Bombenfund in Hanau: Wir müssen raus

Der Bombenfund in Hanau betrifft 17000 Menschen, auch unsere Chefredakteurin. Angst haben muss sie eigentlich nicht - ein bisschen Sorge hat sie trotzdem.
Hast du deine Zahnbürste schon eingepackt?, fragt der Kollege am Freitagmorgen im Büro. Er hat gut lachen, wohnt ja in Steinheim.
Im Themenplan ist festgehalten, dass ich diese Kolumne füllen darf. Arbeitstitel „Wir müssen raus.“ Auf dem Handy blinkt die nächste Whatsapp. Eine kleine Bombe, dahinter ein Smiley. „Ist ja bei euch in der Nachbarschaft“, stellt ein Bekannter fest. Ja, ist es und wir sind vier von 17 000 Hanauerinnen und Hanauern, die morgen um 9 Uhr raus müssen.
Aber wir – und das ist der Unterschied zu den Menschen in Altenheimen, im Krankenhaus oder Hospiz – sind gesund, haben keine kranken oder pflegebedürftigen Familienangehörigen, müssen uns weder Sorgen machen, noch Angst haben.
Am Nachmittag wären wir ohnehin mit Freunden verabredet gewesen. Mittags werden wir bestimmt auch noch unterkommen. Ich könnte heute ja etwas Leckeres kochen und uns einfach zum Mittagessen einladen. Oder wir fahren in den Wald. „Tolle Idee“, stöhnt mein Sohn, „es soll regnen.“ „Und wann können wir zurück“, fragt seine kleine Schwester. Mehr als, dass man das nicht weiß, kann ich ihr nicht sagen.
Ein bisschen Sorge habe ich trotzdem. Es ist so ein merkwürdiges Gefühl, irgendwie unterschwellig und schlecht zu beschreiben. Ich hoffe, dass alles gut geht morgen und dass wir am Abend wieder zurück nach Hause können. Vielleicht braucht man Momente wie diese, Brüche im Alltag, um schätzen zu lernen, was man hat und wie gut es einem eigentlich geht.
Ich werde jetzt mal meine Zahnbürste einpacken gehen – sicher ist sicher...