnen der Großauheimer St. Josef-Schule bereits im vorigen Winter Erfahrungen mit einer kalten, weil unbeheizten Kirche gemacht. Während eines Schülergottesdienstes haben sie sich kurzerhand in Wolldecken gehüllt.
Von Reinhold Schlitt
